Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Toechter Der Suende

Toechter Der Suende

Titel: Toechter Der Suende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
Vom Netzwerk:
Gedanke ihr weh getan, doch mittlerweile hatte Marioza sich daran gewöhnt.
    Nun aber fragte sie sich, wie es wäre, wenn der deutsche Gast Mariangela tatsächlich heiraten würde. Je länger sie darüber nachdachte, desto mehr bekam sie es mit der Angst zu tun, denn sie würde dem Mann Dinge offenbaren müssen, die sie geschworen hatte, für immer zu verschweigen.
    Mariangela ahnte weder etwas von den Plänen des Vaters noch von den Zweifeln ihrer Mutter, sondern füllte einen Teller mit Kalbsragout und trug es zu Hilbrecht hinüber. In der Gaststube kam sie an einem Fenster vorbei und sah hinaus. Ein junger Mann lehnte am Zaun des Nachbaranwesens und beobachtete die Taverne. Eben wurde er von Gianni angesprochen, der ihr vor einigen Wochen auf unverschämte Art den Hof gemacht hatte.
    Da sie bei Gesprächen der Gäste immer wieder das eine oder andere Wort mitbekam, hatte sie Dinge erfahren, die Gianni in keinem guten Licht erscheinen ließen. Nichtstuer war noch die harmloseste Bezeichnung für ihn. Andere behaupteten hinter vorgehaltener Hand, er verdiene seinen Lebensunterhalt auf eher anrüchige Weise.
    Dies traute Mariangela ihm zu, und sie fragte sich, weshalb er ausgerechnet an der Taverne ihrer Eltern so viel Interesse zeigte. Plante er möglicherweise, sie zu entführen und gemeinsam mit seinen Freunden zu vergewaltigen, so wie es Sitte war, wenn eine Frau und deren Familie entehrt werden sollten? Aber das galt an und für sich nur für Angehörige des Adels oder schwerreicher Kaufmannsfamilien. Was sie betraf, würde es genügen, sie in eine Ecke zu ziehen und ihr dort Gewalt anzutun. Nun fiel ihr auf, dass sie schon mehrfach junge Burschen in der Nähe hatte herumlungern sehen, und zwar zumeist dann, wenn Junker Hilbrecht oder dessen Freund Falko hier zu Gast gewesen waren.
    Galt das Augenmerk dieser Kerle nicht ihr, sondern den beiden Deutschen? Erschrocken stellte sie Hilbrecht den Napf hin und beugte sich über ihn. »Seid vorsichtig, Herr Ritter. Draußen treiben sich Leute herum, die mir nicht gefallen.«
    Bisher hatte Hilbrecht nicht angenommen, er könnte beobachtet werden. Doch wie es aussah, waren König Friedrichs Gegner auch auf ihn aufmerksam geworden. Er überlegte, was er tun konnte, und beschloss, sich vorerst genauso zu verhalten wie die anderen Male vorher.
    »Das Kalbsragout ist ja nicht schlecht, aber ihm fehlt die letzte Würze«, sagte er daher.
    Mariangela ging auf sein Spiel ein. »Und was wäre das?«
    »Ein Kuss von dir, mein schönes Kind! Zwei Küsse würden das Essen noch besser schmecken lassen, und bei dreien könnte ich sagen, dass mir noch nie etwas besser geschmeckt hat.« Hilbrecht schlang ihr den rechten Arm um die Hüfte und seufzte, als sie sich ihm sofort wieder entzog.
    »Haben alle Mädchen in Rom ein Herz aus Stein?«
    »Nein, aber sie sind sittsam und fromm und alles andere als darauf erpicht, sich von einem Tedesco wie Euch einen Bastard in den Bauch schieben zu lassen. Und nun esst, sonst wird es kalt. Als Würze kann ich Euch Salz, Rosmarin und Oregano empfehlen. Pfeffer und Muskat sind leider zu teuer.« Mit einem Lachen, das nicht ganz echt klang, wandte Mariangela sich zum Gehen.
    Dabei haderte sie mit sich selbst, weil ihr die Anhänglichkeit des jungen Deutschen so viel bedeutete. Er war zwar kein schöner Mann, aber auch nicht hässlich. Viele der jungen Männer, die hier in der Gegend lebten, gefielen ihr weit weniger, und doch zog ihre Mutter sie als mögliche Schwiegersöhne in Erwägung.
    »Dabei mag ich doch gar nicht heiraten«, murmelte sie und warf auf dem Rückweg in die Küche einen weiteren Blick durch das Fenster. Der Müßiggänger lehnte noch immer am Zaun und starrte unverwandt herüber.

4.
    A n anderen Tagen hatte Hilbrecht den Krug Wein bis zur Neige geleert, doch nun hielt er sich beim Trinken zurück. Er brach auch früher auf als sonst und musste sich direkt zwingen, noch ein paar fröhliche Worte mit Mariangela zu wechseln.
    »Du hast wirklich ein Herz aus Stein!«, beschwerte er sich laut.
    Mariangela, die von ihrem Platz aus durch das Fenster den wartenden Mann sehen konnte, sah diesen grinsen. Er hatte also gute Ohren, geeignet für einen Spion. Zwar wusste sie nicht, auf welches Spiel sie sich eingelassen hatte, doch da der von ihr verehrte Pater Luciano es für richtig hielt, dass sie geheime Nachrichten weitergab, wollte sie ihn nicht enttäuschen.
    »Mein Herz ist warm wie die Sonne, aber nur für den richtigen Mann!

Weitere Kostenlose Bücher