Todessymphonie (German Edition)
setzte sich an seinen Schreibtisch in der Ecke und starrte leer auf seinen Computermonitor. Der große schwarze Raum hinter ihm schien zu wachsen und zu atmen, die Schatten streckten sich Unheil verkündend. Er mochte es nicht, allein im Keller zu sein.
So einsam.
Er erwachte aus seinem Tagtraum, als sein Instant Messenger sich bemerkbar machte. Er warf einen Blick auf den Bildschirm. Morte hatte einen privaten Chat mit ihm eröffnet.
Hey, Morte. Gutes Timing. Ich sitze hier so vor mich hin. Bin wieder allein. Sie sind beide fort.
Die Antwort kam sofort.
WAS ZUM TEUFEL DENKST DU SPIELST DU DA?
Morte war wütend, das erkannte Gavin ganz eindeutig. Aber warum? Das letzte Mal war Morte wegen des Autos böse auf ihn gewesen. Ja, es war nicht klug von ihm, aber er lernte ja noch. Was regte Morte wohl dieses Mal so auf? Oh, die Musik. Er hätte ihm nicht von der Musik erzählen sollen. Morte hatte sehr klare Anweisungen gegeben, wie die Szenerie auszusehen hatte. Aber Gavin war ein Künstler und die Musik war so schön, so notwendig. Während er arbeitete, musste er das Fließen der Noten hören, das sich aufbauende Crescendo. Er konnte nicht anders. Er beschloss, sich dumm zu stellen.
Was meinst du?
Das weißt du ganz genau. Wie kannst du es wagen, in der realen Welt Kontakt mit mir aufzunehmen?
Gavin runzelte die Stirn. In der realen Welt mit Morte Kontakt aufnehmen? Was sollte das heißen?
Morte, ich weiß nicht, wovon du sprichst. Ich habe niemanden kontaktiert.
Als er den Punkt setzte, schoss ihm kurz ein wahnwitziger Gedanke durch den Kopf. Er war mit jemandem in Kontakt getreten. Jemandem sehr weit weg. Jemandem, der unerreichbar war. In seiner Brust breitete sich ein langsames Brennen aus. Er fing an zu tippen, hielt sich dann aber zurück. Nein. Das war verrückt. Auf gar keinen Fall.
Eine weitere Nachricht flackerte im Chatroom auf.
Hör mir zu, kleiner Gavin. Du hast absolut kein Recht, diese Grenze zu überschreiten. KEIN RECHT! Hab ich dir nicht alles gegeben, wovon du immer geträumt hast? Freunde, ein Zuhause für deine tiefsten Sehnsüchte, eine Familie, die Vorzüge meines großen Erfahrungsschatzes?
Oh Gott, er durfte Morte auf keinen Fall verlieren. Das war vollkommen unmöglich. Er tippte voller Panik.
Natürlich hast du das. Ich schätze alles sehr, was du für mich getan hast, Morte. Aber ich verstehe es nicht. Was habe ich falsch gemacht?
Einen Moment lang passierte nichts. Das Online-Äquivalent vollkommenen Schweigens. Gavin brauchte einen Augenblick, bis ihm auffiel, dass Morte ihn bei seinem echten Namen, nicht bei seinem Online-Nickname genannt hatte. Woher wusste Morte seinen Namen? Dann kamen die Worte, flossen in schneller Reihenfolge über den Monitor.
Du weißt wirklich nicht, wer ich bin? Du sagst, die E-Mail war ein Zufall? Ich glaube nicht an Zufälle, Gavin. Ich fürchte, unsere Freundschaft hat hiermit ein Ende gefunden.
NEIN!
Gavin spürte, wie die Verzweiflung sich durch seine Nervenzellen brannte. Er konnte Morte nicht aufgeben. Er war einer der wenigenMenschen, die ihn verstanden. Die sich für ihn interessierten. Aber es war zu spät. Morte hatte den Chatroom verlassen. Gavin war wieder allein. Er fing an zu weinen. Durch seine Tränen tippte er verzweifelt weiter.
Bitte, Morte, bitte geh nicht. Ich schwöre, ich wusste es nicht. Ich weiß es immer noch nicht.
Gavin blieb noch eine weitere Stunde eingeloggt und wartete, aber es kam keine Antwort. Morte war fort. Er saß weinend dort, empfand den Verlust als so tief, dass er kaum atmen konnte. Als wäre ihm die Hälfte seiner Seele genommen worden. Wieder einmal war er unvollständig.
23. KAPITEL
Taylor und McKenzie verabschiedeten sich von den Kollegen aus Manchester. Sie lehnten die Einladung zu einem späten Lunch bei Jiffy Burger, dem besten Burgerladen des Südens, dankend ab, weil sie rechtzeitig für die Obduktion des Opfers vom Radnor Lake wieder in Nashville sein wollten.
Sheriff Simmons ließ ein Nein als Antwort jedoch nicht gelten. Er überzeugte sie, wenigstens anzuhalten und sich etwas zu essen mitzunehmen – auf seine Kosten natürlich. Er gab telefonisch eine Bestellung auf, sodass sie auf ihrem Weg aus der Stadt heraus Burger und Pommes einfach nur abholen mussten. Jiffy Burger lag direkt neben der Bücherei und war offensichtlich gut besucht; die einzigen freien Parkplätze befanden sich auf dem Gelände der Bücherei. Taylor stellte sich hinter einen Ford F-350 und ließ McKenzie
Weitere Kostenlose Bücher