Todeszeichen: Ein Fall für Leitner und Grohmann (German Edition)
Polizeibeamten, gefährliche Körperverletzung, Widerstand gegen die Staatsgewalt, und wenn ich Ihr Fluchen mitrechne, kommt Beamtenbeleidigung auch noch hinzu.«
Seine Brauen zogen sich zusammen. »Wieso gefährliche Körperverletzung? Ich habe Sie geschubst.«
»Weil ich verdammt nachtragend bin«, erwiderte sie. »Und die Tatsache, dass sie mich gezielt in ein Regal mit Glasflaschen gestoßen haben, lege ich so aus, dass Sie das Regal sowie das Glas bewusst als Tatwaffe benutzt haben.«
Was natürlich vollendeter Quatsch war, aber irgendwie musste sie ihn aus der Reserve locken.
»Wollen Sie mich verarschen?«, fragte er mit einem Kopfschütteln. »Hat sich mal jemand mein Gesicht angesehen?«
Es war blau und verquollen, die Lippe und das Kinn waren von den Sanitätern vor Ort genäht worden. Jennifer war froh, dass der Arzt, der im Einkaufszentrum erschienen war, ihnen grünes Licht für die Verhaftung gegeben und nicht auf einem Ausflug ins Krankenhaus bestanden hatte.
Jennifer zuckte die Schultern. »Ein bedauerlicher Unfall.«
Reisigs Blick verdunkelte sich. »Das ist hoffentlich nicht Ihr Ernst. Selbst wegen dem, was sie da gerade alles aufgezählt haben, können Sie mich nicht in den Knast stecken!« Sein Tonfall war selbstsicher, doch seine gesamte Haltung verriet seine Nervosität. Er hatte eine Ahnung, warum er hier saß und sie ihm mit Untersuchungshaft drohte. »Ihr werter Haftrichter wird das sicherlich genauso sehen.«
Wieder zuckte sie mit den Schultern. »Wenn Sie ein unbeschriebenes Blatt wären, würde ich Ihnen zustimmen. Doch bei Ihrer Vergangenheit … «
Ihm war anzusehen, dass seine Wut stetig zunahm. Zorn war gut. Er brachte Menschen dazu, Dinge zu sagen, die sie eigentlich für sich behalten wollten.
»Bullshit! Meine Vergangenheit hat damit nicht das Geringste zu tun!«
»Wenn Sie meinen.«
»Warum haben Sie mich verhaftet? Was wollen Sie von mir?«
Sie spielte wieder mit ihrem Kugelschreiber und sagte vollkommen ruhig: »Das wissen Sie doch selbst am besten, Herr Reisig.«
»Ich weiß überhaupt nichts.« Rot gefärbte Spucke flog aus seinem Mund und landete in feinen Tropfen auf der Tischplatte.
»Warum sind Sie dann geflohen?« Sie fixierte ihn.
»Ich … ich weiß nicht … Angst … «
»Weshalb?«
»Ich … Scheiße, Sie haben es doch gerade selbst gesagt!«, fuhr er sie an.
»Was habe ich gesagt?«
»Meine Vergangenheit. Die Verurteilung.«
Jennifer zog die Augenbrauen nach oben. »Darf ich Sie zitieren, Herr Reisig? Ihre Vergangenheit hat nicht das Geringste damit zu tun.« Sie beugte sich vor. »Zumindest müssen Sie nicht versuchen, mir das Märchen zu erzählen, Sie hätten seit … wie lange ist das her? Fünfzehn Jahre? Also seit fünfzehn Jahren, seit Ihrer Verurteilung damals, hätten Sie solche Angst vor Bullen, dass Sie jedes Mal die Beine in die Hand nehmen, wenn Sie einen sehen. Sie sind vollständig resozialisiert, oder etwa nicht?«
Er rutschte jetzt auf seinem Stuhl hin und her.
»Warum wollten Sie abhauen?«
Keine Antwort.
»Sie sind nicht nur abgehauen, Sie haben auch, wenn die Schätzung Ihrer Angestellten zutrifft, Ware im Wert von fast dreitausend Euro zerstört.« Sie faltete die Hände vor sich auf der Tischplatte und schlug einen versöhnlichen Tonfall an. »Ich muss Ihnen hoffentlich nicht erklären, welcher Eindruck dadurch entsteht?«
Er wich ihrem Blick aus.
»Was haben Sie erwartet, als ich mich als Kriminalbeamtin vorgestellt habe? Was hatten Sie zu befürchten?« Da er nicht den Eindruck machte, als wolle er antworten, schlug sie wieder den Aktendeckel auf. »Vielleicht hat Ihre Vergangenheit ja doch etwas damit zu tun … «, sinnierte sie.
Reisig reagierte, indem er auf das Blatt Papier vor ihr blickte. Er saß aber zu weit weg, um auch nur einen Buchstaben entziffern zu können.
»Wenn wir gerade dabei sind, können wir die Angelegenheit ja auch etwas näher beleuchten, oder ist Ihnen das unangenehm?«
Wieder blieb er ihr eine Antwort schuldig.
»Sie haben vor fünfzehn Jahren eine Kollegin vergewaltigt und … «
»Ich habe sie nicht vergewaltigt«, stellte Reisig mit eisiger Stimme fest.
Jennifer spielte die Verblüffte. »Nein? Ich dachte … «
Erneut unterbrach er sie. »Ich bin wegen sexueller Belästigung verurteilt worden.«
Sie nickte. »Dafür sind Sie verurteilt worden. Aber die ursprüngliche Anzeige Ihres Opfers lautete auf Vergewaltigung.«
»Es war ein Missverständnis zwischen ihr und mir. Während
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