Toechter Der Suende
bist du hier am falschen Ort. Der ist vor mehreren Tagen in den Lateranpalast gezogen.«
Für Francesca war es wie ein Schlag. Sie hatte alles riskiert und ihre Familie verlassen, und nun stand sie mit leeren Händen da. Tränen traten ihr in die Augen, und sie fühlte sich auf einmal so schwach, dass sie schwankte.
»Was habt Ihr?« In Margarete gewann das Mitleid die Oberhand, und sie fasste rechtzeitig zu, um Francesca zu stützen.
Nun erst nahm sie den angeschwollenen Leib der Frau wahr und begriff. »Ihr seid schwanger! Stammt das Kind von Falko?«
Francesca nickte unter Tränen. »Ja! Aber meine Eltern wollen mich morgen mit einem Mann verheiraten, den ich aus tiefster Seele verabscheue.«
Das würde ich dir vergönnen, dachte Margarete und schämte sich sogleich für ihre Bosheit. Gleichgültig, was die andere auch getan haben mochte, sie war ein Weib, das Hilfe benötigte. Daher fasste sie Francesca unter und führte sie auf das Gebäude zu, in dem sie selbst untergebracht war.
»Kommt erst einmal mit mir und ruht Euch aus. Ich werde Herrn Hilbrechts Knappen zu Ritter Falko schicken und diesen holen lassen. Glaubt mir, es wird alles gut.«
»Ich danke Euch!« Francesca lächelte Margarete an und vertrieb damit die letzten Vorbehalte, die diese noch gegen sie hegen mochte.
Keine von ihnen hatte wahrgenommen, dass Annunzia Francesca bis zum Tor des Campo Santo Teutonico gefolgt war. Die Zofe erinnerte sich nun an jenen Tag im letzten August, an dem Cirio d’Specchi in den Katakomben niedergeschlagen worden war und ein deutscher Ritter Francesca nach Hause gebracht hatte. Dieser hatte später Interesse an dem Mädchen gezeigt, war aber von Conte Ercole abgewiesen worden.
Hatte der Deutsche seine Absichten auf Francesca danach wirklich aufgegeben?, fragte die Zofe sich nun. Immerhin hatte Francesca damals durchgesetzt, dass sie in die Küche verbannt und statt ihrer Lina zu deren Zofe ernannt worden war.
Die alte Magd war dumm genug, dem Mädchen Freiheiten zu gewähren, die es niemals hätte haben dürfen. Außerdem schlief Lina bei der Messe gerne ein und war deshalb schon ein paarmal vom Priester gerügt und mit Strafen belegt worden. Hatte sie auch in der Kapelle der heiligen Witwe Irene geschlafen, während Francesca und dieser Deutsche sich in der Sakristei getroffen und dabei Dinge miteinander getrieben hatten, für die ein Antonio Caraciolo bereits beim Versuch Cirios Rache zu spüren bekommen hatte?
Der deutsche Ritter war auch bei der Messe in den Katakomben gewesen, daran glaubte Annunzia sich erinnern zu können. War er Francescas Hilferufen gefolgt und hatte Cirio d’Specchi niedergeschlagen? So muss es gewesen sein!, sagte sie sich. Was dann geschehen war, konnte die Zofe sich ebenfalls denken. Francesca hatte sich diesem lumpigen Deutschen schamlos hingegeben und auch später Unzucht mit ihm getrieben. War doch Conte Orsinis Familienkapelle, in der nur einmal im Monat eine Messe gehalten wurde, ein idealer Ort für die heimlichen Treffen eines Liebespaars.
Annunzia beschloss, nach Hause zurückzukehren und Francescas Vater zu berichten, was sie in Erfahrung gebracht hatte. Doch auf halben Weg entschied sie sich anders. Von Dario und Cirio d’Specchi würde sie gewiss eine weitaus höhere Belohnung erhalten als von ihrem Herrn.
20.
M it dem festen Willen, Francesca die Schläge und vor allem ihre Degradierung zur einfachen Magd heimzuzahlen, erreichte Annunzia das Heim der d’Specchis und klopfte hastig gegen das Tor. »Macht auf, ich bringe eine wichtige Botschaft für die beiden Herren!«
Ein Hund schlug an, und dann öffnete ein Knecht die kleine Pforte im Tor, die für Fußgänger gedacht war. Zwei weitere Knechte standen mit gesenkten Spießen in der Hand hinter ihm.
»Was willst du?«, fragte der Mann unfreundlich.
»Ich muss die beiden Herren sprechen, sofort! Es geht um die Ehre der d’Specchis«, presste Annunzia hervor.
Der Torwächter wollte sie schon wegschicken, da erkannte einer der Knechte die späte Besucherin. »Halt, das ist doch Annunzia aus Conte Orsinis Haushalt! Lasst sie herein.«
Der Wächter trat beiseite, damit die Frau passieren konnte, während der Knecht zum Haus lief, um Dario d’Specchi und dessen Sohn zu rufen. Es dauerte eine Weile, bis die beiden erschienen. Cirio hatte sich mit einem langen Dolch und einem Schwert bewaffnet, ließ diese jedoch sinken, als er die Zofe seiner Verlobten vor sich sah.
»Was gibt es?«, fragte er. »Kommt
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