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Todtstelzers Schicksal

Todtstelzers Schicksal

Titel: Todtstelzers Schicksal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon R. Green
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das Labyrinth, hin zu dessen
Kern. Er war früher schon dort gewesen und erinnerte sich an
den Weg. Er hatte das Gefühl, wieder ein Kind zu sein, zur
Wärme und Geborgenheit des heimischen Herdes zurückzukehren, nachdem er lange draußen in der Kälte gewesen war.
Endlich erreichte er das verborgene Herz des Labyrinths, und
es sah immer noch so aus wie in seiner Erinnerung: Ein ausgedehnter, kreisrunder Raum, ruhig wie das Auge eines Sturms,
umgeben von schimmernden Wänden, die an die silbernen Blütenblätter einer gewaltigen Blume gemahnten. Und dort, genau
im Zentrum des geschützten Raumes – ein leuchtender Kristall
von etwa einem Meter zwanzig Durchmesser, dessen warmer
goldener Schein ein winziges Menschenbaby barg. Das Kind
konnte kaum älter sein als einen Monat; seine einzelnen Züge
formten und ordneten sich noch. Der Junge hatte die Augen
geschlossen, und falls er überhaupt atmete, dann so langsam,
dass Owen es nicht sah. Einen Daumen hatte er fest in die Rosenknospe seines Mundes gesteckt. Owen beugte sich über den
Kristall und musterte seinen entfernten Vorfahren. Das Kind
wirkte so klein und unschuldig und war dabei doch so mächtig
und so gefährlich.
    »Nun«, sagte eine seltsam vertraute Stimme hinter ihm. »Du
hast lange gebraucht, um hierherzugelangen.«
Owen wirbelte scharf herum und zuckte dabei zusammen, als
der Schmerz in der noch nicht verheilten Flankenwunde erneut
aufflammte. Und dann vergaß er ihn gleich, während er … sich
selbst anstarrte. Einen detailgetreuen Owen Todtsteltzer, der
ihm gegenüberstand, die Hände in den Hüften, und ihn kritisch
musterte.
»Wer zum Teufel bist du?«, fragte Owen.
»Die falsche Frage«, versetzte sein Doppelgänger gelassen.
»Du hättest fragen sollen: Was bist du? Hier kommt ein Hinweis!«
Zuerst zerlief das Gesicht, dann der ganze Körper von Owens
Doppelgänger wie eine Flüssigkeit und formte sich innerhalb
eines Augenblicks neu zu einem exakten Abbild von Giles
Todtsteltzer. Er lächelte Owen gewinnend an, ein Ausdruck,
der eigentlich gar nicht in Giles’ Gesicht passte. Dann erkannte
der Doppelgänger, dass diese Identität Owen auch nicht zusagte, nach dem sich vertiefenden Stirnrunzeln zu urteilen, und
veränderte sich erneut diesmal zu Katie DeVries, Owens ehemaliger, längst toter Mätresse.
»So besser?«, erkundigte sich Katie.
»Je nachdem«, antwortete Owen. »Was zum Teufel bist du?«
»Ich habe viele Namen, aber nur ein Wesen. Viele Gestalten
und zugleich keine. Ich bin älter als euer Imperium und sogar
eure ganze Spezies. Ich bin jeder Traum, den du je hattest, einschließlich derer, bei denen du mitten in der Nacht aufgeschrien hast. Ich bin auch für alles verantwortlich, was hier
geschieht, obwohl ich nicht gern prahle. Na ja, ich tue es doch,
obwohl ich eigentlich gegenteilig programmiert wurde. Ich
habe das Labyrinth des Wahnsinns erschaffen und warte jetzt
schon sehr lange darauf, dir zu begegnen, Owen Todtsteltzer.«
Owen legte eine Pause ein und dachte darüber nach. Dann
entschied er, sich an den Teil zu halten, den er begreifen konnte. »Warum hast du erst wie ich ausgesehen, dann wie Giles
und jetzt wie Katie?«
»Damit du dich wohler fühlst.«
»Glaub mir«, sagte Owen, »es funktioniert nicht.«
Katie zuckte die Achseln. »Ich habe auch Grenzen. Ich verfüge über ein gewaltiges Repertoire an Formen und Gestalten,
aber die meisten würden dir nicht gefallen. Ich denke, ich bleibe fürs Erste bei dieser hier, zumindest bis sie mich langweilt.
Ich erforsche die Menschheit schon länger, als du dir bequem
vorstellen kannst, aber dem Ziel, sie zu verstehen, bin ich nicht
näher gekommen. Für eine so begrenzte Lebensform seid ihr
bemerkenswert komplex. Immerhin macht euch dieses Potenzial zu perfekten Kandidaten für unsere Bedürfnisse. Aber wir
scheinen vom Faden dieses Gesprächs abzuschweifen. Hilft es
dir, wenn ich erkläre, dass ich im Grunde eine uralte, halbintelligente Aufzeichnung bin, zurückgelassen von einer mächtigen
und edlen Lebensform, die vor langer Zeit durch eure Galaxis
gezogen ist?«
Owen dachte darüber nach. »Möglicherweise. Du bist nur …
eine Aufzeichnung? Kein richtiger Vertreter dieser Lebensform?«
»Leider nein! Damit würdest du auch nicht fertig. Ich bin jedoch eine recht getreue Wiedergabe von so vielen Aspekten
unserer Natur, wie du gerade noch begreifst.«
»Jetzt warte mal!«, verlangte Owen. »Ich habe das scheußliche Gefühl,

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