Todessymphonie (German Edition)
Tochter?“
Taylor entschied sich, der Frau die Wahrheit zu sagen. Sie sah so aus, als könnte sie es verkraften. „Ma’am, ich hoffe sehr, dass ich falsch liege, aber der Fall von LaTara könnte mit einer Reihe von Morden in Verbindung stehen, die diese Woche in Nashville begangen wurden. Erinnern Sie sich noch an die Musik, die in LaTaras Zimmer spielte, an dem Tag, an dem sie gestorben ist?“
„Natürlich. Ich besitze solche Musik nicht. Das entspricht einfach nicht meinem Geschmack. Und LaTara … na ja, sie hat Rap und so was gehört. Ich weiß, dass es keine von unseren CDs war.“
„Hatte LaTara Freundinnen, irgendjemanden, dem sie sich vielleicht anvertraut hat?“
„Als sie jünger war schon. Aber je älter sie wurde, desto tiefer versank sie im Drogensumpf. Ich fürchte, ich weiß nicht, mit wem sie sich herumgetrieben hat. Sie hat aufgehört, zur Kirche zu gehen, hat aufgehört, auf mich zu hören. Ich sage das nicht gerne, aber ich habe sie rausgeschmissen. Das war nicht sehr christlich von mir, und ich bereue es heute zutiefst. Aber ich habe nie etwas mit Drogen zu schaffen gehabt und konnte ein solches Verhalten unter meinem Dach nicht dulden. Als sie versuchte, clean zu werden, habe ich sie mit offenen Armen wieder empfangen. Sie hat so sehr gekämpft.“
„Also gab es keinen Freund?“
„Keinen, von dem ich wüsste. Niemanden, den ich hier herumschnüffeln sah. Sie war ein hübsches Mädchen, meine LaTara. Den Jungen ist sie immer gleich aufgefallen. Aber nachdem sie sich mit den Drogen eingelassen hatte, sah sie nicht mehr so gut aus. Als sie starb, war sie gerade auf dem Weg zurück zu alter Schönheit.“
Der Sheriff kam in die Küche, gefolgt von einer jungen Frau mit einem brünetten Pixieschnitt und beinahe absurd hohen Wangenknochen. Sie wirkte wie jemand, der nicht lange drum herum redete. Auch wenn sie sehr jung aussah, strahlte sie Klugheit aus. Er stellte sie als Deputy Anne Clift vor. Die Frau nickte und schüttelte Taylor und McKenzie die Hand.
„Fangen wir an“, sagte sie. „Zeigen Sie mir das Schlafzimmer.“
Die fünf gingen im Gänsemarsch den Flur hinunter. Taylor bedeutete McKenzie, zurückzubleiben. Der Sheriff und Deputy Cliftbetraten das Zimmer, Marie Bender folgte ihnen zögernd. Taylor konnte sich nicht ansatzweise vorstellen, wie schwer es für sie sein musste.
Auch wenn drei Jahre vergangen waren, sah das Zimmer noch genau so aus, wie LaTara es hinterlassen hatte. Es war sehr mädchenhaft eingerichtet mit viel Rosa, Blumen und Spitze. An den Wänden hingen Poster, ein Einzelbett mit einer geblümten Überdecke stand an der Wand. Taylor war überrascht von den Ähnlichkeiten, aber auch von den himmelweiten Unterschieden zwischen LaTaras Zimmer – warm, einladend und sicher – und dem Raum, in dem Allegra Johnson gewohnt hatte – feucht und kalt, ohne irgendwelchen Schmuck oder unnötige Dinge. Diese beiden Mädchen waren sich ähnlich, aber auch grundverschieden, was nicht nur an der jeweiligen Gegend lag, in der sie aufgewachsen waren. Es war ziemlich erstaunlich, dass sie beide gleich geendet hatten – Drogen und Prostitution, viel zu jung gestorben, vermutlich durch die Hand des gleichen Mörders. Hatte Allegra Johnson irgendetwas an sich, das den Mörder an LaTara Bender erinnerte?
Der Sheriff verschwendete keine Zeit. Er hatte die Zeichnung vom Originaltatort herausgeholt und vermaß die Fläche direkt vor der Badezimmertür. Dann besprach er sich ein paar Minuten mit Deputy Clift, die daraufhin ein großes Rechteck mit einem orangefarbenen Marker markierte, sich auf die Knie sinken ließ und von der ganzen Fläche vorsichtig Abstriche machte, wobei sie sich von einem gedachten Quadranten zum nächsten bewegte. Sie versiegelte jeden einzelnen Abstrich, beschriftete die Tüte und ging zur nächsten Sektion über. Nachdem sie über fünfzig Proben genommen hatte, schnitt sie das markierte Stück aus dem Teppich heraus. Es maß ungefähr einen Meter mal einen Meter dreißig und passte zusammengerollt gut in eine Papiertüte. Auch diese wurde versiegelt und beschriftet, dann waren sie fertig.
Sie verabschiedeten sich von Mrs Bender. Taylor gab ihr eine Visitenkarte und bat sie, sich bei ihr zu melden, sollte ihr noch irgendetwas einfallen. Dann ließen sie sie allein an der Tür zu LaTaras Zimmer stehen – verloren in der Trauer und den Albträumen, mit denen sie seit dem Tod ihres einzigen Kindes lebte.
22. KAPITEL
Der Keller war so leer.
Gavin
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