Todessymphonie (German Edition)
Tim klappte das Buch auf.
„Siehst du das hier? Das sieht für mich so aus, als wäre hier hinten eine Seite herausgetrennt worden.“
Taylor fuhr mit dem Finger über die scharfe Kante des dicken, glänzenden Papiers. Tatsächlich. Die Seite war ganz dicht an der Bindung herausgeschnitten worden. Wenn sie das Buch nicht eingesammelt hätten und wenn Tim nicht so ordentlich und sorgfältig arbeiten würde, hätte es leicht übersehen werden können.
„Was war auf der Seite?“, fragte sie. „Weißt du das?“
„Nein, leider nicht.“
Taylor berührte noch einmal die Kante. Dann blätterte sie in der Hoffnung durch das Buch, herauszufinden, was auf der geheimnisvollen fehlenden Seite zu sehen gewesen war, aber sie fand keinen Hinweis. Tim saß still neben ihr und ließ sie nachdenken.
Bangors Haus war vollgestopft mit Büchern. Die eingebauten Bücherregale bogen sich förmlich unter Folianten zu allen möglichen Themen. Er besaß auch noch weitere Coffeetable-Bücher. Hatten sie es hier mit einer Anomalie speziell bei diesem Buch zu tun, oder war das etwas, was er bei all seinen Büchern tat? Hatte vielleicht der Mörder die Seite herausgetrennt? Taylor lächelte Tim an.
„Gut beobachtet, Tim.“
„Danke. Ich weiß nicht, was es bedeutet, aber es kam mir seltsam vor.“
„Vielleicht ist es nichts, vielleicht ist es alles. Ich sag dir was: Am Tatort gibt es noch Tonnen von diesen Büchern. Was hältst du davon, ein paar von ihnen durchzugehen und zu schauen, ob du noch mehr mit herausgetrennten Seiten findest?“
„Ich bin schon unterwegs. Ich habe den Hausbesitzer – Mr Bangor? – angerufen. Er wirkte sehr nett und hatte nichts dagegen, dass ich noch einmal vorbeikomme. Er meinte, er würde sich schon mal auf die Suche machen. Vielleicht finden wir ja was.“
„Tim, du bist der Beste. Ruf mich an, sobald du etwas weißt, okay?“
Er hinterließ ihr einen Packen Informationen und verschwand.
Taylor hörte ihre Mailbox ab. Lincoln und Marcus würden sie heute Abend um sechs im Rumba treffen. Sie schaute auf ihre Uhr. Das könnte sie gerade noch schaffen. Baldwin würde um sieben Uhr dazustoßen. Er musste noch ein Projekt abschließen.
Sie rief Sam an und hinterließ ihr eine Nachricht über die bisher gefundenen Beweise. Sie erzählte ihr von Tyrone Hills und Allegra Johnsons Geschäftsbeziehung und von dem Fingerabdruck von Arnold Fay, nur für den Fall, dass das später noch einmal relevant werden würde. Noch gab es keinen Anlass zu irgendwelchen Freudentänzen, aber jedes Stück würde eine wichtige Rolle spielen. Außerdem konnte Sam ein echter Hitzkopf sein, wenn es um Details ging. Sie wollte immer über alles informiert werden, egal, wie unwichtiges einem erschien, weil man nie wissen konnte, wie es ihr eventuell bei der Autopsie weiterhelfen konnte. Taylor verstand diesen Wunsch. Ihr ging es genauso.
Elms Tür stand offen, doch er war nicht in seinem Büro. Gut. Taylor tippte die beiden Zeilen herunter, die ihren Tag zusammenfassten – Autopsie und Information der Hinterbliebenen des Love Circle-Opfers, Allegra Johnson; Befragung des Hausbesitzers vom Love Circle, Hugh Bangor –, und legte sie ihm auf den Tisch.
Das musste reichen.
Die Fahrt ins West End war nur kurz. Taylor bog auf den Parkplatz des Rumba, ein Restaurant, das für seine Fusion-Satay-Küche bekannt war, und träumte von einem Caipirinha. Das Rumba war eines ihrer absoluten Lieblingslokale in der Stadt – kubanische, südamerikanische, afrikanische, karibische, malaysische und indische Einflüsse vermischten sich hier miteinander und betranken sich ein wenig an den hervorragenden Rumsorten. Sie gab dem Parkwächter ihren Schlüssel und betrat das kühle, dunkle Lokal.
Die Jungs waren schon da. Sie spürte, wie sich ein breites Grinsen auf ihrem Gesicht ausbreitete. Mann, wie hatte sie sie vermisst. Es war erst fünf Wochen her, dass ihr Team auseinandergerissen wurde, aber es kam ihr viel länger vor.
Marcus Wade fegte sie mit seiner Umarmung fast von den Beinen. Sein Haar war zu lang und fiel ihm in die Augen. Als er sie losließ, tat Lincoln Ross es ihm gleich und hatte keine Hemmungen, seinen Versace-Anzug zu zerknittern. Er trug immer noch die säuberlich rasierte Glatze und den schwarzen Kinnbart. Wer ihn nicht kannte, hielt ihn für gefährlich aussehend. Alleine sein zahnlückiges Grinsen zu sehen machte Taylor unglaublich glücklich. Sie trat einen Schritt zurück, ein verträumtes Lächeln auf den
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