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Todtstelzers Schicksal

Todtstelzers Schicksal

Titel: Todtstelzers Schicksal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon R. Green
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Bäume ragten hoch und stolz auf, drapiert mit
schwerem Sommergrün. Das goldene Sonnenlicht fiel in schrägen Balken durch den Baldachin aus miteinander verflochtenen
Zweigen in großer Höhe. Staubkörner schwebten träge im
schimmernden Licht. Schwer hing der Duft von Erde und
Mulch und Blättern und wachsenden Dingen in der Luft. Bei
all seiner Erhabenheit war der Wald still und reglos; nirgendwo
konnte man einen Laut vernehmen. Das war kein echter Wald,
keine Naturerscheinung. Die Wolflinge hatten ihn vor sehr langer Zeit geschaffen, damit sie hier herumlaufen und spielen
und jagen konnten. Jetzt waren sie alle verschwunden, von
Wulf abgesehen, dem Letzten seiner Art. Der Wald jedoch
blieb.
    Owen und Hazel sahen Schwejksam und Carrion an, die ihren Blick direkt erwiderten. Nach einem Augenblick, der schier
nicht vorübergehen wollte, strafften sich Owen und Schwejksam und entfernten die Hände ostentativ von ihren Schusswaffen. Sie nickten einander kurz zu – die größte Annäherung an
eine Verbeugung, die zwischen zwei so alten Rivalen möglich
war. Respekt war zwischen ihnen nie ein Problem gewesen,
nur die Politik. Und ganz unterschiedliche Vorstellungen von
Pflicht. Hazel schniefte laut und verlagerte ihre Hand von der
Waffe zum Gürtel. Carrion lehnte sich gelassen auf seine Energielanze.
    »Nun«, sagte Owen schließlich, »es ist lange her, dass wir
uns zuletzt gesehen haben, nicht wahr, Kapitän?«
»Seit Löwensteins letzter Audienz«, bestätigte Schwejksam.
»War eigentlich nur gut so. Wir hatten im Grunde nie viel gemeinsam, außer den Dingen, über die wir uns gestritten haben.«
»Wer ist dein Freund in Schwarz?«, wollte Hazel wissen.
»Ich bin Carrion, ein Verräter und Zerstörer von Planeten.
Ich bringe Unglück.«
Hazel musterte ihn unbeeindruckt. »Ganz schön von sich
eingenommen, nicht wahr?«
Schwejksam und Owen tauschten verständnisvolle Blicke
aus, in Anerkennung einer gemeinsamen Geschichte, Zugeständnisse für ihre Gefährten machen zu müssen. Hazel und
Carrion bekamen diese Blicke mit, begriffen sie jedoch nicht,
was wahrscheinlich nur gut war. Um erst mal nichts weiter
sagen zu müssen, blickten sich alle um und musterten den
Wald, und der Wald erwiderte den Blick. Die anhaltende Stille
war unheimlich.
»Wir alle haben einen weiten Weg hinter uns«, sagte Owen
schließlich, nicht zuletzt deshalb, um überhaupt irgendetwas zu
sagen. »Habt Ihr geglaubt, dass Euer Leben Euch hierher führen würde, Kapitän? Ist das die Zukunft, die Ihr zu Beginn Eurer Laufbahn für Euch erwartet habt?«
»Ich habe schon lange nicht mehr über die Zukunft nachgedacht«, antwortete Schwejksam. »Die Gegenwart beschäftigt
mich genug.«
»Ich kenne das Gefühl«, sagte Owen. »Aber mir erscheint es
… irgendwie passend, dass wir hier gelandet sind, wo alles
begann. Das Ende vieler Geschichten führt wieder zu ihrem
Ausgangspunkt zurück.«
»O Gott, er hat wieder die Metaphysik ausgepackt!«, beschwerte sich Hazel. »Sieh mal, Owen, wir sind nur gekommen, weil unser letztes unerledigtes Geschäft hier wartet. Das Labyrinth hat uns mit unglaublichen Kräften ausgestattet. Ich
wusste schon immer, dass wir letztlich den Preis dafür entrichten müssen.«
»Ja«, sagte Carrion. »Alles hat seinen Preis. Keine gute Tat
bleibt ungestraft.«
Owen und Schwejksam ignorierten beide mit einer Leichtigkeit, die aus langer Übung resultierte. »Habt Ihr schon vom
jüngsten Rückschlag gehört?«, erkundigte sich Schwejksam.
»Die Neugeschaffenen fegen durch die Überreste unserer Flotte
und halten direkten Kurs auf Golgatha. Sollte die Heimatwelt
fallen, fällt das ganze Imperium mit ihr, dicht gefolgt von der
gesamten Menschheit. Nur wir sind übrig, um den Sieg noch
aus dem Maul der Vernichtung zu reißen.«
»Ach verdammt«, sagte Owen. »Es wäre nicht das erste
Mal.«
»Aber die Lage ist diesmal ganz anders«, warf eine tiefe,
knurrende Stimme ein, und alle drehten sich abrupt zu ihr um.
Der Wolfling war hinzugetreten, ohne dass irgendjemand es
gehört hätte, und stand jetzt groß und stolz und sehr verbittert
vor ihnen – Wulf, der Letzte seiner Art. Sein Körperbau ähnelte dem eines Menschen, aber er stand nicht wie ein Mensch.
Locker zwei Meter vierzig groß, ragte er über die anderen auf,
eine beherrschende, drohende Präsenz. Breite Schultern bedeckten eine tonnenförmige Brust und eine lange, schmale
Hüfte, und der ganze Körper war von einem dicken

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