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Todeszeit

Todeszeit

Titel: Todeszeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Koontz
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das Schamspiel zu spielen, Mickey?«
    »Ich glaube, da war ich ungefähr fünf.«
    »Und wie oft musstest du es spielen?«
    »Im Lauf der Jahre wahrscheinlich insgesamt ein halbes Dutzend Mal.«
    »Mich haben sie es elfmal spielen lassen, wenn ich mich recht erinnere. Das letzte Mal war ich dreizehn.«
    Mitch zog eine Grimasse. »Mann, daran erinnere ich mich nur zu gut. Du wurdest zu einer vollen Woche verdonnert. «
    »Vierundzwanzig Stunden täglich nackt sein, während alle anderen im Haus bekleidet sind. Dazu verpflichtet sein, vor allen die peinlichsten und intimsten Fragen über deine privaten Gedanken, Gewohnheiten und Wünsche zu beantworten. Bei jedem Gang aufs Klo von zwei anderen Familienmitgliedern beobachtet zu werden, darunter mindestens eine Schwester. Nicht den kleinsten privaten Moment zu haben … hat dich das von deiner Scham geheilt, Mickey?«
    »Schau dir mal mein Gesicht an.«
    »An der flammenden Röte könnte man eine Kerze anzünden. « Anson lachte leise. Es war ein tiefes, bärenhaftes
Lachen. »Dafür kann er lange warten, bis wir ihm etwas zum Vatertag besorgen.«
    »Nicht mal Kölnisch Wasser?«, fragte Mitch.
    So fing ein beliebter Sketch aus ihrer Kindheit an.
    »Nicht mal ’nen Nachttopf zum Reinpissen«, sagte Anson.
    »Was ist mit Pisse ohne Topf?«
    »Wie soll ich die denn einpacken?«
    »Mit Liebe«, schloss Mitch, und die beiden grinsten sich an.
    »Ich bin stolz auf dich, Mickey. Du hast sie besiegt. Bei dir hat es nicht so geklappt wie bei mir.«
    »Wie bei dir? Wieso?«
    »Sie haben mich gebrochen, Mitch. Ich habe keine Scham und kann keinerlei Schuldgefühle mehr empfinden.« Unter seinem Sportsakko zog Anson eine Pistole hervor.

25
    In Erwartung einer Pointe lächelte Mitch belämmert weiter, als würde sich gleich herausstellen, dass die Pistole keine echte Waffe war, sondern nur ein Feuerzeug oder ein Scherzartikel, aus dem Seifenblasen kamen.
    Hätte das salzige Meer zufrieren und doch seine Farbe behalten können, so wäre das die Farbe von Ansons Augen gewesen. Die waren so klar und so direkt wie immer, aber nun hatten sie eine Schattierung angenommen, die Mitch noch nie gesehen hatte. Er konnte sie nicht deuten und wollte das auch nicht.
    »Zwei Millionen . Ehrlich gesagt«, erklärte Anson fast traurig, ohne Schärfe oder Bitterkeit, »würde ich keine zwei Millionen zahlen, um dich aus so was rauszuholen. Deshalb war Holly praktisch schon in dem Moment tot, als man sie entführt hat.«
    Mitchs Gesicht wurde steinhart, und seine Kehle war so rau, dass er kein Wort herausbrachte.
    »Manche Leute, die ich berate … tja, manchmal stoßen die auf eine Gelegenheit, die für sie bloß Peanuts ist, für mich aber durchaus interessant. Nicht meine übliche Arbeit, sondern Dinge, die ganz konkret krimineller Natur sind.«
    Es gelang Mitch nur mit Mühe, sich auf das zu konzentrieren, was er hörte, denn sein Kopf war erfüllt vom Donnern alter, innig vertrauter Vorstellungen, die nun in sich zusammenstürzten wie ein Gerüst aus von Termiten zerfressenen Balken.

    »Die Leute, die Holly entführt haben, sind ein Team, das ich für eine dieser Operationen zusammengestellt habe. Sie haben damit ganz ordentlich verdient, aber leider haben sie herausbekommen, dass mein Anteil größer war, als ich ihnen gesagt habe, und jetzt sind sie gierig geworden.«
    Also war Holly nicht nur entführt worden, weil Anson genug Geld hatte, um sie freizukaufen, sondern auch – ja sogar in erster Linie –, weil Anson ihre Entführer übers Ohr gehauen hatte.
    »Sie haben Angst, mir direkt auf die Zehen zu treten. Schließlich bin ich ziemlich wertvoll für ein paar wichtige Leute, die jeden, der mir etwas antut, umlegen lassen würden. «
    Offenbar würde Mitch bald einige dieser »wichtigen« Leute kennenlernen, aber egal, welche Bedrohung sie für ihn darstellten, dieser Betrug war schlimmer als alles, was noch kommen mochte.
    »Am Telefon«, fuhr Anson fort, »haben sie mir gesagt, wenn ich Holly nicht freikaufe, wird sie umgebracht, und dann werden sie dich eines Tages mitten auf der Straße abknallen, wie sie es mit Jason Osteen getan haben. Die armen, dummen Trottel. Die glauben, sie kennen mich, aber sie haben keine Ahnung, was ich wirklich bin. Das weiß niemand. «
    Mitch zitterte, denn in seinem Innern war es winterlich geworden. Ein kalter Wind durchfuhr ihn.
    »Übrigens hat Jason zu ihnen gehört. Der arme, hirnlose Jason. Hat doch tatsächlich gedacht, seine Kumpel würden

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