Todesspiele
geschlossen. »Ich saß oben an der Treppe und lauschte. Irgendwann begleitete mein Vater - Arthur - sie hinaus und schloss die Haustür ab.«
»Und was hat er danach getan?«
»Er kehrte in sein Arbeitszimmer zurück. Und das eine Mal war ich richtig mutig und schlich die Treppe hinab, um mehr zu hören. Es gab ein Rascheln, dann ein Plop-pen.« Sie betrachtete das Zimmer, dann den dicken persischen Teppich, der schon so lange sie denken konnte auf der Auslegeware lag. Sie wusste, dass es im Schlafzimmer der Eltern einen Safe im Boden gab, aber dort gab es Holzbohlen, hier eben Teppich. Dennoch ... Sie stand auf und schlug die Kante des persischen Teppichs um. »Kein Rascheln«, sagte Talia, die noch immer in der Tür stand. »Ziehen Sie mal fester.«
Susannah tat es, und der Perser gab ein schnappendes Geräusch von sich und rollte sich wie von selbst auf. »So in etwa klang es.« Sie sank auf die Knie und untersuchte den Teppichstoff darunter. »Unglaublich. Arthur war wirklich gerissen. Der Teppich ist hier zusammengefügt.« Sie zog das Stück hoch. »Na klar. Noch ein Bodensafe.« »Können Sie ihn öffnen?«, fragte Talia. »Wahrscheinlich. Arthur nahm für die Kombinationen immer Geburtstage von Verwandten.« Sie probierte den Geburtstag ihrer Mutter, dann Simons, dann jeden, an den sie sich erinnern konnte. Großmütter, Großväter, Tanten, Onkel. Nichts.
»Vielleicht hat er bei diesem Safe eine Ausnahme gemacht«, schlug Talia vor, »und keinen Geburtstag genommen.« »Kann sein, aber er war ein Gewohnheitsmensch. Wie ich, obwohl ich zum Glück nicht mehr behaupten kann, ich hätte es von ihm geerbt.« Plötzlich wusste sie es. »Also wirklich«, murmelte sie, als sie die Kombination eingab und die Klappe aufzog. »Daniels Geburtstag. Das wird ihn entzücken.« Der Richter hatte den Geburtstag des einzigen Menschen genommen, den er nicht hatte korrumpieren können, der sich aber sein Leben lang für die Sünden des Vaters Vorwürfe gemacht hatte. Arthur hatte Daniel für schwach gehalten. Und mich ebenso. Aber er hatte sich geirrt, dachte sie, als sie mehrere Tagebücher hervorholte. Bingo.
Talia kam zu ihr und setzte sich auf den Boden neben die Klappe. »Das müssen mindestens dreißig Jahre Aufzeichnungen sein. Warum hat er kein Bankschließfach benutzt?«
»Er traute den Banken nicht. Hier - in dem Buch müsste etwas über Marcy stehen.« Sie blätterte, bis sie den Eintrag fand. »Mein Gott. Er wollte fünfundsiebzigtausend Dollar von den Lintons. Kein Wunder, dass sie diese Summe nicht aufbringen konnten.«
»Und steht auch etwas über Borenson drin?«, fragte Talia.
»Himmel.« Sie fuhr mit dem Finger die Seite entlang. »Hier steht, dass sich der >Kuppler< des Mädchens eingemischt hat und Borenson gedroht hat. Er sei wie ein Kartenhaus in sich zusammengefallen.«
»Kuppler?« Talia blickte nachdenklich auf. »Also stimmte der Vorwurf der Kontaktanbahnung - oder Prostitution?« »Klingt so.« Susannah las weiter. »Ah, hier steht noch etwas. Marcy hat sich tatsächlich angeboten, aber es ging ihr offenbar nicht hauptsächlich um Sex. Sie hat sich reiche Männer ausgesucht, die auf junge Mädchen standen, sie verführt und dann erpresst. Das Geld ging hauptsächlich an den >Kuppler<, der ihr einen Anteil zahlte.« Sie begegnete Talias Blick. »Bobby hat das in Atlanta ebenfalls jahrelang getan. Chloe hat Unterlagen über finanzielle Transaktionen gefunden.«
»Noch eine Verbindung«, murmelte Talia. »Wusste Ihr Vater, wer dieser Kuppler war?«
Susannah las wieder, las es noch einmal, dann starrte sie wie vom Donner gerührt auf die Buchstaben. »Marcys Zuhälter soll Charles Grant gewesen sein. Aber ... aber das ist doch unmöglich.«
»Nein, es passt. Chase hat mich doch eben angerufen, als wir auf dem Weg hierher waren. Auf einem von Mansfields Fotos aus dem Bunker hat Luke etwas gefunden. Einen Mann mit einem Spazierstock, der wie das Modell von Charles Grant aussieht.«
Susannah verengte die Augen zu Schlitzen. »Und warum haben Sie mir das eben nicht gesagt?« »Weil Sie so blass waren und immer blasser wurden, je näher wir diesem Haus kamen. Ich habe befürchtet, dass Sie ohnmächtig werden könnten, und fand es klüger, Ihnen nicht allzu viel auf einmal zuzumuten.« »Wahrscheinlich war das richtig. Aber ... Charles Grant?« Sie konnte es immer noch nicht fassen. »Er war Daniels Lieblingslehrer.«
»Und er ist vielleicht ein Mörder. Was steht sonst noch da drin,
Weitere Kostenlose Bücher