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Todeszeit

Todeszeit

Titel: Todeszeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Koontz
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sagte Mitch schließlich. »Die Schrotflinten, meine ich.«
    »Ja, das ist wie im Film.«
    »Ich bin Gärtner. Und du bist Linguist.«
    »Außerdem«, sagte Anson, »glaube ich sowieso nicht, dass Kidnapper sich Bedingungen stellen lassen. Wer die Macht hat, stellt die Regeln auf.«
    Grübelnd fuhren sie weiter nach Süden.

    Die malerisch angelegte Straße machte eine Kurve, stieg an und führte dann mitten ins Zentrum von Laguna Beach hinab.
    Da Mitte Mai war, hatte bereits die Saison begonnen. Touristen schlenderten die Gehsteige entlang, gingen in Restaurants und betrachteten die Schaufenster der geschlossenen Läden und Galerien.
    Als Anson vorschlug, irgendwo essen zu gehen, sagte Mitch, er sei nicht hungrig. »Aber du musst doch was essen!«, bedrängte ihn sein Bruder.
    Mitch schüttelte den Kopf. »Worüber sollen wir beim Essen denn reden? Über Sport? Wir wollen doch nicht, dass jemand mitbekommt, wie wir uns über das da unterhalten. «
    »Dann essen wir eben im Wagen.«
    Mitch hielt vor einem Chinarestaurant. Auf die Fenster war ein Drache gemalt, der wild seine schuppige Mähne schüttelte.
    Während Anson im Auto wartete, ging Mitch hinein. Die junge Frau an der Theke versprach, seine Bestellung in zehn Minuten fertig zu haben.
    An den Tischen saßen Gäste, die sich lebhaft unterhielten. Das tat ihm in den Ohren weh. Er nahm ihnen ihr sorgloses Lachen übel.
    Zuerst regte der Duft von Kokosreis und süßem Chilireis, von frittierten Maisbällchen, Koriander, Knoblauch und knusprigen Cashewnüssen Mitchs Appetit an. Bald jedoch kam ihm die Luft bedrückend und ölig vor; sein Mund wurde trocken und sauer.
    Holly war in den Händen von Mördern.
    Sie hatten sie geschlagen.
    Sie hatten sie zum Schreien gebracht, damit er – und Anson – das hörten.

    Beim Chinesen etwas zum Mitnehmen zu bestellen, es zu essen, ja überhaupt etwas ganz Alltägliches zu tun, kam ihm wie ein Verrat an Holly vor, weil er damit ihre verzweifelte Lage zu leugnen schien.
    Wenn sie die Drohungen des Manns am Telefon mitbekommen hatte – dass man ihr die Finger absägen und die Zunge herausschneiden würde –, dann musste ihre Furcht unerträglich sein.
    Während Mitch sich diese ständige Furcht vorstellte und daran dachte, wie Holly irgendwo gefesselt im Dunkeln lag, verwandelte sich die aus seiner Hilflosigkeit entstandene Ergebenheit endlich in Zorn, in wilde Wut. Sein Gesicht wurde heiß, seine Augen brannten, seine Kehle fühlte sich so geschwollen an, dass er kaum schlucken konnte.
    So irrational es war, er beneidete die glücklich und zufrieden an ihren Tischen sitzenden Gäste so sehr, dass er sie am liebsten vom Stuhl gestoßen und ins Gesicht geschlagen hätte.
    Auch die ordentliche Einrichtung des Restaurants beleidigte sein Auge. Sein Leben war ins Chaos geraten, und er brannte darauf, sein Elend mit einer gewaltsamen Handlung abzureagieren.
    Irgendein geheimer, wilder Splitter in seinem Wesen, der dort lange geeitert hatte, hatte sich nun endgültig entzündet und weckte in ihm den Drang, die farbigen Papierlaternen herunterzureißen und die Wandschirme aus Reispapier zu zerfetzen. Auch die rot lackierten chinesischen Schriftzeichen hätte er gern von der Wand gerissen und sie wie Wurfsterne durch den Raum geschleudert, damit sie alles in ihrer Flugbahn zerschlitzten und die Fenster zum Bersten brachten.
    Die junge Frau hinter der Theke, die ihm zwei weiße Papiertüten mit seiner Bestellung überreichen wollte, spürte
den Sturm, der sich in ihm zusammenbraute. Sie riss die Augen auf und zuckte leicht zurück.
    Erst vor einer Woche hatte ein geistesgestörter Gast in einer Pizzeria eine Kassiererin und zwei Kellner erschossen, bevor ein anderer Gast, ein Polizist außer Dienst, ihn mit zwei Schüssen außer Gefecht gesetzt hatte. Wahrscheinlich spulten sich die Bilder dieser Bluttat, die man in den Fernsehnachrichten gezeigt hatte, gerade im Kopf der Frau da ab.
    Die Erkenntnis, dass er jemandem Angst einjagte, wirkte wie eine Rettungsleine, die Mitch aus seinem inneren Toben zog. Aus seinem Zorn wurde erst Ärger und dann ein passiver Jammer, bei dem sein Blutdruck fiel und sein polterndes Herz sich beruhigte.
    Als er aus dem Lokal in die milde Frühlingsnacht trat, sah er, dass sein im Wagen sitzender Bruder telefonierte.
    Noch bevor Mitch an der Fahrertür angelangt war, hatte Anson aufgelegt. »Waren sie das?«, fragte Mitch, während er sich ans Lenkrad setzte.
    »Nein. Ich kenne jemanden, mit dem wir

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