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Todgeweiht im Münsterland - Westfalen-Krimi

Todgeweiht im Münsterland - Westfalen-Krimi

Titel: Todgeweiht im Münsterland - Westfalen-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: emons Verlag
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Familienschuld, Michael? Ist Ihnen die wahre Bedeutung des Spruchs
›Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm‹ bewusst? Wissen Sie, dass Kinder, deren
Mutter oder Vater Selbstmord begangen hat, überdurchschnittlich oft ebenfalls
zur Selbsttötung neigen? Haben Sie schon einmal gehört, dass die Macht eines
Familientyrannen noch über seinen Tod hinaus wirksam sein kann?«
    Ich fuhr mir
unsicher durch meine Haare und dachte daran, dass ich mich wirklich dringend
einem Pastor anvertrauen sollte. Es war, als drängten sich einige der
phantastischen Romanfiguren, die mir in meiner Arbeit begegnet waren, plötzlich
in mein reales Leben.
    Als hätte das unberechenbare
Geschöpf meine Gedanken erraten, sagte Cornelia: »Glauben Sie mir, die Erbsünde
der Kirche ist längst nicht so belastend wie alte Familiengeheimnisse und die
Schuld der Vorfahren.«
    Sie stand auf und
lief wieder in meiner Wohnung herum. »Mein Cousin hat eine Morddrohung
erhalten. Das ist bei ihm nicht so ungewöhnlich, wie es zunächst klingt, denn
er ist Richter am Oberlandesgericht in Hamm. Doch wenn das Buch bereits zu
lesen ist, dann hat es wohl begonnen.«

DREI
    »Es tut mir
schrecklich leid, Martina, aber mir ist eine Familienangelegenheit
dazwischengekommen. Ich muss dich heute Abend versetzen.« Ich hoffte,
zerknirscht zu klingen, aber als am anderen Ende der Leitung plötzlich ein
lautes Lachen ertönte, fühlte ich mich hintergangen.
    »Ach, Michael. Ich
wusste, dass du absagen würdest, deshalb sitze ich hier mit Anja, du kennst
sie, und mache mir einen gemütlichen Abend. Ich freue mich auf meine Hochzeit.
Mach’s gut, Michael.« Sie klang irgendwie distanziert und sprach meinen Namen
englisch aus.
    Ich starrte auf
den Hörer und schnaubte. Konnte man es mir verdenken, wenn ich an einem meiner
letzten Abende eine Verabredung absagte, von der ich wusste, dass sie nicht zu
einem lohnenswerten Ziel führen würde? Ich hatte doch nur noch wenig Ziele und
noch weniger Zeit.
    Im Übrigen hatte
ich nicht einmal gelogen. Schließlich war ich mit Cornelia Nüßing verabredet,
um ihr bei einer Familienangelegenheit beizustehen. Sie wollte sich ein
Familienstammbuch besorgen und dann eine Liste der Personen zusammenstellen,
die ihrer Meinung nach in Gefahr waren, von dieser Blutrache aus dem 19. Jahrhundert eingeholt zu werden. Sie sollten gewarnt werden.
    Ich befand mich
psychisch sicherlich in einem Ausnahmezustand, blieb jedoch meinem Naturell
insofern treu, als ich arge Zweifel an dieser Geschichte hatte. Mir kam die
Lage längst nicht so brisant vor. Doch ich hielt mich zurück. Heute Abend hatte
ich mit einer interessanten Frau essen wollen, und das tat ich nun, wenn auch
unter Voraussetzungen, die den zweiten Punkt auf meiner Liste eher zu einem
unwahrscheinlichen Ereignis werden ließen.
    Da mir bis zum
Abendprogramm noch ein paar Stunden Zeit blieben, hatte ich es mir mit dem
Telefon auf der Couch bequem gemacht, den vierten Kaffee getrunken und einige
Telefonate getätigt. Ich hatte mich erinnert, dass ich auf einer Lesung mal
einen Ordensbruder der Alexianer kennengelernt hatte. Die Alexianergemeinschaft
war in Münster sehr rege vertreten, sie bot zahlreiche Dienstleistungen im
Gesundheitswesen an. Das Alexianer-Krankenhaus in Münster-Amelsbüren
beispielsweise war vor allem durch seine integrativen Angebote immer wieder in
den Lokalnachrichten. Die Alexi- aner lebten nach den Gesetzen des heiligen
Augustinus und gehörten zur katholischen Kirche, soviel wusste ich. Der Mönch
damals war ungefähr in meinem Alter gewesen, und seine offene, humorvolle Art
hatte mir sehr gefallen.
    Mein
Gesprächspartner über das heikle Thema Tod und Religion wollte gut ausgewählt
sein. Ein beliebiger Gemeindepfarrer wäre vielleicht kraft seines Amtes dazu
verpflichtet, mich zur Beichte zu überreden, womöglich würde er mir in
tröstlicher Absicht die letzte Ölung vorschlagen.
    Haben Sie schon
einmal einen Priester in ein Krankenzimmer treten sehen, verschiedene
Utensilien in der Hand und die breite Schärpe um die Schultern gelegt, der
Gesichtsausdruck eine Mischung aus Mitleid, Trost und Konzentration, als
spräche er direkt mit Gott und durch ihn? Ein Todesbote par excellence, wie ich
finde. Der Arzt geht ohne Hoffnung auf einen heilenden Ausgang aus dem Zimmer
und macht Platz für die innere Reinigung des Patienten.
    Meine Großmutter
hat den Besuch des Priesters um genau zwei Stunden überlebt. Aber in diesen
zwei Stunden hat sie derartig

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