Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Todtstelzers Schicksal

Todtstelzers Schicksal

Titel: Todtstelzers Schicksal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon R. Green
Vom Netzwerk:
allem entfernt, was Eurem Herzen nahe steht.«
    Die vier Menschen betrachteten das Labyrinth des Wahnsinns und spürten, wie es den Blick erwiderte. Auf den ersten
Eindruck schien es leicht zu überblicken, war es ein einfaches
Muster aus hohen Stahlwänden, die leuchteten und glänzten,
aber je mehr man es in Augenschein nahm, desto komplexer
trat es zutage. Das Muster entfaltete sich vor den Augen der
vier Menschen wie eine Blüte, wurde immer subtiler und komplizierter, Gehirnwindungen ähnlich. Die Wände waren vier
Meter hoch und weniger als einen Zentimeter dick, und Owen
erinnerte sich noch deutlich daran, wie tödlich kalt sie gewesen
waren, wenn man sie anfasste. Die Wege zwischen den Wänden führten zu Wissen und Wahnsinn, zu Inspiration und Evolution oder zu einem entsetzlichen Tod, zur Geburt einer neuen
Art von Menschheit oder dem Tod der alten. Das Labyrinth barg jeden Traum, den man je gehabt hatte, einschließlich aller
Albträume. Vielleicht die Albträume ganz besonders. Eine Geburt verläuft immer schmerzhaft.

Und das Labyrinth rief sie. Sie alle vernahmen den Ruf auf
einer Ebene, die sie nicht verstehen und der sie sich nicht widersetzen konnten. Wie Hazel schon gesagt hatte nicht nur im
Scherz –, hatten sie unerledigte Geschäfte mit dem Labyrinth ,
Oder dieses mit ihnen. Schwejksam betrachtete die schimmernde Konstruktion vor ihnen und versuchte, sich an die guten Männer und Frauen seiner Besatzung zu erinnern, die das Labyrinth getötet hatte, aber trotzdem zog ihn etwas dorthin. Er
hatte es nie ganz durchschritten. Er war umgekehrt, um Investigator Frost zu retten, deren Leben gerade von der Konstruktion bedroht worden war; das hatte er nicht hinnehmen können.
Ein Teil von ihm hatte sich stets gefragt, zu was er sich womöglich entwickelt hätte, wäre er dem Weg bis ans Ende gefolgt, bis in den Kern. Bis ins Zentrum der Mysterien.
    Owen betrachtete das Labyrinth des Wahnsinns und dachte
an all die erstaunlichen Dinge, die er in seinem kurzen, legendären Leben vollbracht hatte. Er hatte vieles erreicht, Wunder
gewirkt, war seinem Pflicht- und Ehrgefühl gefolgt, wohin es
ihn auch führte, aber er konnte nicht aufrichtig behaupten, dass
ihn irgendetwas davon glücklich gemacht hatte. Seinen sämtlichen Wünschen und Überzeugungen zum Trotz war er gezwungen worden, sein Gelehrtendasein aufzugeben und zu dem
Krieger zu werden, der er nie hatte werden wollen. Er hatte
miterlebt, wie gute Freunde ebenso starben wie seine Feinde,
um einen fragwürdigen Sieg zu erzielen und ein Imperium herbeizuführen, das er nicht wieder erkannte und von dem er sich
nicht mehr als Teil empfand. Das Labyrinth hatte sein Leben
für immer verändert und ihn zu so viel mehr gemacht, als er
zuvor gewesen war; nach wie vor wusste er jedoch nicht, ob er
es dafür loben oder verdammen sollte.
    Hazel musterte das Labyrinth mit finsterer Miene, die Hand
auf der Pistole an ihrer Hüfte. Sie erinnerte sich nicht gut an
ihren früheren Weg durch das Labyrinth , was wenigstens zum
Teil auch daran lag, dass sie sich gar nicht erinnern wollte, aber
sie war sich wirklich sicher, dass das verdammte Ding eigene
Absichten verfolgte, nicht unbedingt solche, mit denen sie
übereinstimmte. Hazel hatte in ihrem Leben schon viele Rollen
gespielt, von Klonpascherin und Piratin über Rebellin bis hin
zur offiziellen Heldin, und sie verabscheute den Gedanken,
dass irgendeine davon nicht ihre eigene Idee gewesen war.
Falls sie das Labyrinth jetzt aufs Neue betrat, welche neuen
Veränderungen würde es in ihr herbeiführen? Was wurde womöglich aus ihr?
    Carrion sah das Labyrinth des Wahnsinns an und entdeckte
vielleicht mehr als die anderen, weil er so lange mit den Ashrai
zusammen in dem Metallwald gelebt hatte. Er erblickte seltsame Energien, die in endlosen Spiralen den stählernen Wegen
folgten, erblickte Potenziale und Möglichkeiten, die ihn zugleich faszinierten und erschreckten. Er hieß diese Gefühle
willkommen, denn es war so lange her, seit er zuletzt überhaupt
etwas empfunden hatte.
    »Nun?«, fragte der Wolfling schließlich. »Ihr habt einen langen Weg zurückgelegt. Möchte niemand etwas sagen?«
»Falls wir … den Projektor im Labyrinth finden, müssen wir
hineingehen«, sagte Carrion. »Aber Ihr habt den Todtsteltzer
gehört. Wir tauschen vielleicht nur eine Gefahr durch eine neue
aus.«
»Falls sich das Baby als Bedrohung erweist, vernichte ich
es«, erklärte Schwejksam.

Weitere Kostenlose Bücher