Töchter der Sechs (German Edition)
lässt du dir von ihr die Fundstelle zeigen. Mit etwas Glück hat sie auch die Sachen noch, die das Mädchen trug. Vielleicht findest du so irgendwelche Hinweise.“
„Gut. Aber vorher werde ich das Mädchen zu Galica bringen. Du hattest eine anstrengende Nacht, du benötigst sicher etwas Ruhe. Ich werde mich um alles kümmern, was das Kind betrifft und dich natürlich über alle Neuigkeiten unterrichten.“
„Ich danke dir, dass du diese Bürde auf dich nimmst.“„Ein Kind ist doch keine Bürde. Ich denke, sie wird sich bei uns wohlfühlen. Und du weißt ja, dass Galica und ich wohl niemals eigene Kinder haben werden.“
Yerina sah einen kurzen Schatten aus Trauer und Bedauern über Tharets Züge huschen.Bald darauf verabschiedeten sie sich voneinander und Tharet brachte das Mädchen in sein neues Zuhause.
Winter 3607
Aaran
„Zada, komm essen.“ Galica stellte einen großen Topf mit dampfender Suppe auf den bereits fertig gedeckten Tisch. Tharet trat hinter sie und drückte ihr einen Kuss in den Nacken. Kurz darauf betrat ein kleines braunbezopftes Mädchen die Küche und setzte sich an den Tisch.
Während des Essens erzählte Zada fröhlich von ihrem Tag. Über Nacht hatte es geschneit und sie hatte mit den Nachbarskindern wild im Schnee getobt. Manchmal musste sie ihren Redefluss jedoch kurz unterbrechen, da ihr die richtigen Worte fehlten. Dabei hatte sie im letzten Jahr gewaltige Fortschritte gemacht. Als sie im letzten Winter zu ihren neuen Eltern gekommen war, hatte sie sie nicht verstanden und auch Zada konnte sich nicht verständlich machen. Aber Tharet war sehr geduldig gewesen und hatte ihr die Sprache Wort für Wort beigebracht. Nach und nach waren auch die anderen seltsamen Worte aus ihrem Kopf verschwunden, zu denen sie zuvor immer wieder gegriffen hatte, um sich verständlich zu machen, deren Sinn aber außer ihr niemand zu kennen schien.
Woher die Worte gekommen waren, wusste sie nicht. Als sie sich einigermaßen verständlich machen konnte, hatten ihre Eltern ihr diesbezüglich allerlei Fragen gestellt, aber sie hatte keine Antworten für sie. Ihr fehlte jedwede Erinnerung an Geschehnisse, die weiter als ein Jahr zurücklagen. Ihre erste Erinnerung war die an eine alte Frau und einen Strand. Sie hatte dort gelegen und es war so furchtbar kalt gewesen. Das Einzige, was sie aus ihrer rätselhaften Vergangenheit wusste, war, dass ihr Name Zada war.
Viel mehr hatte auch Tharet trotz intensiver Nachforschungen nicht herausfinden können. Er vermutete, dass sie mit ihren Eltern in einem Boot unterwegs gewesen war und sie aufgrund des schlechten Wetters Schiffsbruch erlitten hatten. Ihre Eltern waren dabei wohl umgekommen, sonst hätten sie bestimmt nach ihr gesucht. Dass Zada sich an nichts erinnern konnte, lag Tharets Meinung nach an dem Unfall. Als Heiler hatte er schon mehrfach mit solchen Fällen zu tun gehabt, wenn auch nie mit einem, bei dem das gesamte Gedächtnis ausgelöscht worden war.
Da ihre Herkunft nicht zu klären war, hatten Galica und Tharet sie mit Zustimmung der Oberpriesterin an Kindes statt angenommen und nun lebte sie schon ein ganzes Jahr bei ihnen. Ihren Geburtstag hatten sie auf den Tag der Wintersonnenwende festgelegt, da dies der Tag gewesen war, als man sie gefunden hatte. Außerdem war es auch der Geburtstag ihres Vaters und der Oberpriesterin Yerina, die für Zada so etwas wie eine Tante war. Vor wenigen Tagen erst hatte sie zusammen mit dieser und ihren Eltern ihren siebten Geburtstag gefeiert. Ihre Mutter hatte extra einen Kuchen für sie gebacken und sie hatte einen neuen, wunderhübschen Mantel bekommen. Was für ein Glück sie doch hatte, so liebe Eltern zu haben.
Herbst 3611
Eiren
Obgleich sie noch keine zehn Sommer gesehen hatte, war Madia schon jetzt klüger und gelehrter als die meisten Bewohner der Insel. Doch ihr Wissensdurst war noch lange nicht gestillt. Peria hatte ihre liebe Mühe damit, dem Mädchen die geistige Anregung zu bieten, nach der es sie verlangte. Sie und Madias Vater Jeven investierten einen nicht geringen Anteil ihrer Einkommen in Bücher und Lehrer für Madia. Madia war ihnen dafür sehr dankbar, dennoch spielte sie mit dem Gedanken fortzugehen, um noch mehr zu lernen. Schon verschiedentlich hatte sie von der Insel Roteha gehört, der Insel der Gelehrten. Ihr großer Traum war es, dort in die Ausbildung aufgenommen zu werden. Nun schien sich die Gelegenheit zu bieten. Einer der Gelehrten von dort war auf
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