Töchter der Sechs (German Edition)
des Bewusstlosen ab. Die Götter mussten ihm wohlgesonnen gewesen sein, sie konnte keine Verletzungen feststellen. Sie löste ihren Wasserschlauch von ihrem Gürtel und versuchte, Felkan etwas davon einzuflößen. Seine Rettung wäre erheblich leichter, wenn er bei Bewusstsein wäre. Doch einige Spritzer des kühlen Nasses ins Gesicht weckten ihn nicht auf. Auch sanftes Rütteln half nicht. Es wäre ihr unmöglich, den Soldaten auf ihrem Rücken nach oben zu tragen. Zwar war er nur unwesentlich größer als sie, wog aber garantiert mehr. Elec würde ihn also mithilfe des Seils nach oben ziehen müssen. Sie löste das Seil von ihrem Körper und band es um den Rumpf des Soldaten. Dann führte sie es über das Gesäß und um die Oberschenkel, sodass es war, als säße er auf dem Seil. Ihren Gürtel legte sie um die Brust Felkans und um das nach oben gespannte Seil. Nun befand sich der Soldat trotz seiner Bewusstlosigkeit in einer nahezu aufrechten Position. Sie rief Elec zu, er möge langsam und gleichmäßig am Seil ziehen. Der Soldat wurde emporgehoben. Sie selbst kletterte halb neben, halb hinter ihm und griff ein, wenn er gegen die Felswand zu prallen drohte. Jetzt kam ihnen der Vorsprung an der Oberkante zupass, den dadurch hing das Seil mit einigem Abstand zu Felswand. Sie hatten es fast geschafft, nur noch der Vorsprung musste überwunden werden. Sie rief Elec zu, er möge Mawen und Zada das Seil geben und sich bäuchlings an den Rand der Schlucht legen. Als sie den Kopf des Prinzen über dem Rand des Vorsprungs erblickte, hieß sie Mawen und Zada, das Seil noch ein Stück weit zu ziehen. Nun hing Felkan dicht unter der Kante des Vorsprungs. Darija hatte es schwer, ein allzu starkes Pendeln des Seils zu verhindern, doch es gelang ihr, Felkans Körper so ruhig zu halten, dass Elec den Gürtel zu fassen bekam und Felkan über den Vorsprung ziehen konnte. Kurz darauf streckte der Prinz auch Darija die Arme entgegen, um ihr über den Vorsprung zu helfen. Sie war dankbar, denn sie war mit ihren Kräften fast am Ende. Als sie sich mit Elecs Hilfe hochgezogen hatte, ließ sie sich kraftlos auf den Rücken fallen. Während sie darauf wartete, dass sich ihre zitternden Muskeln entspannten, beobachtete sie, wie Zada sich um den noch immer besinnungslosen Soldaten kümmerte. Dem Gespräch, das diese dabei mit Mawen führte, konnte Darija entnehmen, dass auch Zada keinerlei Verletzungen entdecken konnte. Ihnen würde also nichts anderes übrig bleiben, als zu warten, bis er von selbst wieder zu sich kam. Elec kam zu ihr und fragte, ob sie aufstehen könne. Zaghaft nickte sie und richtete sich auf. Der Prinz sagte: „Wir werden uns nur ein Stück von der Spalte entfernen, dann schlagen wir ein Lager auf. Allzu weit können wir Felkan ohnehin nicht tragen.“
Mühsam kam sie auf die Füße. Als sie nach einigen Dutzend Schritten ein kleines Plateau erreichten, das genug Platz für die Nacht bot, ließ sie sich dankbar nieder. Auch Elec war die Anstrengung anzusehen, als er Felkan vorsichtig auf den Boden legte. Zada kam auf sie zu und erkundigte sich nach ihrem Befinden. Sorgsam schaute sie sich Darijas Hände und Gesicht an und säuberte einige Kratzer. Erst das dadurch verursachte Brennen ließ Darija die Verletzungen überhaupt bemerken. „Es ist schon okay, solltet Ihr euch nicht lieber um Felkan kümmern?“
„Auch kleine Kratzer können sich entzünden. Für Felkan kann ich ohnehin nichts tun, seine Blessuren sind gereinigt und nun können wir nur abwarten. Tut Euch wirklich nichts weh?“
„Nein, ich bin nur erschöpft.“
Elec und Mawen hatten in der Zwischenzeit trockenes Buschwerk fürs Feuer gesammelt und eine kleine Mahlzeit zubereitet. Während des gemeinsamen Essens erwähnte niemand die überstandene Gefahr, zu frisch waren die Erinnerungen. Auch danach schwiegen alle und hingen ihren Gedanken nach. Bisweilen erhob sich Zada und schaute nach ihren Patienten. Gegen Abend regte sich dieser und schlug die Augen auf. Als er versuchte, sich aufzurichten, hielt sie ihn zurück und sagte: „Bleibt liegen und kommt erst mal zu Euch.“
Felkan erwiderte: „Was ist geschehen?“
„Ihr seid in eine Felsspalte gefallen. Darija musste Euch unter Einsatz ihres Lebens retten.“
Da die anderen sich nun ebenfalls um den Soldaten versammelt hatten, hatte Darija die letzten Worte mitangehört. Schnell warf sie ein: „Zada übertreibt. So tief war die Spalte nicht. Außerdem war es Elec, der Euch
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