Töchter der Sechs (German Edition)
verstanden hatte. Was wollte sie damit andeuten? Bestimmt täuschte sie sich. Er warf ihr einen Blick zu, um ihr zu bedeuten, das Thema fallen zu lassen.
Der Blick, den Mawen ihr nach ihrer Bemerkung schenkte, offenbarte nur allzu deutlich seine Verwirrung. In seinem Gesicht war eine leichte Röte aufgestiegen. Also hatte sich recht und Elec und Mawen verband mehr als nur Freundschaft. Von Anfang an war da eine besondere Verbindung wahrnehmbar gewesen. Armer Elec, wenn er sich dieser Gefühle bewusst war, so mussten sie, da er nicht um Mawens wahre Identität wusste, sehr verwirrend für ihn sein. Vielleicht sollte sie Mawen ermutigen, sein Geheimnis offenzulegen. Andererseits erschien es ihr nicht richtig, sich in solch persönliche Dinge einzumischen. Mal sehen, wie es sich weiter entwickelte.
Am nächsten Morgen entdeckten sie eine schmale senkrechte Felsspalte, die mehrere dutzend Fuß in die Tiefe führte. Darija schlug vor, Mawen, Felkan und Zada an Seilen hinab zu lassen. Sie und Elec würden anschließend hinunterklettern. Dieses Unterfangen erschien ihr nicht besonders schwierig, denn der Spalt war so schmal, dass sie sich an der einen Wand mit Händen und Füßen und an der anderen mit Rücken würden abstützen können. Zunächst waren die anderen wenig begeistert, doch als sie die Umgebung erkundeten und nur steile Felswände vorfanden, entscheiden sie, dass dies der ungefährlichste und leichteste Abstieg wäre. Sie prüften, ob die Seile lang genug waren, um das untere Ende des Spalts zu erreichen. Dann ließen sie zunächst Zada, dann das Gepäck und anschließend Mawen hinab. Als Felkan an der Reihe war, protestierte dieser. Er meinte, es wäre besser, wenn er Darija hinabließe und er und Elec kletterten. „Unsinn“, erwiderte Darija, „Ich kann besser klettern als ihr alle und habe keine Lust, Euch erneut zu retten.“Felkan wollte opponieren, doch Elec sprach ein Machtwort. Gemeinsam ließen sie Felkan herunter. Sie verschnauften kurz, dann befestigte Darija das Seil an einem Felsbrocken. „Ich kann Euch zwar nicht halten, Elec, aber das Seil kann euch etwas zusätzlichen Halt geben. Ich werde es lösen, sobald Ihr unten seid und Euch dann folgen.“
„Denk auch an Eure Sicherheit. Lasst das Seil festgebunden, wir haben noch zwei weitere und können in den Fischerdörfern sicher neue erstehen.“
„Ich werde Euren Abstieg beobachten und dann entscheiden, ob ich die Sicherung benötige.“„Bitte tut nichts Unüberlegtes.“
„Nun geht, die anderen machen sich sicher schon Sorgen.“
Soweit sie es von oben beurteilen konnte, meisterte Elec den Abstieg mühelos und zügig. Daher band sie das Seil los und ließ es die Felswand hinab rutschen. Dann begann sie ihren Weg hinab.
Das Ende des Seils schlug mit einem lauten Knall neben ihm auf. Elec sah auf und beobachtete, wie sich Darijas Beine über die Felskante schoben und ihre Füße Halt suchten. Er hielt den Atem an. Nun tauchte auch der Rest ihres Körpers auf. Ihr Rücken fand Halt an der gegenüberliegenden Felswand. Erleichtert atmete er aus. Langsam bewegten sich ihre Füße die Felswand herunter. Da er den gleichen Weg beschritten hatte, wusste er, wie anstrengend es war, die erforderliche Körperspannung zu halten, um nicht abzurutschen. Er hatte zumindest noch das Seil gehabt, an dem er sich hatte festhalten können, Darija jedoch hing völlig frei an der Felswand. Er hoffte, dass ihre Kräfte ausreichen würden. Plötzlich stockten ihre Bewegungen. Sie war noch ungefähr dreißig Fuß vom Boden entfernt. Noch bevor er reagieren konnte, war Felkan herangetreten und begann, die Spalte zu erklimmen. Er war noch keine zehn Fuß weit geklettert, als sich Darija wieder in Bewegung setzte. Sie musste die Aufregung unter sich bemerkt haben, denn sie rief: „Alles in Ordnung. Ich musste nur kurz verschnaufen. Ich komme jetzt runter.“ Felkan beeilte sich, den Weg freizumachen und innerhalb kürzester Zeit hatte auch Darija wieder festen Boden unter den Füßen. Elec hatte erwartet, Zeichen der Erschöpfung an ihr zu entdecken, doch ihr Gesicht war lediglich leicht gerötet, wohl eher vor Aufregung denn vor Ermattung.
Der Abstieg hatte sie auf weniger steiles und steiniges Gelände gebracht, den Rest des Tages brauchten sie nicht mehr zu klettern. Sie liefen zwischen Gras und Büschen den Hang hinab. Am Abend hatten sie zum ersten Mal einen Blick auf das Meer. Er schätzte, dass es ungefähr zweitausend Fuß
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