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Todgeweiht im Münsterland - Westfalen-Krimi

Todgeweiht im Münsterland - Westfalen-Krimi

Titel: Todgeweiht im Münsterland - Westfalen-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: emons Verlag
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fünfzehn Jahren wieder zu melden. In der damaligen Zeit bedeutete
das, die jungen Männer mussten von einigen Familienmitgliedern für immer
Abschied nehmen, denn sie konnten kaum hoffen, nach so langer Zeit alle noch
gesund und munter vorzufinden. Eine harte Entscheidung, die zeigte, wie wichtig
diesen beiden Männern der Frieden zwischen den Familien und die erfolgreiche
Zusammenarbeit war.
    Doch der eine
Vater spielte falsch und ermordete den fremden Sohn, damit sein eigen Fleisch
und Blut bald wieder nach Hause zurückkehren konnte. Die anderen
Familienmitglieder wussten nichts von dem Pakt der Väter, und so legte sich der
Sturm. Der eine Sohn war tot, aber alle glaubten, er wäre in die Ferne gereist,
der andere Sohn kehrte auf den elterlichen Hof zurück, kaum dass der Vater des
Ermordeten vier Jahre später verstorben war. Es war ein Buch über Ehre und
Gewissen, über die Macht der Rache und die Bedeutung der Familie im 19. Jahrhundert. Spannend, mit einem melancholischen Beigeschmack. Lesenswert.
    Cornelia Nüßing
stand vor der Küchenzeile, starrte die Milchtüte an und fragte unerwartet:
»Kann ich mir einen Kakao machen?«
    Völlig perplex
konnte ich nur nicken und gab ihr Hinweise, wo sie finden konnte, was sie dazu
brauchte. Sie hatte eine schnelle Auffassungsgabe, und dank meiner modernen
Mikrowelle saß sie gleich darauf mit einer dampfenden Tasse Kakao vor mir.
    Bisher hatten sich
die Frauen, die mich besuchten, immer nur einen Kaffee anbieten lassen, mit
wenig Milch und ohne Zucker. Eine Bitte, die oft von einer angedeuteten Geste
zu den Hüften begleitet wurde. Alle waren allerdings weniger üppig gewesen als
Cornelia Nüßing, die nun noch einen Löffel Zucker in ihre Tasse rührte. Mir
gefiel das.
    »Kennen Sie das,
wenn man Todesangst hat? Wenn man um sein Leben bangen muss, als wäre man
vogelfrei?« Sie schaute mich wieder mit ihren strahlenden Augen an, und ich
schüttelte, zu meiner eigenen Verwunderung, vehement den Kopf.
    »Vielleicht ist es
besser, Sie erzählen mir die Geschichte von Anfang an«, sagte ich. »Was hat es
mit dem Buch Ihres Bruders auf sich, und vor wem haben Sie solche Angst?«
    Sie nippte immer
wieder an ihrem Kakao, schließlich sprach sie.
    »Vor zwei Jahren
verstarb mein Großvater. Er wohnte im Altenheim, und Andreas und ich haben uns
abwechselnd um ihn gekümmert. Viele seiner Sachen waren allerdings in unserem
Elternhaus untergebracht, in dem Andreas auch heute noch lebt. Unsere Eltern
sind schon vor langer Zeit bei einem Autounfall ums Leben gekommen. Nach seinem
Tode hat Andreas die Sachen sortiert. Dabei hat er ein altes Tagebuch gefunden.
Richtig alt. Der erste Eintrag war datiert auf den 22. August 1887.«
    Sie machte eine
bedeutsame Pause, und ich ahnte, was sie damit andeuten wollte. Dennoch kamen
mir meine Probleme noch immer ungleich größer vor als ihre.
    Rumms. Mit einem
lauten Knall landete die Kakaotasse auf meiner Glasplatte.
    »Was ich damit
sagen will, ist, dass Andreas die Geschichte in seinem Buch nicht erfunden hat!
Sicher, er hat einige Personen neu entwickelt und frei gestaltet, aber das
Kernthema ist ein reales Ereignis!«
    »Aber das machen
viele Schriftsteller so. Solange man nicht die Rechte lebender Personen
verletzt …«
    Sie schüttelte den
Kopf und wischte ungeduldig mit der Hand durch die Luft. »Sie verstehen nicht.
Was glauben Sie denn, wie die Nachfahren der anderen Familie die Nachricht
aufnehmen werden, dass der eine Sohn von meinem Vorfahren hinterhältig ermordet
und verscharrt worden ist? Ganz abgesehen davon, dass auch der erste Todesfall
auf das Konto unserer Familie ging. Glauben Sie mir. Das gibt ein neues
Blutbad, eine neue Fehde.«
    Ich hielt die Dame
für ein wenig überspannt, fragte aber vorsichtig: »Warum haben Sie nicht mit
Ihrem Bruder geredet, bevor er sein Manuskript eingeschickt hat?«
    »Dieser Narr hat
mir erst jetzt davon erzählt. Ich bin Historikerin und war drei Monate in Kairo
beschäftigt. Letzte Woche bin ich zurückgekommen und habe ihn besucht. Da hat
er mir stolz erzählt, dass sein zweites Buch nun auch veröffentlicht worden ist
und wovon es handelt.« Ihren Kopf in beide Hände gestützt, sah sie plötzlich
sehr müde aus. Ihre gebräunte Haut, die ich einem verspäteten Sommerurlaub
zugeschrieben hatte, gab ihr etwas Exotisches.
    Als ich das
Schweigen zwischen uns gerade überraschend angenehm fand, begann sie, mir
einige merkwürdige Fragen zu stellen.
    »Kennen Sie den
Begriff der

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