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Toechter Der Suende

Toechter Der Suende

Titel: Toechter Der Suende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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Ladislaus seinen Lehrer länger als für den Unterricht nötig in seiner Nähe dulden. Daher war es unwahrscheinlich, dass der Prinz Wendel freiwillig folgen würde.
    Nun aber hieß es, sich auf die Lauer zu legen, ohne Verdacht zu erregen. Falko hatte sich bereits eine kleine, als Abstellraum benutzte Kammer ausgesucht, von der aus er die Tür zu Ladislaus’ Schlafgemach überwachen konnte. Er verließ die Tischrunde kurz nach dem Prinzen und gelangte gerade noch rechtzeitig in den Raum, bevor Kaspar Wendel mit einem Krug und einem Becher in der Hand die Treppe heraufkam. Da diese Arbeit normalerweise von den Dienern erledigt wurde, erhärtete sich Falkos Verdacht.
    Vor Ladislaus’ Tür blieb Wendel stehen und blickte sich rasch um. Dann zog er ein kleines Fläschchen unter seinem Wams hervor, entkorkte es mit den Zähnen und goss den Inhalt in den Krug.
    Falko hielt die Tür nur einen winzigen Spalt auf, so dass er hinaussehen konnte, und nickte angespannt. Er hatte sich nicht geirrt. Erleichtert zog er einen Stuhl zur Tür und setzte sich. Ich darf nicht einschlafen, beschwor er sich und war nun froh um seine zittrige Anspannung, die ihn wach halten würde.
    Außerdem war er überzeugt, dass Wendel sich nicht viel Zeit lassen konnte. Von Gisos und Michis Mutter, der mittlerweile verstorbenen Ziegenbäuerin, wusste er ungefähr, wie schnell Betäubungstränke wirkten und wie lange sie anhielten. Kaspar Wendel musste unbedingt vermeiden, dass der Prinz sich ausgerechnet in dem Augenblick zu regen begann, in dem er ihn an den Wachen vorbeibrachte. Doch wie wollte Wendel den ohnmächtigen Jungen unauffällig aus dem Palast bringen?
    Nun machte er sich Vorwürfe, weil er einen so wichtigen Punkt außer Acht gelassen hatte. Daher öffnete Falko die Tür und beobachtete, wie die Lampe niederbrannte, die den Flur erhellte. Wenn sie ganz erlosch und Wendel mit dem Prinzen so leise das Zimmer verließ, dass er es nicht bemerkte, hatte er Kaiser Friedrich einen Bärendienst erwiesen.
    In den nächsten Minuten starb Falko tausend Tode vor Sorge um den Prinzen. Warum habe ich nicht auf Hilbrecht gehört und Michi zu Hilfe gerufen?, fragte er sich. Auch gab es hier im Palast genug Gefolgsleute von Kaiser Friedrich, die eine Entführung des Prinzen hätten verhindern können. Doch er hatte selbst der Held sein wollen und damit vielleicht alles verspielt.
    Ein Geräusch aus der Kammer des Prinzen ließ Falko aufmerksam werden. Noch brannte die Öllampe, die den Flur erhellte, wenn auch nur schwach. Dennoch konnte er erkennen, dass die Tür geöffnet wurde und Wendel den Kopf heraussteckte. In diesem Augenblick war er froh um das winzige, stark flackernde Licht, denn bei größerer Helligkeit hätte Wendel bemerkt, dass eine der gegenüberliegenden Türen halb offen stand.
    Der Lehrer des Prinzen zog sich in die Kammer zurück, kam aber kurz darauf wieder zum Vorschein. Nun trug er einen zusammengerollten Teppich über seiner Schulter. Im ersten Augenblick war Falko verwirrt. Dann aber erinnerte er sich an eine Sage, die Giso einmal erzählt hatte.
    Kleopatra, die Tochter des Pharaos von Ägypten, der Moses und die Israeliten bei deren Flucht verfolgt und ein erbärmliches Ende im Schilfmeer gefunden hatte, war in einen Teppich gehüllt zu dem römischen Kaiser Julius Cäsar gebracht worden, und zwar, wie sein geistlicher Freund unter vorgehaltener Hand geflüstert hatte, mit nichts anderem bekleidet als ihrer Haut.
    Wollte Kaspar Wendel den Prinzen nun auf gleiche Weise aus dem Palast schaffen? Dick genug sah die Teppichrolle aus. Daher schlich Falko hinter Ladislaus’ Lehrer her, bis dieser auf ein paar Wachen traf.
    »Was tragt Ihr denn noch mitten in der Nacht herum?«, fragte einer der Männer aufgeräumt.
    »So spät ist es noch nicht! Ich habe mit Seiner Königlichen Hoheit, dem Prinzen, gebetet, und da sagte er mir, wie sehr ihm dieser Teppich gefallen habe und dass er ihn gerne als Geschenk Seiner Heiligkeit mit in die Heimat nehmen würde. Um der Laune des Knaben zu gehorchen, habe ich den Teppich zusammengerollt und bringe ihn zu den Fuhrleuten.«
    »Der Prinz wird sich freuen, wenn er die kahlen Gemächer seiner Heimat damit schmücken kann!« Der Wächter wollte Kaspar Wendel vorbeilassen, doch da machte Falko sich bemerkbar.
    »Einen Augenblick, wenn es genehm ist. Wenn Ihr erlaubt, würde ich mir diesen Teppich gerne ansehen. Ich habe nämlich meiner Mutter versprochen, ihr ebenfalls einen aus Rom

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