Toechter Der Suende
Francesca etwa nieder?«
Annunzia schüttelte erregt den Kopf. »Nein, Signore Cirio. Sie ist aus ihrem Elternhaus entflohen und zu ihrem deutschen Liebhaber gelaufen.«
Da Cirio seiner Verletzung wegen längere Zeit nicht in Rom gewesen war, hatte er nichts von Falko und dessen Besuchen bei Orsini erfahren.
Im Gegensatz zu ihm wusste sein Vater sofort, von wem Annunzia sprach, und packte sie mit hartem Griff. »Los, rede! Sonst schüttele ich dich, bis deine Knochen auseinanderfliegen!«
»Ich rede ja schon«, rief Annunzia furchtvoll. »Francesca hat heute Abend heimlich den Palazzo verlassen und ist zum Campo Santo Teutonico gegangen. Dort ist dieser verfluchte Deutsche untergebracht, der sie an jenem schrecklichen Tag bei den Katakomben gefunden haben will. Ich bin fest davon überzeugt, dass der Mann Signore Cirio niedergeschlagen und danach mit Francesca übelste Unzucht getrieben hat. Die beiden haben sich später immer wieder getroffen und in der Sakristei der Sankt-Irenen-Kapelle das miteinander getan, was Ihr, meine Herren, an jenem Tag, an dem der junge Caraciolo starb, gerade noch verhindern konntet.«
»Diese verfluchte Hure! Ich bringe sie um!«, schäumte Cirio auf.
Sein Vater dachte daran, wie dringend sie der Hilfe der Orsinis bedurften, und ließ Annunzia los, um seinen Sohn zurechtzuweisen. »Nimm Vernunft an, du Narr! Francesca muss dein Weib werden – und wenn sie mit hundert Deutschen gehurt hätte. Komm! Wir holen sie zurück! Conte Ercole wird uns dankbar sein.«
»Der Deutsche wird sich sein Liebchen nicht so einfach wegnehmen lassen«, stichelte Annunzia.
»Tino, rufe die Knechte zusammen! Sie sollen sich bewaffnen und uns begleiten«, befahl der ältere d’Specchi einem seiner Männer und eilte ins Haus zurück, um selbst Dolch und Schwert zu holen.
Sein Sohn blieb im Hof stehen und starrte Annunzia düster an. »Du sagst, dieser Deutsche hätte mir diese Wunde beigebracht?«
»Da bin ich mir ganz sicher. Ich habe ihn während der Messe in den Katakomben gesehen. Das ist mir aber erst vorhin wieder eingefallen. Oh, Heilige Maria Muttergottes, weshalb hat mein Herr seine Tochter an jenem Tag nicht gezüchtigt, sondern ihr sogar noch erlaubt, mich als Zofe zu verstoßen! Ich hätte verhindert, dass Francesca verbotene Wege beschreitet.«
Annunzia versuchte, sich in ein möglichst gutes Licht zu rücken, um die Belohnung, die sie sich erhoffte, zu steigern. Doch Cirio kümmerte sich nicht mehr um sie, sondern ließ seinen Blick über die sechs Knechte schweifen, die auf die Schnelle zusammengerufen worden waren, und verließ an ihrer Spitze das Anwesen, bevor sein Vater wieder aus dem Haus getreten war.
21.
I n dieser Nacht würde es geschehen! Davon war Falko überzeugt. Kaspar Wendel war den ganzen Nachmittag fahrig gewesen und hatte beim Abendessen sogar seinen Weinbecher umgestoßen. Da das Mahl nur im kleinen Kreis eingenommen worden war, hatte Falko daran teilnehmen dürfen und sich dabei mit Ladislaus unterhalten.
Zwar erschien ihm der Knabe sehr von sich eingenommen, aber dem Erben zweier Kronen musste man dies nachsehen, zumal der Prinz jedermann mit ausgesuchter Höflichkeit begegnete. Zu Falkos Erstaunen neidete er Friedrich III. die Kaiserkrone nicht, sondern war im Gegenteil froh, dass diese für das Haus Habsburg bewahrt worden war. Allerdings sah Ladislaus in seinem Verwandten nur einen Platzhalter, dem er selbst einmal nachfolgen wollte. Da er fünfundzwanzig Jahre jünger war als Friedrich, schien dies auch Falko sehr wahrscheinlich.
Daher tat oder sagte er nichts, was den zukünftigen König von Böhmen und Ungarn verärgern konnte. Beinahe hätte er während des interessanten Gesprächs sogar seinen Verdacht fallengelassen. Doch als Kaspar Wendel die Tafel aufhob und Ladislaus aufforderte, sich in sein Schlafgemach zu begeben, spürte Falko seine Anspannung wachsen.
Ladislaus gefiel es nicht, dass so über ihn bestimmt wurde, und er blieb sitzen. »Ich habe aber noch Durst!«
»Begebt Euch ruhig in Eure Gemächer, Königliche Hoheit. Ich werde Euch etwas zu trinken bringen.« Kaspar Wendel nickte der kleinen Tischgesellschaft noch kurz zu und verließ den Raum.
Der Prinz sah ihm nach und stand auf. »Ich bitte die Herren, mich zu entschuldigen. Noch bin ich nicht Herr über meine Entscheidungen und muss in großen Dingen meinem edlen Verwandten Friedrich und in kleinen meinem Schulmeister gehorchen.«
In Falkos Ohren klang das nicht so, als würde
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