Todesspiele
gekommen war. »Polizei! Alle runter auf den Boden. Und im Trailer: Keine Bewegung!«
Dann krachte ein Schuss. Luke! Sie packte den Revolver fester, dann stieß sie die Tür auf und ließ sich in ihrem Schutz hinausgleiten. Luke war nicht zu sehen. Sie richtete sich auf und rannte zum Transporter. Die Mädchen. Nur sie zählten jetzt.
Wieder hörte man Reifen quietschen, aber was immer geschah, passierte hinter dem Trailer, und schon kehrte Luke fluchend zurück. »Bobby ist rausgesprungen und hat einen Wagen gekidnappt. Du bleibst hier und wartest auf Verstärkung. Aus dem Weg.«
Susannah sprang zur Seite, als er über den Gehweg fuhr, um den Transporter zu umrunden und die Verfolgung aufzunehmen. Der Motor des Trailers lief noch, doch die Hecktüren waren verschlossen und mit einer Kette durch die Griffe zusätzlich gesichert. Susannah zog sich hoch, stellte sich auf die Stoßstange und spähte durch das schmutzige Fenster. Unwillkürlich stöhnte sie auf. Lieber Gott. Ashley hatte gesagt, ein Mädchen sei an einen Mann namens Haynes verkauft worden, also hatte Susannah mit vier gerechnet: Drei von den fünf, die ursprünglich im Bunker gewesen waren, plus Monicas kleine Schwester Genie. Doch im Inneren des Transporters saßen, dicht aneinandergedrängt, gefesselt und geknebelt, mindestens doppelt so viele. Sie hämmerte an das Fenster.
»Seid ihr verletzt?«, rief sie.
Ein Mädchen sah auf, und selbst durch den Schmutz auf der Scheibe konnte Susannah die große Verzweiflung in ihren Augen erkennen. Langsam schüttelte sie den Kopf. Doch dann begannen die Tränen zu laufen, und das Kopfschütteln wurde zu einem Nicken.
Die Kette war mit einem dicken Schloss versehen, also rannte Susannah zunächst nach vorn zur Fahrerkabine, stoppte dann aber abrupt. »O Himmelherrgott«, murmelte sie. Hinterm Steuer saß eine Gestalt, die einmal ein Mann gewesen war. Der größte Teil seines Kopfs klebte an der Scheibe und der Rückenlehne. Angewidert zog sie den Schlüssel aus der Zündung, kehrte zum hinteren Teil des Trailers zurück und probierte alle Schlüssel aus, bis sich das Hängeschloss endlich öffnen ließ. Triumphierend zerrte sie die Kette durch die Griffe und hörte das metallische Klirren und Rasseln, als die Kette erst die Stoßstange traf und dann auf den Asphalt glitt. Sie riss die Türen auf und stieß den Atem aus, als sich zehn Augenpaare auf sie richteten. »Hi«, sagte sie keuchend. »Ich bin Susannah. Ihr seid jetzt in Sicherheit.«
Interstate 75,
Sonntag, 4. Februar, 6.20 Uhr
Luke marschierte auf den Pferdetransporter zu und bekam gerade noch mit, wie Susannah einen Mann, der eine Videokamera in der Hand hielt, zusammenstauchte. Sie stand direkt vor dem Hobbynlmer, hatte die Hände in die Hüften gestemmt, blickte wütend zu dem massigen Kerl auf und brüllte ihn an.
In der halben Stunde, die er fort gewesen war, hatte man die Mädchen aus dem Transporter befreit. Nun führte ein Beamtenteam immer zwei der Mädchen behutsam zu den wartenden Krankenwagen.
Es war ein Triumph. Und eine Tragödie. Bobby hatte ein weiteres Leben vernichtet. Und war entkommen. Zu spät. Zu spät.
»Wie können Sie nur?«, fauchte Susannah den sichtlich beschämten Mann an. »Ihre Kinder sitzen in Ihrem Wagen! Sie haben sogar Töchter! Wie würden Sie sich wohl fühlen, wenn irgendein sensationsgeiler Mensch sich ein paar Dollar verdient, indem er das Bild Ihrer Tochter ans Fernsehen verkauft, hm? Geben Sie mir die Kassette. Sofort«, knurrte sie, als er Anstalten machte zu protestieren. Der Mann drückte das Band aus der Kamera, reichte es ihr und schlurfte zerknirscht zu seinem Wagen zurück. »Idiot«, murmelte sie.
Luke legte ihr seine Hände auf die Schultern, und sie fuhr zusammen. »Sch«, sagte er leise, vielleicht auch, um sich selbst zu beruhigen. »Ich bin's nur.«
Ihre finstere Miene verschwand, und ein Lächeln erhellte ihr Gesicht. »Diesmal warst du nicht zu spät.« Doch als sie sah, dass er ihr Lächeln nicht erwiderte, wurde auch sie wieder ernst. »Was ist passiert, Luke? Wo warst du so lange? Und wo ist Bobby?«
»Bobby hat einen Wagen gestohlen. Ganz vorn in der Reihe parkte einer mit laufendem Motor. Die Tür war nicht abgeschlossen, und der Beifahrer war eingeschlafen.« »Oh. Das mit dem Wagen habe ich mitbekommen, nicht aber, dass sie wieder jemanden entführt hat.« »Sie hat die Geisel bei sechzig Meilen pro Stunde aus dem Auto gestoßen. Natürlich wusste sie, dass ich anhalten
Weitere Kostenlose Bücher