Todesspirale: Roman (German Edition)
hinunterschleppen muss. Also, ob du es glaubst oder nicht, ich habe das verflixte Ding tatsächlich hier im Gepäckfach gelassen.« Sie wies mit dem Daumen auf den Bus und zuckte die Achseln, lächelte den Fahrer entschuldigend an. »Ich weiß, ich weiß, das ist sonst nicht meine Art.«
»Na ja, Abwechslung macht das Leben interessanter, wie man so schön sagt.«
Sasha lachte. »Da kennst du dich bestimmt viel besser aus als ich, Jack. Wie ich gehört habe, hattest du ein ziemlich heißes Date gestern Abend.«
Er schüttelte den Kopf. »Um Himmels willen«, meinte er nachsichtig. »In diesem Haufen gibt es wohl nicht viel, was unbemerkt bleibt, was?«
»Nicht viel«, gab sie ihm recht. »Und du weißt so gut wie ich, dass nichts unkommentiert bleibt. In dieser Hinsicht ähneln die Follies sehr stark dem Treiben der Einwohner einer Kleinstadt.« Sie waren nur verdammt viel toleranter, als die, in der sie aufgewachsen war. Sie und Lon …
Entschlossen verdrängte Sasha diesen Gedanken. Sie wollte heute nicht an Kells Crossing oder Lonnie denken. Der Himmel war blau, die Luft war klar; warum über Dinge nachdenken, die sie nur trübsinnig machten? »Also, sag schon«, forderte sie ihn stattdessen auf, »hat deine Verabredung Spaß gemacht? Hast du dich amüsiert?«
»Ja, war schon in Ordnung«, gab er zurück. »Sie war wirklich nett.«
»Nett? Oh Jack, mein Beileid. Es tut mir echt leid, das zu hören.«
»Raus hier, Miller.« Er tat, als wollte er sie wegschubsen, und musste ein Lächeln unterdrücken, als sie ihn provozierend angrinste und ihm geschickt auswich. »Verdammt frech sind die Gören heutzutage«, grummelte er. »Haben einfach keinen Respekt.«
»Hey, vielleicht hast du ja irgendwann mal mehr Glück«, rief sie ihm beim Einsteigen zu.
Sasha begrüßte die anderen Eiskunstläufer, als sie sich durch den engen Gang schob. Sie scherzte mit der Garderobiere und einigen ihrer Lieblingstechniker, die wie gewöhnlich ganz hinten im Bus versammelt waren, aber setzen tat sie sich zu keinem von ihnen. Stattdessen wählte sie eine leere Reihe in der Mitte.
Connie würde zweifellos wieder in allerletzter Sekunde auftauchen und wie immer erwarten, dass sie ihr einen Platz frei hielt. Sie setzte sich ans Fenster, verstaute ihre Handtasche unter dem Sitz, stellte den Schminkkoffer neben sich, öffnete ihn und begann, Make-up aufzulegen.
Als sie sich einige Minuten später die Hände mit einem Kosmetiktuch abwischte, hörte sie, wie die Bustüren sich mit pneumatischem Zischen schlossen. Alarmiert hob sie ruckartig den Kopf, drehte sich um und blickte zum Hoteleingang. Im selben Moment wurde die Tür aufgerissen, und Connie Nakamura eilte heraus, beladen mit diversen Reisetaschen, die um ihre Beine baumelten. Die Bustür öffnete sich wieder, als sie den Randstein erreichte.
»Ich muss den Zeitplan einhalten, Nakamura«, informierte Jack die zierliche Japanerin. »Ich werde das Gepäckfach nicht extra für dich öffnen.«
Sie kletterte atemlos an Bord. »Ich denke nicht mal im Traum daran, dich darum zu bitten, Jack.«
Mit verärgerter Miene schloss er die Tür hinter ihr, legte den ersten Gang ein und bog in die Hotelausfahrt, bevor sie ihren Sitzplatz erreichte. Connie schwankte, als der Bus anfuhr, fand aber ihr Gleichgewicht wieder und arbeitete sich durch den Gang nach hinten. Die größte ihrer Reisetaschen verstaute sie im Gepäcknetz über den Sitzen, dann grinste sie Sasha an.
»Das war echt knapp«, meinte diese, nahm ihren Schminkkoffer von Connies Sitzplatz und stellte ihn auf den Boden. »Eines Tages wird Jack dich nicht mehr mitnehmen.«
»Nee«, widersprach ihre Freundin. »Niemals. Dann hätte er ja niemanden mehr, den er anmeckern kann, und das wäre doch langweilig, oder?« Sie verzog ironisch die Mundwinkel. »Mann, stell dir bloß mal vor: jeder ist immer pünktlich und parat, und das Tag für Tag? Jack wäre innerhalb einer Woche verrückt vor Langeweile. Ich halte ihn auf Trab. Na ja, ich und die eine oder andere Witwe, die er zum Essen ausführt.« Connie setzte sich, stellte ihren rechten Fuß auf den Sitz und band sich den Schnürsenkel zu. Sie fragte: »Also, wohin zum Teufel bist du gestern Nachmittag verschwunden?«
Sasha überlegte blitzschnell. »Ich, ähem, ich war im Stadion.«
Connie warf ihr einen zweifelnden Blick zu. »Ja, richtig«, sagte sie skeptisch. Dann sah sie ihr direkt in die Augen und fügte sanft hinzu: »Ich war da draußen und habe nach dir gesucht,
Weitere Kostenlose Bücher