Toechter Der Suende
verschwinde, sonst …« Er brauchte die Drohung nicht auszusprechen.
Der Schulze warf einen letzten Blick auf die Waffenknechte, die ein ihm unbekanntes Wappen auf der Brust trugen, und verschwand schneller, als er gekommen war. Seine Knechte rannten hinter ihm her.
»Lumpengesindel!«, spottete Bertschmann, während sein Herr Hildegard hochzog und ihr ein paar Ohrfeigen versetzte.
»Du verdammtes Biest! Das hast du nicht umsonst getan!« Der Junker holte noch einmal aus, bemerkte aber ihren Blick, aus dem jeder Ausdruck von Angst gewichen war und der nur noch Verachtung für ihn zeigte, und senkte die Hand.
»Lass es dir eine Lehre sein«, sagte er kühl und befahl einem seiner Männer, Hildegard zu knebeln.
Der Mann zog ein Tuch unter seinem Waffenrock hervor und beugte sich aus dem Sattel herüber, um es Hildegard in den Mund zu stopfen. Im nächsten Augenblick zog er die Hand mit einem Schmerzensschrei wieder zurück. »Das Biest hat mich gebissen!«
Es klang so erschrocken, dass Junker Bruno im ersten Impuls zu lachen begann. Dann aber verstummte er, packte Hildegard beim Genick und bog ihren Kopf so, dass sein Untergebener sie knebeln konnte. Gerade, als der Mann die Enden des Tuches hinter dem Nacken des Mädchens festbinden wollte, stieß Hildegard mit den Beinen nach dem Pferd, so dass dieses durchzugehen drohte. Bruno von Reckendorf begriff, dass er auf diese Weise nicht weit kommen würde. Daher hielt er sein Pferd an und fesselte Hildegard mit Hilfe zweier Männer so, dass sie kein Glied mehr rühren konnte.
Während Junker Bruno trotz gewisser Probleme mit seiner Gefangenen sichtlich zufrieden war, durchlebte Hildegard tausend Ängste. Sie fürchtete sich nicht nur vor dem, was sie erwartete, sondern bangte auch um Lisa. Sie hatte noch gesehen, wie das vordere Sänftenpferd durchgegangen war und die Sänfte hinter sich hergeschleift hatte. Möglicherweise würde dies eine Fehlgeburt auslösen. Nicht weniger Angst hatte sie um ihre Ziehmutter, die von Bertschmann niedergeschlagen worden war.
Hildegard hätte sich nicht vorstellen können, jemals einen Menschen so zu hassen wie ihren Entführer und dessen noch widerwärtigeren Kumpan. Nun wünschte sie sich die Kraft eines Bären, um ihre Fesseln zu sprengen, und dessen Krallen, um die beiden Männer zerfetzen zu können. Stattdessen war sie eine hilflose Gefangene, die alles mit sich geschehen lassen musste. Während sie auf dem Tuch in ihrem Mund herumkaute in dem fruchtlosen Versuch, sich davon zu befreien, verfluchte sie Reckendorf und überlegte verzweifelt, wie sie dem Schurken entkommen konnte.
7.
I m Vergleich zu Florenz war Rom eine herbe Enttäuschung. Falko war noch vom Glanz der prachtvollen Gebäude der Arno-Stadt, den herrlichen Kirchen mit ihren wundervollen Fresken und den kühnen Brücken geblendet. Mit diesen Bildern im Kopf starrte er nun auf eine Szenerie des Verfalls. Hie und da gab es verwitterte Basiliken und einzelne Palazzi, um die sich eng zusammenstehende Häuser und kleinere Kirchen scharten. Der größte Teil der Fläche, die sich innerhalb des schier endlosen Mauerrings befand, nahmen jedoch Gebäude mit halb zusammengebrochenen Mauern, in den Himmel aufragende Säulen sowie andere Bauwerke ein, die dem Anschein nach als Steinbruch Verwendung fanden.
Enttäuscht wandte Falko sich zu Giso um. »Und das hier hast du Caput Mundi, das Haupt der Welt, genannt!«
»Das ist die Stadt trotz allem noch«, erwiderte sein Freund hitzig. »Rom ist die Stadt Seiner Heiligkeit, Papst Nikolaus’ V. Außerdem hat es im Lauf seiner Geschichte schon ganz andere als uns in seine Mauern einziehen sehen, wie zum Beispiel Julius Cäsar, Kaiser Konstantin und die großen Kaiser Karl und Otto.«
»Aber auch Eroberer und Plünderer wie den Hunnen Etzel, den Goten Alarich und Geiserich, den Vandalen«, mischte sich Elisabeth in das Gespräch mit ein.
Bei einem Namen widersprach Giso ihr heftig. »Der Hunne hat die Heilige Stadt nie betreten! Ihm ist der große Papst Leo entgegengezogen. Dieser hat ihm die Macht und die Herrlichkeit Gottes gezeigt, und dann ist der Barbar mit eingekniffenem Schwanz aus Italien verschwunden. Im Jahr darauf wurde er im Brautbett von einer christlichen Jungfrau, die er zur Ehe zwingen wollte, mit ihren eigenen Zöpfen erwürgt!«
Falko schüttelte den Kopf. »Das glaube ich nicht. Etzel war ein großer König, und er hat Italien für seinen Freund, den großen Gotenkönig Dietrich, erobert. Er ist gewiss
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