Toechter Der Suende
d’Specchis Verletzung, sondern sie wünschte ihm sogar, möglichst grässlich auszusehen. Das erschien ihr als die gerechte Strafe für seine Absicht, ihr an einem so heiligen Ort wie den Domitilla-Katakomben Gewalt anzutun.
Die Gelassenheit, mit der sie die Worte ihrer Mutter aufnahm, bestärkten diese in dem Glauben, dass Francesca während ihres Aufenthalts auf dem Land Vernunft angenommen hatte und sich nicht mehr gegen den Willen des Vaters auflehnen würde. In dieser Meinung wurde sie noch bestärkt, als wenig später die Gäste erschienen und Francesca diese zwar distanziert, aber doch höflich begrüßte.
Auch Ercole Orsini atmete auf, als seine Tochter bei Cirios Anblick weder zu schreien begann noch in Ohnmacht fiel. Allerdings hatte der junge Mann sich prachtvoll gekleidet und ein schillerndes Seidenband so um den Kopf gewickelt, dass die schlimmsten Stellen seiner Verletzung bedeckt wurden. Außerdem befleißigte Cirio sich Francesca gegenüber größter Zuvorkommenheit, und sein Vater schloss sie scheinbar höchst erfreut in die Arme.
»Meine liebe Francesca, Ihr wisst nicht, wie sehr ich mich freue, Euch bald Tochter nennen zu dürfen«, säuselte er und winkte dann seine Frau nach vorne. »Begrüßt die Braut unseres Sohnes!«
Isotta d’Specchi trat auf Francesca zu und gönnte ihr eine knappe Umarmung. Umso euphorischer gebärdeten sich ihre Töchter. Selbst Celestina, die sonst nie ein gutes Haar an Francesca gelassen hatte, war diesmal die Freundlichkeit in Person. »Ihr wisst gar nicht, wie glücklich ich bin, bald die Patin Eures Erstgeborenen zu sein«, sagte sie schmeichlerisch und schlang die Arme um Francesca, als wolle sie diese nie mehr loslassen.
»Ach, sind die Paten bereits bestimmt worden?«, antwortete diese mit nicht zu überhörendem Spott.
»Nur die von unserer Seite, liebste Francesca. Natürlich könnt Ihr Euch auch selbst welche aussuchen«, beeilte Dario d’Specchi sich, ihr zu versichern.
Er hatte seinen Sohn, aber auch Frau und Töchter darauf eingeschworen, alles zu tun, um sich das Wohlwollen des Grafen Ercole und dessen Gemahlin zu bewahren und Francesca wie ein liebes Mitglied in ihre Familie aufzunehmen. Zwar hatte Kaiser Friedrich die Stadt verlassen, doch es trieben sich nach wie vor etliche deutsche Ritter in Rom herum. Diese Leute und die Untergebenen des Papstes suchten noch immer nach den Hintermännern des misslungenen Anschlags auf Friedrich, und daher erschien es d’Specchi unabdingbar, sich des Schutzes der Orsini-Sippe zu versichern.
Die Haltung der Gäste machte einen guten Eindruck auf Ercole Orsini und Contessa Flavia, auch wenn ihnen Francescas zukünftige Schwiegermutter etwas zu sehr auf Abstand bedacht zu sein schien. Francesca ließ sich von der scheinbaren Freundlichkeit der d’Specchis jedoch nicht blenden. Sowohl Celestinas Verwandlung in eine liebevolle Schwägerin wie auch Cirios Bemerkung, wie glücklich er sich schätze, nicht nur ein so schönes Weib zu gewinnen, sondern auch bald Vater eines strammen Sohnes zu sein, klangen in ihren Ohren verlogen. Cirio d’Specchi musste doch wissen, dass er sie unmöglich hatte schwängern können. Oder glaubte er tatsächlich das Märchen, dass sie nach erfolgtem Geschlechtsverkehr vor ihm geflohen wäre und irgendeiner ihn bei der Suche nach ihr niedergeschlagen hätte?
Dieser Umstand machte ihn ihr nicht sympathischer. Sie mochte keine Männer, die sich damit brüsteten, eine Frau gegen deren Willen genommen zu haben. Mehr denn je sehnte sie sich nach Falkos Nähe und sagte sich, dass selbst ein Leben in den kalten und nebelverhangenen Urwäldern Germaniens einer Ehe mit Cirio d’Specchi vorzuziehen sei. Daher ließ sie die Gäste reden, was diese auch reichlich taten, und fand als Einzige der gesamten Sippe Isotta sympathisch. Diese ergriff zwar nur selten das Wort, bedachte aber ihren Sohn mit finsteren Blicken und strich ihr sogar einmal wie tröstend über die Hand.
Wie wenig die Mutter in ihrer Familie zählte, stellte Francesca jedes Mal fest, wenn Celestina dieser über den Mund fuhr. Anstatt seine Tochter zurechtzuweisen, stimmte Dario d’Specchi Celestina zu und gab seine Gemahlin mehrfach der Lächerlichkeit preis.
So wie Isotta, sagte Francesca sich, wollte sie wahrlich nicht leben wollen, und legte sich ihre nächsten Schritte zurecht.
18.
U m Prinz Ladislaus so beschützen zu können, wie er es für nötig hielt, blieb Falko nichts anderes übrig, als den Campo Santo
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