Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Todeszeit

Todeszeit

Titel: Todeszeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Koontz
Vom Netzwerk:
Schalter an einem Zeitzünder wirkte. Eine falsche Wahl, und Holly war so gut wie tot.
    Wenn das so weiterging, dann war er vor lauter Sorgen bald völlig gelähmt. Passivität aber würde Holly nicht retten, und Unentschiedenheit war erst recht ihr Tod.
    »Na schön«, gab er nach. »Wo wohnt dieser Campbell denn?«
    »Fahr erst mal auf die Autobahn. Dann geht’s nach Süden Richtung Rancho Santa Fé.«
    Der genannte Ort lag im Nordosten von San Diego und war bekannt für seine teuren Hotelanlagen, seine Golfplätze und seine Luxusvillen.
    »Tritt aufs Gas«, sagte Anson, »dann sind wir in eineinhalb Stunden da.«
    Wenn die beiden Brüder zusammen waren, dann machte es ihnen nichts aus zu schweigen. Vielleicht lag es daran, dass sie als Kinder getrennt und mutterseelenallein viel Zeit im Lernzimmer verbracht hatten – und das war besser schallisoliert als ein Rundfunkstudio. Von der Außenwelt drang keinerlei Geräusch herein.
    Auf dieser Fahrt spürte Mitch deutlich, dass er und sein
Bruder auf unterschiedliche Weise schwiegen. Sein eigenes Schweigen war ein sinnloses Zappeln in einem Vakuum, das Taumeln eines stummen Astronauten in der Schwerelosigkeit.
    In Anson hingegen arbeitete fieberhaft und dennoch wohl geordnet der Verstand. Seine Gedanken führten schneller als jeder Computer eine logische Rechenoperation nach der anderen aus.
    Sie fuhren bereits zwanzig Minuten auf der Autobahn, als Anson das Schweigen brach. »Hast du auch manchmal das Gefühl, dass wir während der ganzen Kindheit wie Geiseln eingesperrt waren?«
    »Wenn es dich nicht gegeben hätte«, sagte Mitch, »würde ich die beiden hassen.«
    »Ich hasse sie manchmal wirklich«, sagte Anson. »Leidenschaftlich, wenn auch kurz. Sie sind zu erbärmlich, als dass man sie länger als einen Augenblick hassen könnte. Das wäre so, als würde man die Zeit damit vergeuden, den Weihnachtsmann zu hassen, weil es ihn nicht gibt.«
    »Weißt du noch, wie man mich mit Wilbur und Charlotte erwischt hat, einem meiner Lieblingsbücher?«
    »Da warst du fast neun. Sie haben dich zwanzig Tage ins Lernzimmer gesteckt.« Anson ahmte Daniels Stimme nach: »Fantasie ist ein Tor zum Aberglauben.«
    »Sprechende Tiere, ein freundliches Schwein, eine kluge Spinne …«
    »Ein verderblicher Einfluss«, zitierte Anson. »Der erste Schritt in ein Leben voller Unvernunft und irrationaler Ansichten! «
    Auch in der Natur sah ihr Vater kein Geheimnis, sondern nur eine grüne Maschinerie.
    »Es wäre besser für uns gewesen, wenn sie uns verprügelt hätten«, sagte Mitch.

    »Viel besser. Blaue Flecken, Knochenbrüche … auf so was wird wenigstens das Jugendamt aufmerksam.«
    Wieder schwiegen sie eine Weile. »Connie wohnt in Chicago, Megan in Atlanta und Portia in Birmingham«, stellte Mitch schließlich fest. »Wieso sind wir zwei eigentlich noch hier?«
    »Vielleicht mögen wir das Klima«, sagte Anson. »Oder wir glauben nicht, dass die Entfernung heilend wirkt. Vielleicht haben wir das Gefühl, dass wir hier noch etwas zu erledigen haben.«
    Die letzte Erklärung leuchtete Mitch ein. Er hatte oft darüber nachgedacht, was er zu seinen Eltern sagen würde, falls sich einmal die Gelegenheit ergab, das Missverhältnis zwischen ihren Absichten und Methoden anzusprechen oder den grausamen Versuch zu hinterfragen, Kindern ihre Fähigkeit zum Staunen abzuerziehen.
    Als sie die Autobahn verlassen hatten und auf kleineren Straßen landeinwärts fuhren, wirbelten im Scheinwerferlicht Nachtfalter, weiß wie Schneeflocken. Manche prallten an die Windschutzscheibe.
    Julian Campbell wohnte hinter einer Steinmauer, durch die ein imposantes schmiedeeisernes Tor führte. Der ebenso imposante Rahmen dieses Tors bestand aus massiven Kalksteinblöcken, in die ein reiches Rankenmuster gemeißelt war. Der Bogen darüber bildete eine riesige Girlande.
    »Dieses Tor«, sagte Mitch, »hat wahrscheinlich so viel gekostet wie mein ganzes Haus.«
    »Doppelt so viel«, versicherte ihm Anson.

24
    Links vom Tor war in die Natursteinmauer ein Wachhaus eingebaut. Noch während der Wagen zum Stehen kam, ging dort die Tür auf, und ein groß gewachsener junger Mann in einem schwarzen Anzug trat heraus.
    Seine klaren, dunklen Augen ordneten Mitch so rasch ein, wie das Lesegerät an einer Registrierkasse den Strichcode eines Produkts erkannte. »Guten Abend, Sir«, sagte er, um den Blick sofort Anson zuzuwenden. »Schön, Sie zu sehen, Mr. Rafferty.«
    Ohne dass Mitch auch nur das leiseste Geräusch

Weitere Kostenlose Bücher