Todeszorn: Thriller (German Edition)
Leben«, stellte sein Gast fest.
»I hrer Auffassung nach handeln die Bundesbehörden bei der Ausübung ihrer dienstlichen Pflichten also in unlauterer Absicht?«
»V or allem das FBI .«
Raines sah ihn scharf an, erwiderte aber nichts. Der andere wich seinem durchdringenden Blick aus und tat so, als würde er sich wieder der Betrachtung der Einrichtung widmen, um zu demonstrieren, dass man ihn so leicht nicht einschüchtern konnte.
»D ann kommen wir mal zur Sache«, schlug Raines vor.
2
Nach einer kurzen Unterredung wartete Raines in dem größten der drei Blockhäuser, während einer seiner Männer ihrem Besucher den Rest des Geländes zeigte.
Durch eine Tür am hinteren Ende des Wohnbereichs betrat er sein Büro, setzte sich an seinen bescheidenen Schreibtisch und atmete ein Mal tief durch. Er fühlte sich ausgelaugter als je zuvor in seinem Leben.
Die Fahrt hier hinauf über die Waldpiste hatte seine Erinnerungen geweckt– er und seine Kameraden in dem Landrover, der sich rumpelnd und schaukelnd über die zerfurchten Holperpfade quälte, die in Afghanistan als Straßen galten.
Sie warteten über eine Stunde bei dem Mohnblumenfeld; das Meer rosafarbener Blüten wirkte beinah surreal in dem diffusen Dunstschleier der Wüste.
Die Soldaten blieben ständig in Bewegung, hielten sich nicht länger als nötig an einem Punkt auf und waren stets auf der Hut vor allem um sie herum; aus Furcht, in ein Minenfeld zu geraten, entfernten sie sich nie allzu weit von dem Fahrweg, der um das Feld herumführte. Raines hatte die entsetzlichen Verstümmelungen gesehen, die explodierende Minen zwei Männern seiner Kompanie zugefügt hatten. Dank des unverzüglichen Einsatzes der Rettungsflieger des MedEvac -Teams hatten sie zwar überlebt, würden aber für den Rest ihres Lebens gezeichnet sein.
Nachdem die örtlichen Polizeikräfte das Feld in Brand gesetzt und die Flammen sich an ihr zerstörerisches Werk gemacht hatten, begab man sich zurück zu den Fahrzeugen. Die Temperatur betrug fast vierzig Grad und setzte ihnen heftig zu.
Im Laderaum des Landrover nahmen sie dieselben Plätze ein wie auf der Hinfahrt. Niemand sprach ein Wort, als der Wagen sich in Bewegung setzte. Alle waren in die Betrachtung der dunklen Rauchwolke versunken, die von dem Mohnfeld in den makellos blauen Himmel stieg.
Als sie wieder durch Lashkar Gah fuhren, machte Raines erneut die Primitivität des Ortes betroffen, obwohl er schon wiederholte Male hier gewesen war. Die Häuser waren fast ausnahmslos aus Ziegeln und Lehm gebaut, und die Straßen waren kein bisschen besser als die Piste, die sie von ihrem Lager aus hierhergeführt hatte.
Nirgendwo waren Frauen zu entdecken; es gab nur Männer mit zerfurchten Gesichtern, die das Vorbeifahren des Konvois beobachteten. Gelegentlich lief eine Gruppe Kinder rufend und den Soldaten zuwinkend ein Stückchen neben dem Wagen her.
Horn wandte sich zum Fenster und winkte einem besonders begeisterten Jungen, der gut fünfzig Meter mit ihnen mithielt; Johnson hatte dafür nur ein Kopfschütteln übrig.
»W as ist?«, fragte Horn verstimmt.
»S chon gut«, sagte Johnson.
Horn starrte ihn an.
»O bwohl Sie schon so lange hier sind, entwickeln Sie immer noch eine Beziehung zu diesen Menschen?«, fragte Johnson nach kurzem Schweigen.
»W as sollen wir denn sonst machen?«
Raines spürte die Animosität zwischen den beiden Männern, mischte sich aber nicht ein. Soldaten mussten ihr Handwerk lernen, indem sie sich die Hände schmutzig machten – oder blutig. Und Aggressionen waren Teil der Arbeitsplatzbeschreibung. Allerdings bewunderte er Horns Zähigkeit – für einen behüteten Mittelklassejungen, der sich freiwillig für den Kriegseinsatz gemeldet hatte, war er kein schlechter Kerl. Nicht zum ersten Mal musste Raines daran denken, dass er stolz auf seinen Sohn gewesen wäre, hätte dieser sich wie Matt Horn entwickelt – wenn es denn seinem Sohn vergönnt gewesen wäre, seinen sechsten Geburtstag zu erleben.
Sie passierten einen etwas moderner aussehenden Teil der Stadt, und der weibliche Lieutenant erkundigte sich, warum die anderen Häuser so primitiv seien.
»D as hier ist Klein-Amerika«, beantwortete Raines ihre Frage. »W ir waren in den sechziger Jahren schon einmal hier, haben dies und das gebaut und sind dann wieder nach Hause geflogen.«
»A n Orten wie diesen hält sich niemand freiwillig länger auf«, sagte die Frau.
»S ehen Sie darin Ihre Aufgabe?«
»W ie meinen Sie das?«
»A
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