Toechter Der Suende
der Klosterbruder die Tür wieder schließen, doch Hilbrecht stellte rasch den Fuß dazwischen.
»Ehrwürdiger Bruder, ich fordere nicht in meinem Namen Obdach, sondern in dem der ehrwürdigen Mutter Elisabeth, Äbtissin der frommen Nonnen von Tre Fontane bei Rom.«
Jetzt hielt der Mönch inne und kniff die Augen zusammen. »Eine fromme Dame, sagt Ihr? Wie viele Begleiter hat sie denn?«
»Knapp dreißig«, antwortete Hilbrecht fröhlich.
Der Geistliche schlug erschrocken das Kreuz. »Heilige Maria Muttergottes, so viele? Da weiß ich nicht, ob ich genug Brot vorrätig habe. Ihr werdet Euch mit Getreidebrei zufriedengeben müssen!«
»Wir werden es überleben«, erklärte Hilbrecht und kam dann noch einmal auf einen Becher Wein zu sprechen.
Seufzend versprach der Mönch, ihm einen zu bringen, und ließ ihn endlich ein. Der Raum, in den er ihn führte, war recht groß, und es lagen mehr als zwei Dutzend Strohsäcke auf dem Boden. »Da werdet Ihr samt den übrigen Männern Eures Reisezugs nächtigen. Wir haben bereits Gäste im Haus und daher zu wenig Zimmer. Für die ehrwürdige Mutter werden wir selbstverständlich eine Kammer räumen lassen.«
»Tut das! Aber erst, nachdem Ihr mir den Wein gebracht habt, ehrwürdiger Bruder!« Hilbrecht suchte sich mit einem kundigen Blick die beste Schlafstelle aus, legte seine Satteltasche und sein Schwert daneben und wollte sich gerade setzen. Da hörte er draußen hastige Schritte. Kurz darauf wurde die Tür geöffnet, und eine dickliche Frau mittleren Alters walzte herein. In ihrem Sog folgten ein untersetzter Mann und eine Magd.
Die Dicke, die Hilbrecht nicht weiter als bis zum Kinn reichte, fasste nach seinen Händen. »Edler Herr, Ihr wisst gar nicht, wie froh wir sind, Euch gefunden zu haben! Wie Ihr gewiss schon gehört habt, sind mein Mann und ich, aber auch unsere Magd Mia hier krank geworden. Nun ist unsere Reisegruppe weitergezogen, und wir suchen verzweifelt nach einer Möglichkeit, uns einem anderen Pilgerzug anzuschließen. Welch eine Freude, dass es ausgerechnet einer aus Würzburg ist! Mit anderen Leuten hätten wir ungern reisen wollen. Man weiß doch, dass das alles Gauner sind, die einen übers Ohr hauen wollen, vor allem die Nürnberger, Haller, Rothenburger …«
In kürzester Zeit zählte die Frau mehr als zwei Dutzend Namen von Orten und Landschaften auf, deren Bewohner sie verdächtigte, es mit Recht und Gesetz nicht allzu genau zu nehmen oder gar gleich mit dem Teufel im Bunde zu stehen. Sie schloss mit den Worten, dass die ehrwürdige Mutter Elisabeth gewiss erfreut sein werde, Landsleute aus ihren Schwierigkeiten erretten zu können.
Hilbrecht versuchte, sich aus der Klemme zu winden. »Leider kann ich nicht für die Dame sprechen!«
Doch gegen das Mundwerk der Frau kam er nicht an. »Wisst Ihr, die Mönche haben sich um uns gekümmert und uns gesund gepflegt, bis auf unseren Knecht natürlich, der zu unserem Herrn Jesus Christus eingegangen ist. Aber sie sind nicht sehr großzügig mit Speis und Trank für die Gesunden. Wie soll man denn von einem Stück Brot und etwas Getreidebrei satt werden? Wenn wir hier länger bleiben müssten, würden wir noch vom Fleisch fallen.«
So schnell wirst du schon nicht verhungern, durchfuhr es Hilbrecht. Und doch musste er der Dame recht geben. Besondere Mühe, ihre Gäste zu bewirten, machten diese Mönche sich offensichtlich nicht, denn er wartete noch immer auf seinen Wein.
»Ich bin übrigens Edelgunde von Frammenberg, und das ist mein Mann Oskar«, stellte die Frau sich nun vor. »Eigentlich haben wir uns ja zu dritt auf den Weg nach Rom gemacht. Die Tochter meiner Cousine Gerhild hatte uns begleitet und wollte natürlich bei uns bleiben, um uns zu pflegen. Doch um ihrer selbst willen haben wir sie fortgeschickt. Schließlich wollten wir nicht, dass auch sie vom giftigen Hauch der Krankheit erfasst wird. Ich und mein Mann haben geglaubt, unser letztes Stündlein habe geschlagen, und wollten das arme Kind nicht mit uns in die Ewigkeit nehmen. Sie wartet bei unserer Verwandten Dagoberta auf Burg Ottmeringen auf uns – falls sie mittlerweile nicht weitergereist ist. Es hat doch einige Tage gedauert, bis wir wieder auf die Beine gekommen sind, auch wenn wir die verlorenen Kräfte bei der mageren Kost in diesem Kloster freilich nicht ersetzen konnten. Daher sind wir ja so froh, Euch gefunden zu haben. Die ehrwürdige Mutter …«
Spätestens in diesem Augenblick schaltete Hilbrecht seine Ohren auf
Weitere Kostenlose Bücher