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Todgeweiht im Münsterland - Westfalen-Krimi

Todgeweiht im Münsterland - Westfalen-Krimi

Titel: Todgeweiht im Münsterland - Westfalen-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: emons Verlag
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krausen, noch
immer recht fülligen Haare an derartigen Gedanken schuld. »Sie hatte es sehr
eilig.« Nun schaute die ältere Dame mich beinahe vorwurfsvoll an. »Und sie
hatte einen merkwürdigen Gang.«
    »Sie hatte einen
wunderbaren Gang«, neckte ihr Mann sie, doch seine Frau zog ihre Stirn faltig
und schaute, als wäre ich ihr eine Erklärung schuldig. »Sie ging irgendwie
merkwürdig.«
    Sie starrte mich
nachdenklich an, ich starrte zurück und hoffte auf eine Erläuterung. Plötzlich
stieß sie ihren Mann an und sagte: »Erinnerst du dich an diesen alten
Monumentalfilm, den wir immer zu Ostern schauen? Den Film über Jesus? Wie der
übers Wasser läuft, das hat genauso ausgesehen wie bei der Frau. Möchte wissen,
wie die das macht.«
    Mir wurde
schlecht, ich murmelte eine Entschuldigung und stürzte davon.
    Einige Zeit später
saß ich an der Hotelbar und starrte in das zweite Glas eines mir unbekannten
Cocktails. Es kann sehr beruhigend sein, mit einem Strohhalm zwischen
exotischem Obst zu stochern und hin und wieder einen schlürfenden Schluck durch
das enge Rohr zu ziehen. Das alkoholhaltige Getränk kommt so langsam und
kontrolliert im Mund an.
    Ich dachte über
das Erlebte nach. »Du stirbst in fünf Tagen, weißt du das?« Dieser Satz drängte
sich immer wieder nach vorne. Ich rief mir die Frau in Erinnerung, ihre Worte
und ihre Art, sich zu bewegen, und auch die Aussage des älteren Ehepaars. Die
beiden hatten an meiner mysteriösen Frau nur einen auffälligen Gang bemerkt.
Der Mann hatte sich sogar über ein Augenzwinkern gefreut. Nach alldem, was ich
über diese Person zu wissen glaubte, wäre ich über ein Augenzwinkern stark
beunruhigt gewesen.
    Ich hatte deutlich
gesehen, dass sie keine Fußspuren hinterlassen hatte, obwohl sie zweifelsfrei
durch den Sand gelaufen war. Und andere Menschen hatten sie auch gesehen.
Vielleicht gab es für alles eine Erklärung? Noch hatte ich sie, diese ganz
kleine Hoffnung, die mich aufrechthielt. Doch dann geschah etwas und ließ mich
endgültig an die Unabwendbarkeit meines vorhergesagten Schicksals glauben.
    Noch während ich
den letzten klebrigen Rest aus meinem Cocktailglas saugte, hörte ich an der
Rezeption des Hotels lebhafte, aufgeregte Stimmen. Das war an sich nichts
Ungewöhnliches um diese Zeit, denn die Gäste strebten allmählich zur
Abendmahlzeit. Befremdlich war nur das schrille und verzweifelte Weinen einer
älteren Dame. Was konnte die Frau so in Aufruhr gebracht haben? Mir kam der
überhebliche Gedanke, dass ich über die Probleme dieser Dame wahrscheinlich
lächeln würde. Vielleicht hatte man ihr die Handtasche gestohlen, oder sie
hatte einen Anruf bekommen, dass ihr Dackel verstorben war. Ich aber sollte in
fünf Tagen niemals mehr in der Lage sein, zu weinen oder zu schreien. Entnervt
verließ ich die Bar, um mich für ein Abendessen herzurichten, bei dem mir
wahrscheinlich jeder Bissen wie ein Stein durch die Kehle wandern würde.
    Ich kam nicht sehr
weit. Fünf Meter von der Rezeption entfernt blieb ich stocksteif stehen. Draußen
näherte sich das grelle Tuten eines Martinshorns, ein Rettungswagen hielt vor
dem Eingang des Hotels, und zwei Männer eilten an mir vorbei. Ein
Hotelangestellter im dunklen Anzug lief ihnen entgegen und wies ihnen den Weg
zum Aufzug, während er mit einer unauffälligen, aber deutlichen Handbewegung
einer Frau an der Rezeption zu verstehen gab, sie solle sich um die alte Dame
kümmern.
    Diese weinende
Dame war keine Unbekannte für mich. Keine zwei Stunden war es her, dass sie mit
ihrem Mann auf einer Bank gesessen und mir freundlich Auskunft erteilt hatte.
    »Sie hat mir
zugezwinkert.« Die Worte ihres Gatten klangen mir in den Ohren wie eine düstere
Ahnung.
    Als wenig später
der Mann im dunklen Anzug mit dezentem Kopfschütteln zur Rezeption ging, um
eine Telefonnummer herauszusuchen, und einige Minuten danach auch die
Rettungssanitäter mit nun deutlich weniger Eile zu ihrem Wagen zurückkehrten,
da wusste ich es ganz sicher: Ich würde sterben. Zwar hatte ich ein paar Tage
länger bekommen als der alte Mann, doch dieser kurze Zeitraum stand in keinem
Verhältnis zu unserem Altersunterschied. Er hatte sein Leben gelebt. Keiner in
diesem Hotel würde sich wundern, wenn ein älterer Herr plötzlich durch einen
Herzinfarkt oder einen Schlaganfall verstarb. Ich hingegen – ich hatte es
bereits erwähnt –, ich war erst einundvierzig Jahre jung!
    Warum nur hatte
die Frau es mir überhaupt gesagt? Damit ich in

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