Todesspiele
würde. Aber er war schon tot. Sie hat ihn vorher erschossen. Einen Jungen.«
Sie legte ihm die Hand auf den Arm. »Das tut mir leid.« »Und mir erst.« Er warf einen Blick zum Rastplatz, wo ein Mann hinten in einem Polizeiwagen saß. »Nun muss ich diesem Mann dort sagen, dass sein Sohn nicht nach Hause kommt.«
»Lass es jemand anderen tun. Chase wird gleich hier sein.« »Nein. Ich tue, was nötig ist.« »Dann komme ich mit.«
Er hätte fast abgelehnt. Aber nach allem, was geschehen war, brauchte er jemanden, auf den er sich stützen konnte. Der Mann stieg aus, als er Luke herankommen sah. Lukes Miene war aber beredt genug, denn nun wich alle Farbe aus dem Gesicht des Mannes. »Nein ... Nein!« »Es tut mir leid. Die Frau, die Ihren Wagen gestohlen hat, hat Ihren Sohn erschossen. Er ist tot.« Der Mann wich kopfschüttelnd einen Schritt zurück. »Das kann nicht sein. Wir waren doch unterwegs zu Six Flags. Es ist sein Geburtstag, und er hat sich einen Tag im Freizeitpark gewünscht. Er ist doch gerade erst vierzehn geworden.« »Es tut mir leid«, sagte Luke. Sein Herz war so schwer, dass er es kaum ertragen konnte. »Kann ich jemanden für Sie anrufen?«
»Meine Frau. Ich muss meine Frau anrufen.« Betäubt und nicht ganz bei sich, starrte er geradeaus. »Sie ist mit dem Baby zu Hause geblieben. Das wird sie nicht überleben.« Der Polizist, der bei ihm gewartet hatte, nahm ihm behutsam das Handy aus der Hand. »Ich kümmere mich darum, Agent Papadopoulos. Kehren Sie zu den anderen Opfern zurück.« Die Schultern des Mannes begannen nun zu zucken, und das Schluchzen schnitt Luke wie ein Messer in die Eingeweide.
Nun hatte er noch ein Gesicht mehr, das ihn in seinen Träumen heimsuchen würde.
Susannah legte ihm eine Hand auf den Rücken, erst zögernd, doch dann mit leichtem Druck. »Du hast zehn Mädchen gerettet, Luke«, flüsterte sie. »Zehn.« »Aber diesen Vater interessiert nur das Kind, das wir nicht rechtzeitig gerettet haben.«
»Nein, tu das nicht«, sagte sie, ihre Stimme eindringlich. »Tu dir das ja nicht an!« Sie packte seinen Arm und zog ihn herum. »In diesem Transporter waren zehn Mädchen, die man zur Prostitution gezwungen hätte und die letztlich daran gestorben wären. Diese Mädchen können wieder nach Hause fahren. Du hörst jetzt auf, an den einen zu denken, den du nicht beschützen konntest, und zählst stattdessen die zehn, die ihre Eltern endlich wieder in die Arme schließen können.«
Er nickte langsam. Sie hatte recht. »Du hast recht.« »Und ob ich recht habe.« Sie verengte die Augen. »Und jetzt gehst du zurück zu deinem Wagen. Du fährst nach Atlanta, setzt dich mit deinem Team zusammen und überlegst, wie du Barbara Jean Davis in die Finger bekommst. Steck sie in die Hölle und wirf den Schlüssel weg.« Allmählich setzte er sich in Bewegung, ihren Arm um seine Taille. »Ich bin so müde.«
»Ich weiß«, sagte sie, nun wieder sanft. »Lass mich zurückfahren. Dann kannst du ein wenig schlafen.« Er lehnte sich zu ihr, bis seine Wange auf ihrem Kopf ruhte, während sie weitergingen. »Danke.« »Gern geschehen. Ich denke, ich war dir etwas schuldig.« »Oh. Wir rechnen auf?«, fragte er ernüchtert. »Nicht mehr. Ich glaube, du brauchst jemanden, genauso sehr wie ich.«
»Und das hast du gerade herausgefunden?«, murmelte er. Ihr Arm drückte seine Taille. »Nicht so selbstherrlich, Agent Papadopoulos.«
Interstate 75,
Sonntag, 4. Februar, 6.45 Uhr
Bobby konnte endlich durchatmen. Der Wagen vom Rastplatz war entsorgt, der neue von einem Parkplatz gestohlen, der ein Stück vom Highway entfernt lag. Und jetzt? Was nun ?
Tanner war tot. Abzudrücken war viel schwerer gewesen, als sie geglaubt hatte. Jetzt bin ich allein. Wirklich allein. Charles war noch da, aber Charles ... ist nie so etwas wie eine Familie gewesen.
Tanner war meine Familie. Und jetzt war er tot. Aber er hätte niemals schnell genug laufen können, das war ihr von Anfang an klar gewesen. Sie hatte ihn gebeten, ihr zu vertrauen. Tanner hatte sich vor dem Gefängnis gefürchtet und war zu alt gewesen, um eine weitere Haft zu überleben. Er wäre ihr dankbar gewesen.
Und was nun? Susannah Vartanian. Sie war die Einzige, um die sie sich noch kümmern musste. Sie hatte sich mit Agent Papadopoulos zusammengetan. Und alles zerstört. Mein Geschäft. Mein Leben. Nun würde Charles endlich bekommen, was er wollte. Aus irgendeinem Grund hatte er Susannah schon immer gehasst. Sogar mehr als ich.
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