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Todtsteltzers Ehre

Todtsteltzers Ehre

Titel: Todtsteltzers Ehre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon R. Green
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von den Umständen getrieben als aufgrund eigener Pläne
und Wünsche handelnd. Überall um ihn herum spannen Intriganten und Verschwörer ihre Netze, von denen er meist nicht
mehr mitbekam als den Schatten, den sie beiläufig auf sein
Leben warfen. Und letztlich fand er, daß es trotz seiner Absichten und seiner kühnen Gefährten und der geheimnisvollen
Kräfte, die ihm das Labyrinth des Wahnsinns verliehen hatte,
die eigene schiere Sturheit gewesen war, die ihn gegen den
Eisernen Thron geführt hatte, und die Weigerung, sich ungünstigen Chancen zu beugen, die einen Mann mit mehr Vernunft
abgeschreckt hätten.
Er war zum Helden und zum Retter der Menschheit geworden, und niemanden hatte das mehr überrascht als ihn selbst.
Er hatte erwartet zu scheitern. Zu sterben, und zwar qualvoll.
Statt dessen stürzte er ein Imperium, das über ein Jahrtausend
Bestand gehabt hatte, setzte die Herrscherin ab, vernichtete
ihren Thron und erlebte das Ende praktisch jeder sozialen und
politischen Struktur mit, an die er glaubte. Und damit begannen
die Probleme erst richtig.
Löwensteins Leichnam war noch nicht erkaltet, als schon die
Geier herabstießen. Noch während die letzten Gefechte tobten,
setzte zwischen den diversen Gruppierungen der Rebellen ein
heftiger Streit darüber ein, was genau an die Stelle des alten
Systems treten sollte. Selbst die wenigen, die am Ende persönlich beteiligt waren, konnten zu keiner Übereinkunft gelangen.
Owen hätte am liebsten gehabt, daß die Dinge weitgehend so
blieben wie bisher, daß nur ein paar politische Reformen
durchgeführt und ein paar Ungerechtigkeiten bestraft wurden.
Hazel hätte am liebsten das ganze System niedergerissen und
die Familien für Verbrechen gegen die Menschlichkeit vors
Kriegsgericht gebracht. Jakob Ohnesorg beharrte auf Demokratie für alle, einschließlich aller Klone und Esper und sonstiger
Unpersonen. Ruby Reise wollte die Beute sehen, die man ihr
versprochen hatte.
Bald schlossen sich ihnen bei Hofe Vertreter der Klon- und
Esper-Bewegung an sowie politischer Randgruppen aller Formen und Schattierungen und mehr religiöser Gruppierungen,
als man überhaupt zählen konnte. Alle erpicht darauf, ihre Vorstellungen durchzusetzen. Zum Glück waren alle zu müde, um
sofort einen neuen Krieg vom Zaun zu brechen. Der Streit entwickelte sich zu einer Sackgasse, und alle stampften in unterschiedliche Richtungen auseinander, um neue Pläne und Intrigen zu schmieden. Im Moment besorgte das Parlament die Alltagsgeschäfte des Imperiums, weil das ja irgend jemand tun
mußte, und die Abgeordneten hatten wenigstens Erfahrung auf
diesem Gebiet. Niemand traute ihnen auch nur so weit, wie er
spucken konnte, aber das wiederum war nichts Neues.
Männer und Frauen, die einmal miteinander verbündet gewesen waren, darauf eingeschworen, sich bis in den Tod und darüber hinaus zu verteidigen, bekämpften einander nun heftig
über dogmatische Punkte und Fragen der Vorrangstellung.
Owen vermutete, daß ihn das nicht hätte überraschen dürfen.
Er war schließlich Historiker. Alles, was die diversen Rebellengruppen gemein gehabt hatten, war ein gemeinsamer Feind.
Und obwohl sie alle mit Begriffen wie Gerechtigkeit und Freiheit um sich warfen, bedeuteten sie für unterschiedliche Leute
auch Verschiedenes.
Und dann war da noch das Abkommen, das Ohnesorg inmitten des verzweifeltsten Kampfes geschlossen hatte – nämlich
die aristokratischen Familien zwar abzusetzen, aber nicht zu
vernichten. Als sich die großen Häuser mit einer zunehmend
siegreichen Armee konfrontiert sahen, die nach ihrem kollektiven Blut schrie, schlossen sie sich zusammen und boten an, auf
Macht und Privilegien zu verzichten, falls man ihnen dafür
erlaubte, als rein ökonomische Mächte zu überleben. Das war
das Zuckerbrot. Die Peitsche bestand in ihrer Drohung, die
wirtschaftliche Basis des ganzen Imperiums zu zerstören und
jede zivilisierte Welt in die Barbarei zurückzuschleudern. Niemand bezweifelte, daß sie dazu fähig waren. Und so traf Ohnesorg das Abkommen, um Milliarden das Leben zu retten, aber
niemand dankte ihm dafür. Der Mann auf der Straße sah sich
um seine Rache betrogen; die Rebellen warfen ihrem geliebten
Helden vor, er hätte seine politischen Überzeugungen verkauft;
und die Familien haßten ihn, weil sie ihren hochgeschätzten
Adelsstand verloren hatten. Ohnesorg mußte eine Sekretärin
einstellen, nur um sich um die Haßbriefe und Morddrohungen
zu kümmern.
Und als wäre die Lage

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