Toechter Der Suende
kommst du auf den Gedanken, uns jetzt schon zu verlassen? Mein lieber Rudolf und ich freuen uns doch so, dich bei uns zu wissen! Ich würde mich glücklich schätzen, wenn du für immer bleiben würdest. Mein Sohn ist gewiss kein schlechterer Ehemann als der, den die Verwandten deines Vaters oder dein Bruder für dich aussuchen werden.«
»Halbbruder!«, rückte Margarete die Tatsachen zurecht.
Ihr Verhältnis zum Sohn ihrer Mutter wurde durch die Feindschaft getrübt, die dieser ihr und ihren Eltern lange Jahre entgegengebracht hatte. Erst nach deren Tod hatte er Ansprüche auf sie geltend gemacht, aber nur, um für sie eine Ehe zu stiften, die ihm zum Vorteil gereichte. Da dies auch die Verwandten ihres Vaters versuchten, hatte sie sich zu dieser Pilgerreise entschlossen. Daher würde sie sich auch nicht auf einer nachrangigen Burg im Sundgau festhalten lassen.
Dagoberta kannte die Abneigung des Mädchens gegen ihre Verwandten und stieß nach. »Auf meine Cousine Edelgunde und deren Mann wirst du wohl kaum zählen können. Ich denke, sie sind der Seuche zum Opfer gefallen, sonst wären sie längst nachgekommen. Ich werde in den nächsten Tagen einen Boten zum Kloster schicken und ein paar Seelenmessen für sie und ihren Gatten bestellen lassen. Aber wenn du wirklich nach Rom reisen willst, so kannst du dies auch als Gemahlin meines Sohnes tun. Gewiss wird er dir diesen Gefallen erweisen.«
Das wird er bestimmt nicht, fuhr es Margarete durch den Kopf. Und wenn doch, so wird er mich in den dunkelsten Ecken der Kirchen von hinten nehmen wie ein Tier. Diese Sünde wollte sie nicht auf sich laden. Und auch ohne diese Aussicht graute ihr davor, Rudolf hier oder gar auf einer Reise ausgeliefert zu sein.
»Ich bedaure, aber ich gedenke nicht zu heiraten, sondern wünsche mir von ganzem Herzen, in ein Kloster einzutreten und eine Braut unseres Herrn Jesus Christus zu werden«, antwortete sie. Etwas anderes würde ihr auch nicht übrigbleiben, wenn sie sich wenigstens einen Zipfel eigenen Willens bewahren wollte.
»Papperlapapp!«, entfuhr es Dagoberta. »Ein Weib ist dazu da, einem Mann Kinder zu gebären und nicht sich hinter Klostermauern einzuschließen. Du wirst dich über die Manneskraft meines Rudolfs nicht beschweren müssen!«
»Deswegen rammelt er jede Magd, die ihm in den Weg kommt!«, stieß Margarete wütend aus.
Dagoberta winkte lachend ab. »Was kümmert es dich? Männer sind nun einmal so geschaffen, dass sie jeder willigen Frau zwischen die Beine fahren. Mein Gemahl, Gott habe ihn selig, hat es ebenso gehalten. Trotzdem haben wir eine glückliche Ehe geführt. Bei dir und Rudolf wird es nicht anders sein. Es ist sogar ganz gut, wenn die Mannsleute sich bei den Mägden austoben. Dann muss man sie nicht so oft ertragen!«
Bevor Margarete etwas darauf antworten konnte, wurde die Tür geöffnet, und Rudolf kam herein. Er hatte seine Hosen wieder festgebunden und grinste über das ganze Gesicht.
Die junge Frau empfand nichts als Abscheu vor ihm, und das nicht nur wegen seines Umgangs mit den Mägden. Der Junker war groß und wuchtig gebaut, doch auf seinen Schultern saß ein winziger kugelrunder Kopf, auf dem dünnes Blondhaar klebte. Die kleinen Augen glichen ebenso denen eines Schweins wie die kurze, nach oben stehende Nase. Sein Aussehen hätte ihr jedoch weniger ausgemacht, wenn er eine Spur von Verstand besessen hätte. Doch außer Essen, Trinken und Rammeln hatte nichts anderes in seinem Kopf Platz. Vielleicht noch Raufen und Prügeln, dachte sie. Rudolf war der stärkste Mann, den sie je gesehen hatte, und seine Siege in kleineren Turnieren hatte er allein durch rohe Kraft erstritten. So oder so war er der Letzte, den sie zu heiraten gedachte.
»Ich habe Eurer Mutter bereits gesagt, dass ich morgen abreise«, erklärte Margarete dem Junker.
Dieser starrte sie verdattert an und brachte kein Wort heraus.
Schließlich riss seiner Mutter der Geduldsfaden, und sie befahl ihm, sich auf einen leeren Stuhl zu setzen. »Darüber ist das letzte Wort noch nicht gesprochen.«
»Doch, das ist es!«, erklärte Margarete mit allem Nachdruck, den sie aufbringen konnte.
Hatte Dagoberta ihr eben noch die Weiterreise ausreden wollen, schwenkte sie mit einem Mal um. »Nun, wenn es dein fester Wille ist, werden wir ihn selbstverständlich respektieren. Nicht wahr, mein Sohn?«
Rudolf gab einen Laut von sich, der Zustimmung bedeuten mochte, starrte Margarete aber enttäuscht an. Sie gefiel ihm weitaus besser als
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