Todesschrein
vergessen Sie das mal für einen Augenblick – kennen Sie sich mit Elektronik aus?«
»Ich bin froh, wenn ich meinen Elektroherd in Gang kriege«, gestand Meadows und lächelte entschuldigend.
»Verdammt«, sagte der Schriftsteller. »Ich habe die Systemplatine dieses Sonargeräts gehimmelt und muss sie schnellstens reparieren oder ersetzen, ehe das Wetter aufklart und wir wieder auslaufen können. Der Techniker sollte schon vor einer Stunde hier sein. Offenbar hat er sich verfahren oder ist wer weiß wo verschollen.«
»Wie lange liegen Sie schon hier im Hafen?«, wollte Meadows wissen.
»Es sind jetzt genau vier Tage«, antwortete der Schriftsteller. »Noch zwei weitere Tage, und ich muss meine Mannschaft mit neuen Lebern ausrüsten – sie sind dabei, den ganzen Ort leerzusaufen. Das heißt… bis auf einen Knaben – er hat vor Jahren das Trinken aufgegeben und ist jetzt süchtig nach Kaffee und Kuchen. Die Frage ist, wo finde ich die Kerle? Diese Expeditionen sind die reinsten schwimmenden Irrenhäuser.«
»Aha«, sagte Meadows, »Sie sind Unterwasserarchäologe.«
»Verwenden Sie auf diesem Schiff bloß nicht das Wort ›Archäologie‹«, erklärte der Schriftsteller scherzhaft. »Archäologen rangieren auf diesem Boot etwa auf der gleichen Stufe wie Nekrophile. Wir sind Abenteurer, Schatzsucher.«
»Tut mir Leid«, entschuldigte sich Meadows lächelnd. »Wissen Sie, wir versuchen, einen Diebstahl aufzuklären, der vor zwei Nächten hier im Hafen verübt wurde. Vermissen Sie irgendetwas?«
»Sie sind doch Amerikaner«, stellte der Autor fest, ohne die Frage zu beantworten. »Was haben Sie mit einem Raub zu schaffen, der in England verübt wurde?«
»Würden Sie mir glauben, wenn ich darauf erwidere, dass es um die nationale Sicherheit geht?«
»Aber immer doch«, sagte der Schriftsteller. »Wo waren Sie, als ich noch Bücher schrieb? Immer musste ich mir alles aus den Fingern saugen.«
»Ich meine es ernst«, sagte Meadows.
Der Schriftsteller dachte einen Moment lang nach. Schließlich schüttelte er den Kopf. »Nein, wir vermissen nichts. Auf diesem Schiff gibt es jede Menge Kameras. Unter Wasser, über Wasser, unten in den Kabinen, über den Instrumenten, verdammt noch mal, wahrscheinlich sogar auf dem Klo. Ich habe den Kahn von einem Filmteam gemietet.«
Meadows runzelte verblüfft die Stirn. »Haben Sie das den Engländern verraten?«
»Sie haben mich nicht gefragt«, sagte der Schriftsteller. »Sie schienen viel mehr daran interessiert zu sein, mir zu erklären, dass ich nichts gesehen hätte – was ich auch nicht habe.«
»Also haben Sie wirklich nichts gesehen?« »Nicht wenn es spät in der Nacht passiert ist«, sagte der Schriftsteller. »Ich bin über siebzig Jahre alt – nach zehn Uhr müssen Sie schon mit einem Feuer oder einer nackten Frau kommen, um mich wachzubekommen.«
»Aber die Kameras?«, fragte Meadows.
»Die laufen die ganze Zeit«, sagte der Schriftsteller. »Wir drehen ein Fernsehfeature über die Schatzsuche – Videobänder sind billig, gutes Material ist wertvoll.«
»Würde es Ihnen etwas ausmachen, mir die Bänder mal zu zeigen?«, fragte Meadows.
»Nur«, sagte der Autor, während er zur Kabinentür ging, »wenn Sie bitte, bitte sagen.«
Zwanzig Minuten später besaß Meadows das, weswegen er in den Hafen gekommen war.
32
Nebile Lababiti betrachtete die Atombombe, die auf dem Holzfußboden des Apartments lag, mit einer Mischung aus Erregung und Unbehagen. Es war ein unbelebtes Objekt – vorwiegend maschinell bearbeitetes Metall und ein paar Kupferdrähte – doch es erzeugte ein Gefühl der Furcht und der Gefahr. Die Bombe war mehr als nur ein Objekt – sie hatte ein eigenes Leben. Wie ein Gemälde oder eine Skulptur. Erfüllt mit der Lebenskraft seines oder ihres Schöpfers, war die Bombe nicht einfach nur ein Metallklumpen. Sie war die Antwort auf die Gebete seines Volkes.
Damit würden sie die Briten mitten ins Herz treffen.
Die verhassten Engländer, die Kunstgegenstände aus den Pyramiden gestohlen hatten, die die Bürger des Mittleren Ostens unterdrückten und Seite an Seite mit den Amerikanern Kriege ausfochten, in denen sie nichts zu suchen hatten. Lababiti befand sich mitten in der Höhle des Löwen. London pulsierte ringsum. Die Stadt, in der die Bankiers residierten, die all die Unterdrückung finanzierten. Die Kunstgalerien, Museen und Theater der Innenstadt waren in nächster Nähe zu finden. Number 10 Downing Street, das
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