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Todeswald

Todeswald

Titel: Todeswald Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ritta Jacobsson
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Schule machte ich den Umweg am Laden vorbei, um die beiden Abendzeitungen Expressen und Aftonbladet zu kaufen.
    In beiden stellte Mikaela die Schlagzeile.
    Vermisste Vierzehnjährige tot aufgefunden!
    Mikaela lächelte mir von der Titelseite entgegen. Es war ein Schulfoto, das ich auch hatte. Wir hatten erst vor ein paar Wochen Freundschaftsfotos ausgetauscht. Ich warf nur einen kurzen Blick darauf und traute mich nicht weiterzulesen.
    Es war unwirklich. Ein junges Mädchen war gestorben.
    Ich versuchte nicht daran zu denken, dass es sich um Mikaela handelte.
    Auf der Straße traf ich eine Nachbarin, die mit ihrem Dackel unterwegs war. Max’ Frauchen ist so alt wie meine Oma, rundlich, mit munteren braunen Augen, genau wie der Hund.
    Ich bückte mich, um Max zu streicheln, wir wechselten ein paar Worte übers Wetter. Die Zeitungen lagen zusammengefaltet in meiner Schultasche. Max’ Frauchen sagte nichts über Mikaela.
    Alles war wie immer.
    Bis mir die Wahrheit zu Hause wieder ins Gesicht geschleudert werden würde.
    Das Leben war nicht wie immer.
    Ich kam zu Hause an, schlüpfte aus den Turnschuhen, zog ruhig meine Jacke aus und hängte sie in der Eingangsdiele auf einen Kleiderbügel. Wuff und ich zerrten um die Wette an einem Teddy, bis Wuffaufgab und sich mit zufriedenem Knurren in ihren Korb unter der Treppe legte.
    Meine Hände zitterten, als ich schließlich all meinen Mut zusammennahm und die Zeitungen hervorholte.
    Der ganze Mittelteil im Aftonbladet war Mikaela gewidmet, wie sie verschwunden war und wo man sie gefunden hatte. Und dazu ein Foto vom Wald.
    Ich begann mit klopfendem Herzen zu lesen:
    ----
    Das seit Mittwoch vermisste vierzehnjährige Mädchen ist gestern in einem Waldgebiet südlich von Stockholm tot aufgefunden worden.
    Ein Hundebesitzer, der seinen Hund in der beliebten Freizeitgegend ausführte, hatte die Leiche unter einem Gebüsch versteckt gefunden. Der Mann verständigte die Polizei kurz nach 22 Uhr. Das Gebiet wurde sofort abgeriegelt, Techniker der zuständigen Polizeidienststelle untersuchten die Gegend.
    Bald wurde bestätigt, dass das tote Mädchen mit der verschwundenen Vierzehnjährigen identisch ist.
    Am späten gestrigen Abend haben wir Anne-Lie Arvidsson, die Sprecherin der Polizei, am Fundort interviewt.
    „Das Mädchen ist einem Verbrechen zum Opfer gefallen, auf die Art ihrer Verletzungen können wir jedoch nicht näher eingehen“, teilte sie mit.
    „Wie ist sie gestorben?“
    „Es ist noch zu früh, irgendwelche Schlussfolgerungen zu ziehen. Die Technik und der Gerichtsmediziner befinden sich noch im vollen Einsatz.“
    „Es heißt, der Körper sei übel zugerichtet gewesen.“
    „Kein Kommentar.“
    „Wissen Sie, wer für ihren Tod verantwortlich ist?“
    „Nein.“
    „Ist der Tod direkt nach ihrem Verschwinden eingetreten?“
    „Das zu entscheiden, ist Sache des Gerichtsmediziners.“
----
    Weiter vorne in der Zeitung war ein Bild von dem Weg zu sehen, wo wir heute Morgen gestanden hatten. Ein uniformierter Polizist stand vor der Absperrung und zeigte in den Wald hinein.
    Die Artikel im Expressen waren vor allem Wiederholungen dessen, was ich bereits wusste, aber beim Lesen einer Überschrift fuhr ich dann doch zusammen: „Besteht hier eine mögliche Verbindung?“
    Einen kurzen Augenblick lang dachte ich, damit sei Glöckchen gemeint. Doch dann las ich den kurzen Bericht weiter. Ein sechzehnjähriges Mädchen war im Sommer verschwunden und, genau wie Mikaela, ein paar Tage später tot aufgefunden worden.
    Ich zuckte noch einmal zusammen, als ich den Namen des Ortes las.
    Lillsjön.
    Diesen Namen erkannte ich wieder. Dort hatten wir im Sommer ein Ferienhaus gemietet!
    Es war mir neu, dass ausgerechnet dort etwas so Schreckliches passiert war. Aber dass ich die meisten Nachrichten nicht mitkriege, ist kein Wunder, weil ich das Weltgeschehen normalerweise nicht besonders aufmerksam verfolge.
    Mehr darüber zu erfahren, war ja kein großes Problem.
    Ich ging zu meiner Mutter. Ihr Atelier ist der größte Raum in unserem Haus. Es ist fast sechs Meter hoch und das riesige Sprossenfenster bedeckt die ganze Fassade.
    „Störe ich?“
    „Mhm.“
    Ich hörte ihrer Stimme an, dass das der Fall war. Sie klang nicht ärgerlich, befand sich jedoch in ihrer eigenen Welt. Das mannshohe Bild, an dem sie gerade malte, stellte einen blau-weiß gestreiften Mann in einem Boot mitten auf einem stürmischen Meer dar.
    „Jesus?“
    „Poseidon, der Meeresgott. Wie war es heute

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