Töchter der Sechs (German Edition)
hinaufzog.“
Elec sagte: „Ihr seid zu bescheiden, Euer Einsatz war mutig und Ihr habt keinen Moment gezögert.“
Bevor sie etwas erwidern konnte, wandte sich Felkan an Darija: „Ich danke Euch. Ich stehe in Eurer Schuld. Ihr habt mein Leben gerettet, obgleich ich eigentlich Euer Feind sein müsste.“
„Ihr seid nicht mein Feind. Auch wenn Ihr vom König zu meiner Bewachung entsandt wurdet, so tut Ihr doch nur Eure Pflicht. Weder mir noch meinen Begleitern habt Ihr bisher Schaden zugefügt.“
„Dennoch. Ich danke Euch und auch euch“, er wendete sich den anderen zu, „für euren Einsatz. Ich hoffe, es euch eines Tages vergelten zu können.“
Zada mischte sich in das Gespräch: „Genug jetzt, trinkt und esst etwas, damit Ihr wieder auf die Beine kommt.“
Da Felkan sich gut erholt hatte, konnten sie am nächsten Morgen weiterziehen. Elec beobachtete, dass der Soldat Darijas Nähe suchte. Diese gab aber vor, ihn nicht zu bemerken. Selbst als er ihr die Hand reichen wollte, um ihr über eine schwierige Stelle zu helfen, ignorierte sie ihn und ging geradewegs an ihm vorbei. Anscheinend wusste sie nicht so recht, wie sie mit seiner Dankbarkeit umgehen sollte.
Elec hoffte, dass die Dankbarkeit des Soldaten anhalten würde. Es konnte sich als nützlich erweisen, ihn auf ihrer Seite zu haben.
Zu seiner Erleichterung hatten sie endlich den Gipfel erreicht. Seit dem Unfall am Vortag fürchtete er die Höhe noch mehr. Lange hielt die Erleichterung jedoch nicht vor, denn er musste feststellen, dass der Abstieg noch komplizierter als der Aufstieg war. Der Hang war ebenso steil wie zuvor und an Stellen, die kletternd und rücklings passiert werden mussten, musste er seinen Blick nun nach unten in die Tiefe richten. An einigen Stellen traute er sich nicht weiter, Darija musste ihm gut zureden und einen sicheren Weg aufzeigen. Als sie am Abend ihr Lager aufschlugen, war seine Kleidung trotz der kühlen Bergluft schweißnass. Der Gedanke, dass der Abstieg noch drei weitere Tage in Anspruch nehmen würde, schreckte ihn. Elec nahm neben ihm am Feuer Platz und sprach ihn an: „Die Kletterei bekommt Euch nicht, oder?“
„Ich kann nicht behaupten, dass ich besonders viel Freude daran habe. Bei Darija sieht es so leicht aus und auch Ihr scheint keine Probleme damit zu haben.“
„Das täuscht. Zwar habe ich durch mein militärisches Training viel körperliche Kraft, aber dennoch habe ich immer Angst abzustürzen. Ich hoffe, dass wir den Abstieg schneller bewältigen als den Aufstieg. Ich kann es kaum erwarten, die Fischerdörfer zu erreichen.“
Mawen hatte das Gefühl, dass der Prinz weit weniger Angst hatte, als er vorgab. Dennoch war er dankbar für Elecs Versuch, Verständnis und Mitgefühl zu zeigen. Er schenkte dem Prinzen ein Lächeln und sagte: „Hoffentlich lohnt sich das alles und wir finden Zadas Eltern.“
„Ich teile Euren Wunsch. Aber einen Erfolg haben wir schon zu verzeichnen.“ Er zeigte auf Felkan, der gerade Darija dabei half, mehr Buschwerk für das Feuer zu schneiden. „Ich denke, er fühlt sich nicht mehr an den Auftrag meines Vaters gebunden. Zwar vertraue ich ihm noch nicht vollends, doch wenn wir uns Mühe geben, ihn in unsere Gemeinschaft zu integrieren, so wird er uns sicher treu sein.“
Auch Mawen beobachtete den Soldaten nun. Gerade reichte er Darija ein Bündel Holz, dass dieses wortlos entgegennahm. „Vielleicht sollten wir Darija bitten, etwas freundlicher zu ihm zu sein.“
„Ich glaube nicht, dass dies nötig ist.“ Es war Zada, die dies einwarf. Mawen erinnerte sich erst jetzt ihrer Gegenwart, obgleich sie schon die ganze Zeit am Feuer gesessen hatte. Als er sich gesetzt hatte, war die Priesterin ganz in eine Meditation versunken gewesen, sodass er ihre Anwesenheit sogleich wieder vergessen hatte. Sie sprach weiter: „Darija fühlt sich unwohl in der Rolle der Retterin. Lasst einige Zeit vergehen, dann wird sie erkennen, dass Felkan nicht nur deswegen ihre Nähe sucht.“
Mawen schaute fragend: „Was meint Ihr damit?“
„Seit er sich nicht mehr von seinem Kameraden beobachtet fühlt, kann er seine Augen kaum von ihr lassen.“ Den nächsten Satz flüsterte sie auf cytrianisch in sein Ohr, damit nur Mawen ihn vernehmen konnte. „Er schaut sie fast so bewundernd an wie Elec Euch.“
Mawens Herz schlug so laut, dass es ihm in den Ohren dröhnte. Er hoffte, dass Elec dies genauso wenig hörte wie er hoffentlich Zadas Worte
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