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Todeszeit

Todeszeit

Titel: Todeszeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Koontz
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trug, musste er den Revolver gezwungenermaßen mit beiden Händen halten, was aber wahrscheinlich ohnehin besser war.
    Er hörte keine Schritte, nur sein donnerndes Herz. Dann knirschte der Schlüssel im Kofferraumschloss.
    Im selben Augenblick zuckte ihm ein Bild durchs Hirn: der Kopfschuss auf Jason Osteen. Immer wieder blinkte dieses Bild auf wie eine endlos laufende Filmschleife, der Einschlag der Kugel, der zerschmetterte Schädel, die Kugel, der Schädel …
    Als sich der Deckel hob, merkte Mitch, dass der alte
Wagen natürlich keine Kofferraumbeleuchtung hatte. Ein kleiner Vorteil. Mitch setzte sich ein Stück weiter auf und hob den Revolver.
    Vor ihm ragten die Silhouetten der beiden Männer auf, von Mondlicht beschienen.
    Mitchs Augen waren an völlige Dunkelheit gewöhnt, ihre nicht. Er saß im Dunkeln, sie standen im Mondlicht. Sie meinten, er sei ein gefügiger, gebrochener, hilfloser Mann, doch das war er nicht.
    Ohne den ersten Schuss bewusst abzugeben, spürte er den Rückstoß, sah den Mündungsblitz und hörte den Knall. Dann merkte er, wie er zum zweiten Mal den Abzug drückte.
    Die zwei aus kürzester Entfernung abgefeuerten Kugeln rissen eine der beiden Silhouetten aus der mondbleichen Nacht.
    Während die zweite Silhouette zurückwich, setzte Mitch sich ganz auf und drückte noch einmal, zweimal, dreimal ab.
    Der Hammer klickte, es war still, der Hammer klickte wieder, und Mitch fiel ein: Nur fünf, nur fünf!
    Er musste sofort raus aus diesem Kofferraum. Ohne Munition war er wie ein Fisch im Glas. Raus. Raus aus dieser Falle!

30
    Vor lauter Hast prallte Mitch mit dem Kopf an den Kofferraumdeckel und wäre fast wieder zurückgefallen, behielt jedoch im letzten Moment das Gleichgewicht. Benommen kletterte er heraus.
    Sein linker Fuß kam auf festem Boden auf, doch den rechten setzte er auf den zweimal getroffenen Gorilla. Er zuckte zurück und trat ungewollt noch einmal auf den Körper, der so weich war, dass Mitch stolperte und stürzte.
    Sofort rollte er sich von dem Körper weg an den Straßenrand. Dort hielt ihn eine wilde Hecke auf. Am öligen Geruch erkannte er Mesquitesträucher.
    Den Revolver hatte er verloren. Egal. Ohne Munition war der wertlos.
    Um ihn herum breitete sich eine ausgedörrte, vom Mond versilberte Landschaft aus: die enge, ungepflasterte Straße, dürres Gestrüpp, kahle Erde, Felsen.
    Mit seinen im fahlen Licht glänzenden Chromleisten sah der schnittige Wagen in dieser primitiven Umgebung merkwürdig futuristisch aus, wie ein Schiff, das zu den Sternen segeln sollte. Der Fahrer hatte nicht nur den Motor ausgeschaltet, sondern auch die Scheinwerfer.
    Der Kerl, auf den Mitch gerade zweimal getreten war, hatte nicht aufgeschrien. Auch aufgerichtet oder an Mitch geklammert hatte er sich nicht. Wahrscheinlich war er tot.
    Vielleicht war auch der andere Kerl nicht mehr am Leben. Seit Mitch aus dem Kofferraum geklettert war, hatte er ihn aus den Augen verloren.

    Wenn auch nur einer der letzten drei Schüsse sein Ziel getroffen hatte, dann lag der Bursche hinter dem Wagen auf der Straße und wartete auf die Geier.
    Der sandige Boden des Fahrwegs war reich an Quarz. Aus Quarz wurde Glas gemacht, und aus Glas machte man Spiegel. Deshalb reflektierte die Fahrbahn das Licht wesentlich stärker als jede andere Oberfläche im nächtlichen Dunkel.
    Auf dem Bauch liegend, hob Mitch vorsichtig den Kopf. Er konnte ein ganzes Stück weit sehen, wie die schwach leuchtende Straße sich in der Richtung, aus der sie gekommen waren, schmaler werdend durchs stachlige Gestrüpp wand. Eine zweite Leiche war nirgendwo sichtbar.
    Wenn der Kerl nicht zumindest einen Streifschuss abbekommen hatte, dann hätte er doch sicher auf Mitch gefeuert, als der aus dem Kofferraum geklettert war.
    Das hieß, Mitchs Gegner war getroffen ins Gebüsch oder hinter einen Felsen gehumpelt oder gekrochen. Er konnte überall da drüben liegen, seine Wunde begutachten und überlegen, wie er jetzt vorgehen sollte.
    Wütend war der Typ bestimmt, aber Angst hatte er nicht. Im Gegenteil, für solche Augenblicke lebte er. Er war ein Psychopath, der sicher nicht leicht kalte Füße bekam.
    Im Gegensatz dazu hatte Mitch klar und unzweideutig Angst vor dem Mann, der sich in der Nacht versteckte. Er fürchtete sich sogar vor dem, der neben dem Wagen auf der Straße lag.
    Wahrscheinlich war dieser Mann tot, aber selbst wenn dem so war, hatte Mitch trotzdem Angst vor ihm. Am liebsten hätte er sich von ihm ferngehalten.
    Keine

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