Todeszeit
Tasche zurücksteckte, in der er ihn gefunden hatte. Nach kurzem Zögern zog er ihn erneut heraus und legte ihn ebenfalls in den Schubkarren.
Sonst fand Mitch nichts von Interesse außer einer Geldbörse und einem Mobiltelefon. Erstere enthielt wahrscheinlich einen Ausweis, bei Letzterem waren die Kurzwahlnummern eventuell so programmiert, dass man damit die Komplizen des Toten erreichte.
Wenn das Telefon läutete, würde Mitch nicht abheben. Selbst wenn er sich äußerst einsilbig verhielt und der Anrufer seine Stimme vorübergehend mit der des Toten verwechselte, würde er sich rasch verraten.
Er schaltete das Telefon aus. Wenn die Kidnapper nur die Mailbox erreichten, schöpften sie bestimmt Verdacht, aber allein aus diesem Grund würden sie wohl nicht vorschnell handeln.
Statt seiner Neugier zu erliegen, legte Mitch Börse und Handy zu den anderen Dingen in den Schubkarren. Weitere, dringendere Aufgaben warteten auf ihn.
15
Von der Ladefläche seines Pick-ups holte Mitch eine Segeltuchplane, die er sonst dafür benutzte, um die beim Stutzen von Rosenbüschen anfallenden Triebe zu transportieren. Sie wurde von den Stacheln nicht so leicht durchbohrt wie Sackleinen.
Falls einer der anderen Kidnapper ankam, um nach seinem verschollenen Komplizen zu suchen, durfte der Tote nicht offen herumliegen.
Bei der Vorstellung, mit einer Leiche im Kofferraum herumzufahren, bekam Mitch Sodbrennen. Er musste sich später irgendwo ein Mittel dagegen besorgen.
Die Plane war vom langen Gebrauch weich geworden und hatte so viele winzige Risse wie die Glasur einer antiken Vase. Wasserdicht war sie zwar nicht, aber ein wenig Feuchtigkeit hielt sie schon ab.
Weil das Herz des Toten sofort stehen geblieben war, hatte die Wunde kaum geblutet. Wegen diesbezüglicher Flecken machte Mitch sich also keine Sorgen.
Allerdings hatte er keine Ahnung, wie lange er die Leiche im Wagen liegen lassen musste. Einige Stunden, einen Tag, zwei Tage? Früher oder später würden jedenfalls andere Flüssigkeiten als Blut aus ihr heraussickern.
Alles der Reihe nach. Er breitete die Plane auf dem Boden aus und wälzte die Leiche darauf. Dabei machten deren Arme und Kopf so merkwürdig schlaffe Bewegungen, dass ihn heftiger Ekel überkam.
Doch Mitch riss sich zusammen. Holly war in Todesgefahr,
weshalb er selbst vor den scheußlichsten Aufgaben nicht zurückschrecken durfte. Er schloss die Augen und atmete mehrmals langsam und tief durch, um seinen Abscheu zu unterdrücken.
Der baumelnde Kopf wies darauf hin, dass sich der Mann das Genick gebrochen hatte. Das hieß, im Grunde war er dreifach tot: gebrochener Hals, zerdrückte Luftröhre, Schuss durchs Herz.
Als glückliche Fügung konnte Mitch ein derartig grausiges Ende seines Gegners beim besten Willen nicht betrachten. Es hätte ihn angewidert, so zu denken.
Außergewöhnlich war die Sache allerdings schon. Seltsam war sie ebenfalls, aber nicht Glück verheißend.
Abgesehen davon war vorläufig nicht einmal klar, ob die Geschehnisse ihm zum Vorteil gereichten. Genauso gut konnten sie sein Verderben sein.
Nachdem er die Leiche eingewickelt hatte, nahm er sich nicht die Zeit, eine Kordel durch die Ösen am Rand zu fädeln, um das Paket zuzuschnüren. Die Uhr tickte, der Sand rann ihm durch die Finger, und er hatte Angst, von irgendetwas unterbrochen zu werden, bevor er alle Spuren beseitigt hatte.
Rasch zerrte er die Plane samt Inhalt hinter den Honda. Als er den Kofferraum aufklappte, durchfuhr ihn die absurde Vorstellung, dort könnte bereits eine andere Leiche liegen, aber natürlich war der Kofferraum leer.
Bisher war seine Fantasie eigentlich nie besonders fiebrig gewesen und derart makaber schon gar nicht. Mitch fragte sich, ob die Erwartung einer zweiten Leiche womöglich keine Halluzination gewesen war, sondern die realistische Vorahnung, dass er in der nahen Zukunft mit weiteren Toten konfrontiert werden würde.
Die Leiche in den Kofferraum zu hieven war eine mühsame
Sache. Sie wog zwar weniger als er selbst, aber dafür verhielt sie sich alles andere als kooperativ.
Wäre Mitch nicht von Haus aus kräftig und durch seinen Beruf in guter Verfassung gewesen, so hätte ihn sein Gegner selbst im Tod noch geschafft. Als er endlich den Kofferraumdeckel zuschlug und abschloss, war er in Schweiß gebadet.
Eine sorgfältige Untersuchung ergab, dass auf dem Schubkarren keinerlei Blutfleck gelandet war. Auf dem Boden ebenfalls nicht.
Mitch sammelte die zerbrochenen Teile des
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