Todessymphonie (German Edition)
recht, sie ist grotesk dünn. Ihre Knochen stechen überall hervor. Istdir aufgefallen, dass das Messer einmal komplett durch ihren Brustkorb bis in die Säule gerammt worden ist?“
„Ja. Ihr müsst …“
„… einen Teil der Säule heraussägen, ich weiß“, unterbrach sie ihn und gab ihrem Kriminaltechniker ein Zeichen. Der junge Mann mit den ernsten Augen, von dem Baldwin wusste, dass er Tim Davis hieß, nickte ernst und macht sich mit seiner Bügelsäge ans Werk.
Taylor lief unruhig auf und ab. Baldwin führte sie ein paar Schritte zur Seite, damit sie in Ruhe sprechen konnten.
„Baldwin, ist es möglich, dass Il Macellaio aus Italien hierhergekommen ist? Und warum? Nashville liegt nicht gerade auf dem Weg der meisten Weltenbummler. New York, Los Angeles, das sähe ich noch ein. Aber Nashville?“
Er fuhr sich mit den Händen durchs Haar, weil es ihm beim Denken half. Es war ihm egal, dass seine Haare danach in alle Richtungen abstanden. „Ein Teil von dem, womit ich mich in Quantico beschäftigt habe, ist ein Bericht aus London. Die Metropolitan Police von New Scotland Yard hat drei Morde, die eine erschreckende Ähnlichkeit zu den Fällen aus Florenz aufweisen. Wenn ich recht habe und Il Macellaio nach London gereist ist, dann liegt es auch durchaus im Bereich des Möglichen, dass er hierherkommt.“
„Was treibt einen Serienmörder von Florenz nach London und dann nach Nashville?“
„Das ist eine sehr gute Frage. Letzte Woche hatten wir im Florenzfall einen Durchbruch. Endlich haben wir eine DNA-Spur. Wir warten noch darauf, ob die Datenbank von Interpol einen Treffer ergibt, und lassen sie danach durch CODIS laufen. Ich schätze, dass wir die Ergebnisse morgen im Laufe des Tages bekommen sollten. Vielleicht kriegen wir einen Namen, vielleicht müssen wir aber auch weiter im Nebel herumstochern. Falls wir einen Namen kriegen, werde ich vermutlich wieder nach Quantico müssen.“
CODIS. Die Wundermaschine. Die kombinierte DNA-Datenbank konnte Übereinstimmungen bei Morden und Mördern finden. Baldwin hatte ein kleines Dankgebet an Sir Alec Jeffreys ausgestoßen für die Entdeckung des genetischen Fingerabdrucks. Eines Tages würde es von jedem Kriminellen in jedem Land eine DNA-Probe geben, sodass Verbrechen in null Komma nichts aufgeklärt werden könnten.
Taylor war angemessen beeindruckt. „Das ist ja super, Schatz. Wie seid ihr nach all den Jahren an DNA gekommen?“
„Lange oder kurze Version?“
Sie deutete mit einer Hand auf ihre Umgebung. Tim, der fluchend an der Säule sägte – verfluchtes Miststück, beinahe hätte ich dich schon gehabt, stell dich nicht so an –, und Baldwin unterdrückte ein Lächeln. Ihre Blicke trafen sich, und in den stürmischen Tiefen ihrer Augen sah er Fröhlichkeit aufblitzen. Sie mochte diesen Tim.
„Ich habe Zeit“, sagte sie. „Erzähl mir von den Morden.“
„Das ist das Romantischste, was du je zu mir gesagt hast.“
„Ich wusste, dass es einen Grund gibt, warum du mich liebst“, flüsterte sie.
„Ich liebe dich wirklich. Unglaublich sogar!“, flüsterte er zurück. Er spürte eine Hand auf seinem Arm. Ein kleiner Mann, der vor Entrüstung schier zu platzen schien, starrte ihn an.
„Wer ist das, Detective?“
Taylor verdrehte kurz die Augen, aber so, dass nur Baldwin es sehen konnte, dann stellte sie die Männer einander vor.
„Lieutenant Elm, das ist Supervisory Special Agent John Baldwin, Leiter der Abteilung für Verhaltensforschung in Quantico.“
„Und wären Sie so gut, mir zu verraten, was das FBI an meinem Tatort verloren hat?“ Elms Gesicht lief rot an, glühend vor Wut. Baldwin streckte ihm seine Hand hin.
„Ich war gerade in der Gegend, und da hat Detective Jackson vorgeschlagen, dass ich mir das Ganze mal ansehe. Es handelt sich hier ja nicht gerade um einen alltäglichen Fall.“
„Ich kann mich nicht erinnern, Sie eingeladen zu haben, Mister Baldwin.“
„Doktor Baldwin, wenn ich ehrlich bin. Entschuldigen Sie bitte mein Eindringen, aber ich muss Ihnen sagen, dass es aussieht wie das Werk eines organisierten Mörders, und ich wäre nicht überrascht, wenn er noch einmal zuschlagen würde. Ich wäre mehr als bereit, mich mit Ihnen zusammenzusetzen und ein Profil zu erstellen.“
„Ein Profil erstellen.“ Elm spuckte die Wörter förmlich aus. „Voodoo, Hellseherei, alles vollkommener Unfug, wenn Sie mich fragen. Ich denke, wir kommen auch ohne Ihre Hilfe prima zurecht, Doktor. Das ist dann auch
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