Toechter Der Suende
Erleichtert, weil er sich in Hilbrecht nicht getäuscht hatte, kehrte er zu Mariangela zurück. »Ich glaube nicht, dass dem Ritter etwas zugestoßen ist. Gianni und seine Männer sehen nämlich nicht so aus, als hätten sie Erfolg gehabt. Ich danke dir trotzdem, dass du zu mir gekommen bist. Jetzt bin ich gewarnt!«
»Gewarnt?« Mariangela starrte den Pater erschrocken an. »Glaubt Ihr, die Kerle wollen Euch überfallen?«
»Möglich ist es«, antwortete der Pater lächelnd. »Dank dir bin ich jedoch darauf vorbereitet.«
»Ich werde die Nachbarn rufen, damit sie Euch beistehen, hochwürdiger Herr!« Da Mariangela aussah, als würde sie ihren Worten Taten folgen lassen, ergriff Pater Luciano sie am Ärmel.
»Halt! Damit würdest du den Füchsen, die um den Hühnerstall herumschleichen, nur zeigen, dass sie entdeckt worden sind. Gianni und seine Banditen sollen sich ruhig in Sicherheit wiegen. Der Schrecken danach wird umso größer sein.«
Mariangela sah ihn zweifelnd an. »Ihr versprecht mir aber, dass Ihr auf Euch achtgebt, hochwürdiger Vater.«
»Ich verspreche es!« Pater Luciano lächelte und sagte sich, dass Mariangela wahrlich sein liebstes Pfarrkind war.
»Nun geh!«, forderte er sie auf und ließ sie zur Tür hinaus.
Als er sich wieder an seinen Tisch setzte und in sein Brevier blickte, befassten sich seine Gedanken jedoch nicht mit den frommen Worten darin, sondern mit Gianni und seinen Männern. Er wusste nicht viel über sie, doch das wenige reichte aus, um vorsichtig zu sein.
Aus dem Grund kehrte Pater Luciano noch einmal in die Sakristei zurück. Doch kaum hatte er die Tür einen Spalt weit geöffnet, stand Gianni auf, winkte seinen Kumpanen, mitzukommen, und schritt auf Gaspares Taverne zu.
Das ist mir alles zu auffällig, fuhr es dem Pater durch den Kopf. Bevor sein Freund Taddeo Foscarelli ermordet worden war, hatten sie beide nicht geahnt, dass man sie beobachtete. Allerdings war Gianni damals noch nicht so regelmäßig in Trastevere aufgetaucht. Der Kerl war jedoch nicht der Hauptübeltäter, sondern nur ein kleiner Gauner, wie es in Rom viele gab, und ein williger Handlanger jenes Mannes, dem Foscarelli zum Opfer gefallen war.
Weshalb tritt jener Mörder diesmal nicht selbst in Erscheinung?, fragte Pater Luciano sich. Mit dem Gefühl, vor einem Geheimnis zu stehen, das er nicht so leicht ergründen konnte, winkte er seinen Sagrestano heran. »Hast du die Männer gesehen, die eben die Kirche verlassen haben?«
Der Küster nickte. »Ja, Hochwürden, und ich kann nicht sagen, dass sie mir gefallen haben.«
»Ihr Anführer ist Gianni, ein übel beleumundeter Mensch. Ich fürchte, er und seine Männer haben es auf die Spendengelder abgesehen, die ich im Pfarrhaus verwahre.«
»Ihr meint, die Kerle wollen Euch bestehlen, Hochwürden?«
»Auf jeden Fall sollten wir uns wappnen. Hol bei Anbruch der Nacht sechs oder noch besser acht kräftige Männer und führe sie durch die Tür des Stalls in mein Haus. Täusche ich mich, erhält jeder von ihnen einen Krug Wein und ein Essen bei Marioza von mir bezahlt. Täusche ich mich nicht, gibt es das Doppelte!«
Der Pater sah den Sagrestano zufrieden nicken und hoffte, dass die Nacht nicht blutig werden würde. Beim letzten Aufruhr in Gaspares Taverne waren zwei deutsche Waffenknechte ihren Verletzungen erlegen, und die beiden anderen lagen verwundet in einem Kerker, den sie erst am Tag ihrer Hinrichtung wieder verlassen würden.
Mit einem Achselzucken schüttelte der Pater die trüben Gedanken ab und kehrte in sein Haus zurück. Unterwegs kämpfte er gegen den Wunsch an, ebenfalls in die Taverne zu gehen und die Schurken zu beobachten. Doch damit hätte er Gianni nur gewarnt und dazu gebracht, sein Glück an einem anderen Tag zu versuchen.
6.
A n diesem Tag wünschte Mariangela sich, ihr anhänglicher deutscher Verehrer wäre noch hier, um Gianni in die Schranken weisen zu können. Eben schüttete der Kerl einen Becher Wein aus, der ihm angeblich nicht schmeckte, und forderte sie herrisch auf, die Lache auf dem Boden zu beseitigen.
Wütend ergriff sie einen Lappen, bückte sich und spürte sogleich seine Hand am Hintern. Während Giannis Begleiter johlten, tauchte sie das Tuch in den ausgegossenen Wein und riss es hoch. Der nasse Lappen klatschte in Giannis Gesicht, und noch während er sie verdattert anstarrte, versetzte sie ihm zwei weitere Schläge.
»Entweder du benimmst dich, wie es sich gehört, oder ich hole die Büttel!«, fauchte das
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