Todesspiele
jedes Mal war seine Miene augenblicklich sanfter und freundlicher geworden. Und plötzlich begriff Susannah, dass sie miterlebte, wie er vor ihren Augen wieder gestärkt wurde. »Es ist ein Kosename«, flüsterte Leo zurück. »Als würde dich jemand Suzy Q nennen.«
»Das wagt niemand«, sagte sie finster, und Leo lachte leise.
»Luke ist allerdings auch nur eine Abkürzung oder ein Spitzname. Sein richtiger Name ist Loukaniko.« »Loukaniko«, murmelte sie. »Das merke ich mir.« Zu bald schon war das Essen vorbei. Susannah konnte kaum glauben, dass ein derart chaotisches, lärmreiches Ereignis jeden Sonntagnachmittag stattfand. Kein Wunder, dass Daniel so gerne hier ist.
»Komm doch nächste Woche wieder«, sagte Demi mit Nachdruck. »Selbst wenn Luke arbeiten muss.« »Vielen Dank. Das täte ich sehr gern.« Wie eine Herde bewegte sich die gesamte Familie in Richtung Tür. Leo wartete bereits mit ihrem Mantel und ihrer Tasche auf sie. Er half Susannah in den Mantel und drückte ihr dann ihre Tasche in die Hand. Überrascht fuhr ihr Blick zu ihm auf. Die Tasche war mindestens dreimal schwerer als sonst. Sofort begriff sie, wieso dem so war. »Leo.«
Er zog sie in die Arme und drückte sie fest an sich. »Du sollst dich sicher fühlen«, flüsterte er. Dann ließ er sie los, und seine Augen waren ebenso tiefschwarz und eindringlich wie Lukes. »Komm bald wieder.« Ihr wurde die Kehle eng. »Mach ich. Danke.« Mama zog sie ebenfalls in die Arme. »Worüber wir am Freitagabend gesprochen haben«, sagte sie. »Ihr Scheideweg. Wissen Sie schon, welche Abzweigung Sie nehmen?« Susannah dachte an die bevorstehende Pressekonferenz. »Ich wusste auch da schon, welche Richtung ich einschlagen muss«, sagte sie. »Ich mochte sie bloß nicht.« »Dann wird es die richtige sein«, sagte Mama trocken. »Wie Leo schon sagte, kommen Sie bald wieder. Luka, dieser Hund bleibt nicht in meinem Haus.« Luke stieß einen abgrundtiefen Seufzer aus. »Also gut. Komm, Hund.«
»Ruf sie lieber Darlin'«, neckte Susannah ihn. Vor seiner Familie hatte er den Hund kein einziges Mal bei seinem Namen genannt.
Leo kicherte spöttisch. »Ja, bitte - Darlin'.« Luke sah ihn finster an. »Schlimm genug, dass ich den blöden Hund mitnehmen muss«, brummelte er. Aber als er die Bulldogge auf den Rücksitz seines Wagens hob, strich er ihr fast zärtlich über den Kopf. »Braves Mädchen«, hörte Susannah ihn murmeln. »Brave Darlin'.« Der Schutzpanzer um ihr Herz bekam einen Riss. Ich will ihn. Ich will das hier. Sie sind glücklich. Das will ich auch sein.
Er stieg in den Wagen und warf einen Blick zurück zum Haus seiner Eltern. »Chase sagte, ich soll nach Hause fahren und mich ausruhen, um meine Batterien wieder aufzuladen. Aber das habe ich gerade schon. Danke, dass du auf deinen Schlaf verzichtet hast. Das hier habe ich gebraucht.«
Sie nahm seine Hand und verschränkte ihre Finger mit seinen. »Ich auch.«
Er führte ihre Hand an die Lippen. »Bringen wir den Hund nach Hause. Dann habe ich noch ein Team-Meeting vor der Pressekonferenz. Bist du bereit?« »Ja, ich bin bereit.« Und das war sie tatsächlich, wie sie feststellte. »Fahren wir.«
Dutton,
Sonntag, 4. Februar, 15.15 Uhr
Chase saß auf einer Bank im Außengelände und starrte mürrisch auf ein Entenpaar, das gierig Körner pickte. Luke sah in seiner Hand eine Tüte Popcorn, in der anderen eine angezündete Zigarette.
»Aber Sie rauchen doch gar nicht«, sagte Luke.
Chase betrachtete die Glut. »Seit zwölf Jahren und vier Monaten nicht mehr.«
»Was ist passiert?«, fragte Luke und wappnete sich gegen eine neue Welle schlechter Neuigkeiten.
Chase sah ohne ein Lächeln auf. »Bobby hat das Dutzend voll gemacht und noch ein Opfer draufgelegt.«
Dreizehn. Lukes Herz sank. »Monicas Dad?«
»Nein. Der wird noch immer vermisst. Genau wie Richter Borenson.«
»Die Davis-Jungs haben wir gefunden. Wer ist es also?«
»Jersey Jameson. Er hat die Mädchen vom Bunker zum Ridgefield House transportiert. Er hat versucht sauberzumachen, aber wir fanden ein Haar von Ashley Csorka sowie Erbrochenes.«
»Sie sagte, ihr sei auf dem Boot schlecht geworden«, murmelte Luke. »Wer noch?« »Kira Laneer.«
Luke ließ sich schwer auf die Bank fallen. »Garth Davis' Geliebte. Sie ist auch tot?« »Theoretisch ja, praktisch nein.« »Chase. Drücken Sie sich verständlich aus.« Er seufzte tief. »Tut mir leid. Ich bin müde. Und jetzt weiß ich sicher, dass wir einen Maulwurf im
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