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Todeszeichen: Ein Fall für Leitner und Grohmann (German Edition)

Todeszeichen: Ein Fall für Leitner und Grohmann (German Edition)

Titel: Todeszeichen: Ein Fall für Leitner und Grohmann (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Saskia Berwein
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Tatsache, die von dem Betrag noch unterstrichen wurde, den ihr die Taxifahrerin abknöpfte, als sie die von ihr angegebene Adresse erreicht hatten.
    Charlotte stieg aus dem Wagen und schulterte ihren Rucksack.
    Es war ein sonniger und milder Tag. Die Luft hatte eine ungewohnte Frische und duftete nach Herbstblumen und Wald. Herzheim lag friedlich und still da, und bis auf einen dicken Kater, der auf einem Torpfosten in der Sonne döste, war niemand zu sehen. Irgendwo bellte ein Hund.
    Nur die Bewegung eines Vorhangs in einem Haus auf der anderen Straßenseite verriet, dass der Ort weder verlassen noch ihre Ankunft unbemerkt geblieben war. Sie ahnte, dass sie in den nächsten Tagen ein erstklassiges Gesprächsthema abgeben würde – vermutlich war ihr Auftauchen die einzige Unregelmäßigkeit im Dorfleben seit Monaten. Schon allein wegen ihres Aussehens musste sie in der ländlichen Idylle auffallen wie ein bunter Hund. Die Dorfjugend trug vermutlich eher selten zerrissene Jeans und eine militärisch geschnittene Jacke zu hochhackigen Stiefeln.
    Ein poliertes Metallschild neben einem geschlossenen Tor wies darauf hin, dass sie vor dem Gemeindehaus stand. Hinter dem Tor lag ein kleiner gepflasterter Hof, der allenfalls für zwei Autos Platz bot, heute aber ungenutzt war.
    Charlotte spähte zu dem alten Fachwerkhaus hinüber, das einst vermutlich ein etwas größeres Bauernhaus gewesen war. Mit den bestickten weißen Vorhängen und den Blumen, die überall in Kästen und Kübeln wuchsen, sah es in keinster Weise wie ein Rathaus aus.
    Sie probierte das Tor, doch es war abgeschlossen. Unter dem Schild war in den Betonpfosten ein Briefkasten eingelassen, neben dem sich ein unscheinbarer Knopf befand. Charlotte war sich nicht einmal sicher, dass es eine Klingel war, als sie draufdrückte.
    Weder ertönte ein Läuten, noch passierte in der nächsten halben Minute irgendetwas.
    Sie wollte gerade noch einmal klingeln, als die Haustür geöffnet wurde und das Gesicht einer alten Frau durch den Spalt lugte.
    Die Alte musterte sie mehrere Sekunden lang mit zusammengekniffenen Augen und einem misstrauischen Gesichtsausdruck. Schließlich stemmte sie die Haustür auf, indem sie sich mit der Schulter dagegen lehnte, und kam, auf einen Stock gestützt, durch den Hof geschlurft.
    Ohne weiter von Charlotte Notiz zu nehmen, fummelte sie mit einem Schlüsselbund herum. Sie brauchte fast eine ganze Minute, um das Tor aufzuschließen. Quietschend schwang es nach innen auf, und Charlotte war einer neuerlichen kritischen Musterung aus tief liegenden wässrigen Augen ausgesetzt.
    »Sie sind Frau Seydel, nehme ich an?«
    »Ja«, bestätigte sie mit einem Nicken. Sosehr sie sich auch bemühte, ihre Mundwinkel wollten ihre Verunsicherung einfach nicht überspielen.
    Dann erschien jedoch ein Lächeln auf dem Gesicht der Frau. Sie wechselte den Gehstock in die Linke, um mit ihrer Rechten Charlottes Hand zu schütteln, die sie ganz automatisch ausgestreckt hatte. Die Hand der alten Frau war knochig und kühl. »Elisabeth Goldstein.«
    Charlotte hatte damit gerechnet, dass die Archivarin nicht mehr die Jüngste war, doch ihr tatsächliches Alter überraschte sie. Sie musste weit über achtzig sein. Ihre Haare waren schneeweiß, und die Falten in ihrem Gesicht warfen im Sonnenlicht harte Schatten.
    Elisabeth Goldstein gab einen merkwürdigen Laut von sich, als sie sich umdrehte. Es hätte ein Husten oder ein heiseres Lachen sein können. »Kommen Sie. Kommen Sie.« Sie kämpfte sich über den Hof zurück zum Haus und die Stufen hinauf.
    Charlotte folgte ihr.
    Im Innern des Hauses war es düster und kühl. Charlottes Augen brauchten eine Weile, um sich an die Beleuchtung zu gewöhnen.
    Elisabeth Goldstein führte ihre Besucherin einen engen Flur entlang, der von restaurierten Holztüren gesäumt war. Bilder von Jagdimpressionen hingen an den Wänden, aber keinerlei Beschilderung, die darauf hinwies, was sich in den Räumen hinter den geschlossenen Türen befand.
    Der Flur verbreiterte sich schließlich. Charlotte hatte den Eindruck, dass sie einen Anbau betraten, der nachträglich an das Haupthaus angefügt worden war, wahrscheinlich auch in längst vergangenen Zeiten.
    Schließlich betrat Elisabeth Goldstein einen größeren Raum, der mit Regalen und Aktenschränken vollgestopft war. Ohne ein Wort zu sagen, setzte sie sich hinter einen Tisch, auf dem sich neben einer alten Schreibmaschine Karteikästen stapelten.
    Charlotte stieg sofort der

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