Töchter der Sechs (German Edition)
noch eine Anwärterin gewesen und hatte alles riskiert, um ihn vor gefährlichen Verfolgern zu retten. Danach waren sie zusammen aus Aaran geflüchtet, hatten Gefahren gemeistert und außergewöhnliche Macht bei sich entdeckt. Auf ihrem Weg waren sie auf Carlynn und Aden sowie Peria und Jeven getroffen, die wie sie über besondere Kräfte verfügten. Auf der Insel der Schwesternschaft der Seherin hatten sie dann auch den Grund für diese göttlichen Gaben erfahren: Sie waren auserwählt, Cytria vor dem Untergang zu erretten. Ihre Mission war entbehrungsreich und beschwerlich gewesen, aber schlussendlich war es ihnen gelungen, die Gnade der Götter zu erringen.
Seitdem hatten sie, in der sich nach dem Sturz des Königs veränderten Welt, ihren Weg gesucht. Während die anderen Vier sich ins Private zurückgezogen hatten, waren Yerina und er aktiv an der Gestaltung der Gesellschaft beteiligt gewesen. Yerina hatte es bis zur Oberpriesterin gebracht und war somit die Führerin des geistigen Lebens Cytrias. Oft suchte er ihren Rat, wenn sein Amt als Vorsteher des Regierungsrates, dessen sechsunddreißig gewählte Delegierte aus allen Provinzen die Geschicke des Landes leiteten, ihn vor Probleme stellte. Obgleich er selbst keine Entscheidungsbefugnisse hatte, war dies eine verantwortungsvolle Aufgabe. Oftmals war es gar nicht so einfach, zwischen den vielmals widerstreitenden Interessen der unterschiedlichen Landesteile zu vermitteln. Zunächst hatte er gedacht, sein Amt wäre irgendwann nicht mehr nötig, da sich die neuen Regierungs- und Verwaltungsprozesse einspielen würden, doch dem war nicht so. Er verwandte noch immer einen Großteil seiner Zeit darauf, Sitzungen zu leiten und die verschiedenen Instanzen der Verwaltung zu koordinieren. Auch wenn er sich der Wichtigkeit seiner Position bewusst war und er dankbar war für das Vertrauen, das ihm von allen Seiten entgegengebracht wurde, so sehnte er sich bisweilen doch nach einem Leben als einfacher Heiler in irgendeinem Dorf.
Zumindest bis vor sechs Monden hatte er regelmäßig davon geträumt, Aaran den Rücken zu kehren. Jetzt standen die Dinge jedoch etwas anders und daran war Galica schuld. Sie war wortwörtlich in sein Leben gestürzt und hatte es radikal verändert. Als er in einer Frühsommernacht auf dem Heimweg vom Regierungsgebäude, dem ehemaligen Königspalast, zu seinem Haus in einem der einfacheren Stadtteile unterwegs war, war er von einem spitzen Schrei aus seinen Gedanken gerissen worden. Als er sich umgewandt und mit seiner Laterne in Richtung des Krachs geleuchtet hatte, sah er eine schmächtige Gestalt auf dem Pflaster liegen. Schnell war er zum Unglücksort geeilt. Trotz des schwachen Lichtes hatte er erkennen können, dass die junge Frau ernsthaft verletzt war. Ihr einfacher Rock war mit Blut getränkt und ihr Gesicht und ihre bloßen Arme mit Kratzern und blauen Flecken bedeckt. Sie hatte ausgesehen, als habe man sie verprügelt. Sie hatte in aus großen, dunklen Augen ängstlich angesehen, bevor sie in seinen Armen das Bewusstsein verloren hatte. Da die Wunden alle oberflächlich gewesen waren, hatte Tharet schnell geschlossen, dass das Blut auf ihrem Rock von einer inneren Verletzung herrühren musste. Für ihn hatte es ganz so ausgesehen, als hätte sich ein Mann der jungen Frau brutal aufgezwungen. Die ganze schreckliche Wahrheit sollte er später erfahren. Da er auf der Straße nichts für die Frau hatte tun können, hatte er sie im Eilschritt nach Hause getragen, wo er all seine heilerischen Fähigkeiten eingesetzt hatte, um sie zu behandelt. Besonders ihre Unterleibsverletzungen waren schwerwiegend gewesen.
Später hatte sich herausgestellt, dass eine vollständige Heilung unmöglich war, Galica würde wohl niemals Mutter werden können. Ihre äußerlichen Wunden jedoch waren gut und schnell geheilt. Auch hatte sie Vertrauen zu ihrem Retter gefasst und ihm ihre Leidensgeschichte anvertraut. Sie war Magd in einem Gasthaus gewesen. Der Wirt war stets grob und gewalttätig gewesen, doch in jener Nacht war er im Alkoholrausch noch weiter gegangen. Gemeinsam mit einem Freund hatte er Galica zunächst geschlagen und auf den Boden geworfen, um sich anschließend mehrfach an ihr zu vergehen. Dabei waren die Männer so brutal vorgegangen, dass sie schwere Verletzungen erlitten hatte. Als die beiden ihren Rausch ausschliefen, war es ihr schließlich gelungen, das Haus zu verlassen und zu fliehen.
Noch während Galicas Genesung hatte
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