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Todeszauber

Todeszauber

Titel: Todeszauber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Würth
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waren auf dem Rücken gefesselt. Ich saß. Auf einem kalten Untergrund. Und es war dunkel. Probeweise verlagerte ich mein Gewicht. Der wabernde Schmerz verwandelte sich in einen stechenden, als ob mir jemand ein Messer zwischen die Rippen schieben würde. Ein Stöhnen hallte durch den Raum. Erst mit Verzögerung wurde mir bewusst, dass es aus meinem Mund kam.
    »Georg, was ist?«
    Pias Stimme war direkt neben meinem Ohr. Jetzt spürte ich ihren Hinterkopf an meinem. Wir lehnten mit den Rücken aneinander. Durch Fesseln verbunden, wie ich annahm.
    »Ich lebe.« Meine Stimme klang dumpf, wie bei einer eitrigen Stirnhöhlenentzündung.
    »Bist du verletzt?«
    »Mindestens eine Rippe ist gebrochen. Und die Nase. Was ist mit dir?«
    »Mein Schädel brummt. Er hat mich niedergeschlagen, als ich versucht habe, ihn zu stoppen.«
    »Wo sind wir?«
    »In einem Geräteschuppen. Ich verstehe das nicht. So habe ich Miguel noch nie erlebt.«
    Ich lachte. Ein klägliches Geräusch, das in ein Keuchen überging. »So kann man sich täuschen. Hast du Anna und Cornfeld gesehen?«
    »Nein. Gleich nachdem du k. o. gegangen bist, hat Miguel mir eine verpasst, mich hierher geschleppt und gefesselt. Dich hat er über den Boden gezogen. Ich dachte schon, du bist tot, weil du dich nicht gerührt hast.«
    »Viel hätte nicht gefehlt.«
    Wir schwiegen. Der Schmerz war nicht mehr so dominant. Zumindest, solange ich mich nicht bewegte.
    »Wir müssen uns befreien«, sagte ich. »Sonst bringt er uns um.«
    »Daran habe ich auch schon gedacht. Hier drin gibt es jede Menge Geräte mit scharfen Kanten.«
    »Womit hat er uns gefesselt?«
    »Mit einem normalen Strick.«
    »Der lässt sich durchscheuern.«
    »Schaffst du das denn?«, fragte Pia. »Wir befinden uns etwa drei Meter von der Wand entfernt. Es könnte verdammt schmerzhaft für dich werden.«
    »Kein Problem«, erklärte ich. »Los!«
    Ich biss die Zähne so fest aufeinander, dass vermutlich bald eine Reihe künstlicher Kronen fällig werden würde, aber wir kamen vorwärts. Hoppelnd und rutschend bewegten wir uns Zentimeter um Zentimeter zur Seite. Der Schweiß lief mir in die Augen und die Schmerzen schienen unerträglich, doch irgendwann stießen wir gegen einen Metallpfosten, der zum Glück nicht rund, sondern eckig war. Und dann scheuerten wir. An dem Seilstück, das Pias und meine Handfesseln verknüpfte.
    Nach gefühlten zwei Stunden, die in der Realität wohl nur zehn Minuten gedauert hatten, war ich am Ende meiner Kräfte. In den verkrampften Armmuskeln prickelte die Milchsäure, was die übrigen Schmerzen ein wenig in den Hintergrund drängte. Trotzdem hätte ich mich keine Sekunde länger aufrecht gehalten, wenn mir Pia nicht als Stütze gedient hätte.
    Endlich gab der Strick nach, Pia und ich waren keine siamesischen Zwillinge mehr. Ein paar Sekunden lang schnauften wir durch.
    »Ich guck mal, ob ich ein Messer finde«, sagte Pia, zog die Beine an und stemmte sich an meinem Oberkörper hoch. Da es im Raum fast vollkommen dunkel war, konnte ich nicht erkennen, was sie machte. Ein paar Mal waren klirrende Geräusche und Pias leise Flüche zu hören.
    »Mist! Ich krieg nichts zu fassen.«
    »Bleib ruhig!«
    »Sonst noch Ratschläge?«
    Ich hielt den Mund.
    »Jetzt hab ich was«, meldete sie prompt.
    Als sie wieder hinter mir saß und ihren Kopf gegen meine Schulter fallen ließ, kam mir das bereits vertraut vor.
    Bei Pias Mitbringsel handelte es sich um eine grobe Feile. Sie hielt sie mit beiden Händen fest, während ich meine Handfessel daran rieb.
    »Stopp!«, flüsterte Pia.
    »Was ist?«
    »Da kommt jemand.«
    Schritte und ein leises Pfeifen. Unser Peiniger war auf dem Weg zu seinem Job. Hätten wir doch nur verdammte fünf Minuten mehr gehabt.
    Weiter entfernt rief Frau Reichweiler einen Namen: »Nicolás!«
    »Qué?«, brüllte der Mann vor dem Schuppen zurück.
    Nicolás!
    Die Schritte entfernten sich wieder. Wir hörten, wie Nicolás und Frau Reichweiler auf Spanisch miteinander diskutierten, die Reichweiler im Ton leichter Panik, die dem störrischen Sohn ausreden will, die Nachbarkinder zu quälen. Nicolás’ trotzige Antworten machten allerdings klar, dass ihn das nicht beeindruckte.
    »Ich wusste doch, dass es nicht Miguel ist«, sagte Pia triumphierend. »Das muss ein Zwillingsbruder sein. Miguel muss einen Zwillingsbruder haben!«
    Nicolás wurde lauter, die Reichweiler protestierte kreischend. Dann wurde eine Tür zugeschlagen und es war still.
     
    Das Neonlicht

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