Todestanz
einer Kreisbewegung, die sie und die StraÃe einschloss. »Hier tut Ihnen keiner was.«
Er ging neben ihr zum Eingang des Hauses. Die mit Graffiti beschmierte Tür ging auf, bevor Clare anklopfen konnte. Vor ihr stand eine winzige Frau. Sie sah aus wie fünfzig und war wahrscheinlich fünfunddreiÃig. Sie nahm Clares Hand.
»Dr. Hart?«
»Clare.«
»Ich bin Mrs Adams«, sagte sie. »Kommen Sie herein.«
Clare folgte ihr ins Wohnzimmer, wo ein Vorhang die Kochnische gegen die dicht vor dem Fernseher aufgestellten Sofas abschirmte. Ãber dem Bildschirm eine Studioaufnahme von einem kleinen Mädchen. Mit fleckenlosem weiÃem Kleid, einem für den Fotografen gezähmten Lockenkranz und klaren grünen Augen, die Clare anzusehen schienen.
»Das ist sie, Frau Doktor.« Sie zündete sich eine Zigarette an.
Ein ferner Nachhall dieses perfekten Gesichts schwebte noch in den ausgezehrten Zügen der Frau, die ansonsten von der Geschichte dieses Ortes gezeichnet war. Die Narbe an der Lippe war eine Hinterlassenschaft der Faust ihres Mannes. Ihre Augen waren scharf und grün. Genau wie Lemmetjies, genau wie die ihrer vermissten Tochter.
»Wo ist sie?«
»Ich möchte, dass Sie das aufnehmen«, sagte sie. »Damit die Wahrheit festgehalten wird.«
Clare holte die Kamera heraus und schwenkte von dem Foto des kleinen Mädchens zu der Frau an ihrer Seite. »Verschwunden. Gestern.«
»Sie haben sie gestern noch gesehen?«, fragte Clare nach. »Da war sie hier?«
Die Frau lieà den Kopf in die Hände sinken. »Ich habe gedacht, sie ist bei meiner Mutter.«
»Aber da ist sie nicht?«
»Meine Mutter hat sie Zigaretten holen geschickt. Danach ist sie nicht mehr zurückgekommen. Sie haben gedacht, die Kleine wäre nach Hause gegangen und schon hier. Lemmetjie und seine Tjommies haben sie gesucht, aber sie war nirgendwo zu finden.«
Clare spürte eine bleierne Last. »Und ihr habt überall gesucht?«
»Bei allen ihren Freundinnen und meinen Tanten«, sagte Lemmetjie. »Und meiner anderen ouma. «
»Und niemand hat sie gesehen?«
»Niemand.«
»Habt ihr auch im Laden nachgefragt?«, hakte Clare nach. »War sie dort?«
»Ja. Die Frau hat ihr die Zigaretten gegeben.«
»Und niemand hat sie mit jemandem zusammen gesehen?«
Lemmetjie schüttelte den Kopf.
»Mehr weià man nicht?«, fragte Clare.
» Sê vir haar«, sagte Mrs Adams.
»Auf der StraÃe war ein Auto. Mit getönten Fenstern«, sagte Lemmetjie. »Jemand anders hat gesagt, dass ein Onkel mit ihr geredet hätte.«
»Ich habe Sie gestern Abend im Fernsehen gesehen. In Missing , dieser Sendung von Ihnen über diese Gangstertochter, diese Pearl. In der Cape Sun war auch was über Sie. Die haben geschrieben, Sie hätten ein paar vermisste Mädchen gefunden«, sagte Mrs Adams. »Sie ist mos vermisst, eine â wie haben Sie sie genannt? â Persephone, die in die Hölle gezerrt worden ist. Sie haben behauptet, Sie würden genau das machen mit Ihrem Projekt. Nach vermissten Mädchen suchen und sie zu ihren Müttern zurückbringen.«
»Ich versuche herauszufinden, was mit ihnen passiert ist.« Clare setzte die Kamera ab. »Die Mädchen, die ich gefunden habe« â da gab es nichts zu beschönigen â, »waren schon tot.«
Mrs Adams schlang die Arme um ihren ausgemergelten Leib. »Wenn sie tot ist, dann will ich wenigstens ihren Leichnam haben. Finden Sie mir irgendwas, das ich begraben kann.«
Mrs Adams schüttelte eine weitere Zigarette aus dem Päckchen auf dem Tisch, zündete sie an, schlängelte sich zwischen Wand und Couch zum Fenster durch und hob den Vorhang an. Sie zog an ihrer Zigarette, als wäre es der letzte Strohhalm.
»Harry Oppenheimer hat seine Goldminen. Voëltjie Ahrend und seine Gangster haben das hier.« Sie schwenkte ihre Hand über das Gewirr von kleinen Häuschen und Hinterhofschuppen. »Das hier ist auch eine Goldmine. Ihnen gehört die Polizei. Wenn ich zur Polizei gehe, ist mein Baby tot, das steht fest. Sie werden nicht zusehen, wie so viel von ihrer Macht vor ihren Augen weiterverkauft wird.«
»Und wer kauft?«, fragte Clare.
»Kaufen, verkaufen. Gangster, die Polizei, Politiker.« Mrs Adams fasste Clare in ihre grünen Augen. »Für unsereins, die wir hier leben,
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