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Todestanz

Todestanz

Titel: Todestanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margie Orford
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Merles Stimme hören.
    Â»Eins, zwei, drei«, schnitt ihre Stimme durch die Musik. Der Tanz war gleich zu Ende: Wie Schwäne schwebten die Mädchen jetzt in ihren weißen Röckchen durch den Raum, mit hochgerecktem Hals und nach hinten gestreckten Armen.
    Â»Luftig, Mädchen. Ihr seid Ballerinas, keine Bauarbeiter. Jeté, jeté, jeté.«
    Das Brennen in Yasmins enger Kehle sagte ihr, dass sie gleich anfangen würde zu weinen. Sie atmete tief durch und versuchte nachzudenken. Sie war ein großes Mädchen. Sie konnte sich selbst helfen. Sie zog den Reißverschluss ihres Portemonnaies mit dem Notgeld auf und sah auf die Münzen in ihrer Hand. Zwei Fünfzigcentstücke. Sie sagte sich die Handynummer vor, die sie im Notfall anrufen sollte, und stellte sich auf Zehenspitzen vor das Münztelefon im Durchgang. Erst warf sie die erste Münze ein, dann die zweite.
    Â»Null acht zwei«, flüsterte sie. »Fünf vier zwei zwei null null sieben.«
    Die Münzen klackerten im Münzschlitz nach unten. Der Knoten in Yasmins Bauch lockerte sich ein wenig, als das Telefon zu tuten begann.
    Â»Faizal.«
    Â»Daddy.« Mit leicht zittriger Stimme.

    Â»Hinterlassen Sie eine Nachricht.«
    Die Stimme, mit der ihr Vater mit Fremden sprach.
    Der Apparat schluckte die letzte Münze und unterbrach die Verbindung, bevor sie eine Nachricht hinterlassen konnte. Sie hängte den Hörer wieder ein. Das Klavier war verstummt. Jetzt schloss Mister Henry bestimmt gerade den Deckel und sammelte seine Noten ein. Seine Augen sahen hinter der Brille immer ein bisschen wässrig aus. Und er roch komisch. Das hatte Calvaleen ihr erzählt. Yasmin wollte nicht zusammen mit ihm warten müssen. Sie lud sich ihren rosa Rucksack auf und eilte an dem Wachmann vorbei durchs Tor, um draußen zu warten, bis ihre Mom kam.
    Die Strahlen der Nachmittagssonne schnitten schräg durch die Pinien entlang der steilen Straße. Yasmin konnte die Bäume nicht leiden. Sie sahen aus wie die in den dunklen russischen Wäldern in ihrem Märchenbuch. Wälder, in denen menschenfressende Hexen wie die Baba Jaga lebten, die knochige Alte, die kleinen Mädchen auflauerte. Die Straße war leer, nur ein einziges Auto stand beim Park. Gassigeher. Yasmin konnte einen Hund bellen hören. Sie sagte sich, dass eine Stunde gar nicht so furchtbar lang war, nicht, wenn es noch hell war.
    Sie hörte, wie Madame Merle die älteren Mädchen auf den Parkplatz scheuchte. Als das Tor aufging und den Minibus mit seiner Ladung Nymphen auf die Straße entließ, drückte sich Yasmin tief in die Bougainvillea-Hecke. Sie presste sich die Hand auf den Mund und lutschte die hellrote Blutperle ab, die sich unter einem Dornenstich gebildet hatte.
    Der salzige Geschmack erinnerte sie daran, wie hungrig sie war. In ihrer Tasche hatte sie nur ein Erdnussbuttersandwich von gestern. Das Brot war trocken, und die Erdnussbutter
klebte ihr am Gaumen; trotzdem nahm sie noch einen Bissen, während sie zusah, wie zwei bergies den steilen Hügel heraufkamen. Die zerlumpte Frau blieb stehen, um in einer Mülltonne auf der anderen Straßenseite zu wühlen, und schenkte Yasmin dabei ein zahnloses Lächeln. Yasmin lächelte nicht, aber sie winkte ihr schüchtern. Die Hand mit dem Sandwich hielt sie hinter dem Rücken, weil es ihr peinlich war, vor Menschen zu essen, die in einer Mülltonne wühlen mussten. Das obdachlose Paar wanderte die Straße weiter bergauf, und sie biss wieder ab.
    Als sie den Wagen hörte, sah sie auf, schluckte und trat mit einem zaghaften Lächeln an die aufschwingende Tür.
    Der Arm schlang sich um ihren Körper und quetschte den schmalen Brustkorb zusammen, bis sie Angst bekam, dass ihre Knochen zerbrechen könnten. Sie biss mit aller Kraft zu, als sich die Hand über ihrem Mund schloss und ihren Schrei in die Kehle zurückdrückte. Sofort ballte sich die Hand zur Faust und schlug ihr ins Gesicht. Eine zweite Hand schlug so fest in ihren Bauch, dass ihr die Luft wegblieb. Yasmin sackte vornüber in die Pizza-Schachteln und Colaflaschen auf dem Boden des Wagens. Der Fahrer ließ den Wagen hügelabwärts rollen und bog kurz darauf so scharf ab, dass Yasmin zur Seite geschleudert wurde. Dann stellte er den Motor ab, aber weder er noch seine Passagiere rührten sich, bis der Nachmittag zum Abend verblichen war.
    Der Beginn der Ewigkeit.
    Still lag sie

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