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Todesspiel

Todesspiel

Titel: Todesspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R.Scott Reiss
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aufbringen müssen, um sie nicht zu schlagen. Später hatte er in einer Kneipe zwei jugendliche Goldsucher, die versucht hatten, die Zeche zu prellen, halb totgeprügelt.
    In letzter Zeit träumte er nachts wieder von ihr, vielleicht weil Nestor ein neues Geschäft in Brasilien plante oder vielleicht auch wegen seines Besuchs bei Evans. Weder Alkohol noch Gewaltexzesse konnten Rosa aus seinen Gedanken vertreiben. Nur Nestor konnte ihn ablenken, während er unaufhaltsam auf den Ort zutaumelte, von dem die Priester ihm als kleinem Jungen erzählt hatten.
    »Cizinio, mein treuer Amigo. Wenn Sie Hilfe brauchen, rufen Sie bei dieser Nummer an. Sagen Sie, Ihr Name sei Jim Tuller. Dann wird man Sie über den Stand der Ermittlungen informieren.«
    Cizinio stieg aus der Limousine und tippte die Nummer in sein verschlüsseltes Handy ein.
    »Außenministerium«, meldete sich eine Stimme. Dann sprach sie nur noch im Flüsterton weiter.

5
     
    Du hörst mir nicht zu, Papa! Ich habe eine Krise!«
    Rubens schaute seine geliebte Tochter an. Sie befanden sich im ersten Stock des Metropolitan Museum of Art in New York vor Estrellas Lieblingsskulptur »Die kleine Tänzerin« von Degas. Er bemühte sich zu lächeln, aber jede Sekunde, die verging, war eine Qual, denn jede Sekunde war nicht nur eine verlorene Gelegenheit, Antworten zu finden, sondern zugleich womöglich die letzte, die er mit Estrella verbringen würde.
    Das Museum war erfüllt vom Gemurmel der vielen Besucher, die sich die Ausstellung »Regenwald. Von Haiti bis Brasilien« ansahen. Rubens nahm die bunten Farben wahr, die Wärme, die die zahlreichen Leinwände ausstrahlten, die Schilder, die die Besucher aufforderten, die Regenwälder zu schützen, »denn sie sind die Lunge er Welt«.
    »Ich habe die Fotos kopiert«, hatte er Tommy vor einer halben Stunde am Telefon gesagt.
    Standort A. Standort Y. Fünf lächelnde Männer auf der Nevada Ranch.
    In einer Stunde würde der Anwalt ihn abholen, um mit ihm nach Long Island zu fahren.
    »Ich habe alle meine August-Termine erledigt und mache die Kanzlei bis zum Ende des Monats zu«, hatte Tommy ihm mitgeteilt.
    »Papa, ich möchte dich um einen Riesengefallen bitten.« Rubens versuchte, seine Gedanken zu verdrängen und sich auf seine Tochter zu konzentrieren, die ihn erwartungsvoll ansah.
    »Versprichst du mir, dass du nicht böse wirst?«, fragte sie.
    »Ich verspreche dir, dass ich dich liebe, selbst wenn ich böse werde.«
    Falls mir etwas zustößt, hatte Rubens Tommy gefragt, wirst du dich dann um sie kümmern?
    Ich würde sie adoptieren, bevor ich es zulasse, dass sie verletzt wird.
    »Papa, es gibt ein Tanzfestival in Massachusetts …«
    Die Donnerstage mit seiner Tochter waren ihm kostbar, und er hatte noch nie einen verpasst. Er hatte den Brauch eingeführt, als sie nach New York gezogen waren, denn ihm war klar gewesen, dass er viel Zeit mit der Suche nach Evans verbringen würde, und er wollte auf keinen Fall, dass Estrella sich vernachlässigt fühlte. Sie war in den letzten Jahren von einem mageren Kind zu einem hübschen jungen Mädchen herangewachsen und sah genauso aus wie ihre Mutter. Sie war groß geworden und hatte vom vielen Ballettunterricht eine elegante, aufrechte Haltung. Sie hatte kräftige Beine, und ihre Augen hatten in letzter Zeit wieder angefangen zu leuchten. Zweifellos hatte sie sich besser als er in ihrer neuen Welt eingewöhnt.
    »Papa, es gibt zwei Teilnahmestipendien für das Festival, für die man sich bewerben kann.«
    Der Wunsch zu tanzen war entstanden, während sie auf der Ladefläche eines Lasters auf dem Weg nach Mexiko unter einem Berg Bananen in einer Kiste gelegen hatten. Nachdem sie der stickigen, klaustrophobischen Enge entkommen waren, hatte sie angefangen, Gymnastik zu machen und sich ihres Körpers auf eine neue Weise bewusst zu werden. Jetzt waren ihre Muskeln schön ausgebildet.
    »Vielleicht bekomme ich ja ein Stipendium, Papa.«
    Die Erinnerung an die lange, beschwerliche Reise in die Vereinigten Staaten, an die heftigen Auseinandersetzungen in der Anfangszeit, ließ Rubens jedes Mal erschaudern. Er musste an Estrellas Verzweiflung denken, als sie vom Tod ihrer Mutter erfahren hatte. Wie sie ihn schluchzend vor Trauer und Wut mit Fragen bombardiert hatte, die ihm fast das Herz gebrochen hatten: »Warum hast du Mama allein gelassen? Warum wolltest du Cizinio weismachen, du wärst zu Hause? Woher hast du amerikanische Dollar? Warum hast du dem Gouverneur geholfen, wenn

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