Todeszeit
entfernt wurde und nicht mehr sichtbar war, hinterließ er eine DNA-Spur, die man mit speziellen Methoden sichtbar machen konnte. Zumindest hatte Mitch das in der Zeitung gelesen.
Einer der Gorillas griff nach Mitchs Jackett, durchsuchte die Taschen und fand nur das Mobiltelefon.
Mitch wandte sich an seinen wachsamen Gastgeber. »Wie
ist es eigentlich dazu gekommen, dass ein früherer FBI-Held sich so verändert hat?«
»Ach, das ist das Märchen, das Anson erzählt hat, um Sie hierherzulocken!«, sagte Campbell nach kurzer Verblüffung. »Julian Campbell – ein FBI-Held?«
Obwohl die beiden Leibwächter Mitch bisher so humorlos vorgekommen waren wie Aaskäfer, lachte der mit der glatten Haut kurz auf, und der andere grinste.
»Dann haben Sie Ihr Geld wahrscheinlich auch nicht im Entertainment verdient«, sagte Mitch.
»Im Entertainment? Das könnte man durchaus sagen … wenn man den Begriff sehr dehnbar interpretiert.«
Der Mann mit den Aknenarben hatte aus seiner Hosentasche inzwischen einen zusammengefalteten Müllbeutel geholt. Nun schüttelte er ihn, um ihn zu öffnen.
»Und, Mitch, falls Anson behauptet haben sollte, die beiden Herren hier seien Priesteramtsanwärter, so sollte ich warnend sagen: Das sind sie nicht.«
Das fanden die beiden Aaskäfer wieder ausnehmend amüsant.
Der mit dem Müllbeutel stopfte den Sportsakko, das Handy und alle anderen Dinge hinein, die man Mitch abgenommen hatte. Bevor er das Portemonnaie entsorgte, holte er das darin enthaltene Bargeld heraus und reichte es Campbell.
Mitch blieb einfach stehen und wartete.
Inzwischen verhielten die drei Männer sich viel entspannter als am Anfang. Nun kannten sie ihn ja.
Er war zwar Ansons Bruder, aber nur in genetischer Hinsicht. Er war jemand, der flüchtete, kein Jäger. Er würde gehorchen. Sie wussten, dass er keinen wirksamen Widerstand leisten würde. Stattdessen würde er sich in sich zurückziehen und irgendwann zu betteln anfangen.
Sie kannten ihn, kannten seinen Typus. Nachdem alles in dem Müllbeutel untergebracht war, legte der Mann mit der Akne ihn weg und zog ein Paar Handschellen aus der Tasche.
Noch bevor man Mitch auffordern konnte, die Hände auszustrecken, bot er sie bereits dar.
Der Mann mit den Handschellen zögerte, Campbell zuckte die Achseln, und dann schnappten die Fesseln zu.
»Sie sehen erschöpft aus«, sagte Campbell.
»Ja, das bin ich auch«, sagte Mitch. »Komisch.«
Campbell legte die Pistole weg. »So ist es manchmal eben.«
Mitch versuchte gar nicht erst, die Handschellen auf ihren Sitz zu prüfen. Sie waren eng, und die Kette zwischen seinen Handgelenken war kurz.
Während Campbell die etwa vierzig Dollar zählte, die seine Handlanger Mitch abgenommen hatte, sagte er mit fast sanfter Stimme: »Vielleicht schlafen Sie auf der Fahrt sogar ein.«
»Wohin fahren wir?«
»Ich kannte mal jemanden, der eines Nachts bei so einer Fahrt eingeschlafen ist. Es war fast ein Jammer, ihn aufzuwecken, als wir angekommen sind.«
»Kommen Sie mit?«, fragte Mitch.
»Ach, das tue ich schon seit Jahren nicht mehr. Ich bleibe hier bei meinen Büchern. Auf dieser Reise brauchen Sie mich nicht. Sie werden sich schon fügen. Am Ende fügt sich jeder.«
Mitch ließ den Blick über die Regale voller Bücher schweifen. »Haben Sie welche davon gelesen?«
»Die Geschichtsbücher. Geschichte fasziniert mich, vor allem die Tatsache, dass nie jemand etwas daraus lernt.«
»Haben Sie daraus gelernt?«
»Ich bin Geschichte. Ich bin das, was niemand lernen will.«
Mit Händen, die so gewandt waren wie die eines Zauberkünstlers, ließ Campbell Mitchs Geld in seinem eigenen Portemonnaie verschwinden. Seine Bewegungen waren sparsam und dennoch theatralisch.
»Die beiden Herren werden Sie zum Fahrzeugpavillon bringen. Nicht durchs Haus, sondern durch den Garten.«
Wahrscheinlich wussten die Angehörigen des Haushaltspersonals, zum Beispiel die Dienstmädchen und der Butler, nichts von den grausameren Geschäften ihres Arbeitgebers. Vielleicht spielten sie auch mit, aber unter dem Deckmantel der Unwissenheit.
»Adieu, Mitch. Sie werden sich schon fügen. Es dauert nicht mehr lange. Vielleicht schlummern Sie auf der Fahrt sogar ein.«
Die beiden Gorillas packten Mitch jeweils an einem Arm und marschierten mit ihm quer durch die Bibliothek zur Gartentür. Der Mann mit dem Kratergesicht drückte ihm dabei die Mündung einer Pistole in die Seite, nicht schmerzhaft, nur zur Erinnerung.
Kurz bevor sie über die
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