Töchter des Feuers: Roman (German Edition)
du jetzt auch tun. Du warst immer da, seit ich wie alt – vierzehn, fünfzehn – war? Und dann war da Robbie. Ich war so in ihn verliebt, daß ich nicht das Bedürfnis zu denken empfand. Mein ganzes Leben bestand nur aus ihm und aus dem Bestreben, ihm ein Heim einzurichten, damit er gern nach Hause kam. Als ich ihn verlor, dachte ich, ich würde ebenfalls sterben. Weiß Gott, das hätte ich gewollt.«
Unweigerlich nahm Rogan ihre Hand. »Ich habe ihn auch geliebt.«
»Ich weiß. Und du warst derjenige, der mir über die schrecklichste erste Zeit hinweggeholfen hat. Du hast mir geholfen zu trauern und schließlich einen Schritt weiterzugehen. Mit dir konnte ich über Robbie reden und lachen oder weinen, je nachdem, wonach mir gerade zumute war. Du warst der beste Freund für mich, so daß es nur natürlich war, daß ich dich
liebte. Und es schien mir vernünftig, darauf zu warten, daß du mich statt als alte Freundin auch als Frau zur Kenntnis nahmst. Dann hättest du dich bestimmt in mich verliebt und mich gebeten, dich zu heiraten …«
Seine Finger spielten ruhelos mit ihrer Hand. »Hätte ich genauer hingesehen …«
»Dann hättest du immer noch nur das gesehen, was du hättest sehen wollen«, beendete sie seinen Satz. »Aus Gründen, über die ich lieber nicht sprechen möchte, kam ich gestern abend zu dem Schluß, es wäre an der Zeit, einen Schritt weiterzugehen. Ich dachte, wenn ich dich küssen würde, wäre das, als würde ich, oh, mit Sternenstaub und Mondstrahlen bestäubt. Ich habe mich in diesen Kuß gestürzt, weil ich dachte, dann würde ich wieder all diese wunderbaren Gefühle empfinden, all dieses herrlich schmerzende Zerren und Ziehen. Ich wollte es so sehr. Aber nein.«
»Patricia, es ist nicht so, daß…« Er brach ab und sah sie mit zusammengekniffenen Augen an. »Wie bitte?«
Als sie lachte, verwirrte ihn das noch mehr. »Nachdem mein wohlverdienter Weinkrampf vorüber war, habe ich über die ganze Sache nachgedacht. Du warst nicht als einziger davon überrascht, Rogan. Mir wurde klar, daß ich rein gar nichts empfunden hatte bei unserem Kuß.«
»Rein gar nichts«, wiederholte er nach einem Augenblick.
»Nichts außer Scham, weil ich uns beide so gräßlich in Verlegenheit gebracht hatte. Mir wurde klar, daß ich dich sehr gerne habe, ohne in dich verliebt zu sein. Ich hatte eben einfach meinen besten Freund geküßt.«
»Ich verstehe.« Es war lächerlich, aber er fühlte sich in seiner männlichen Ehre gekränkt. Na und? Er war nun mal ein Mann. »Was für ein Glück, nicht wahr?«
Sie kannte ihn gut, und lachend legte sie ihm die Hand auf die Wange. »Jetzt habe ich dich beleidigt.«
»Nein, das hast du nicht. Ich bin erleichtert, daß die Situation zwischen uns geklärt worden ist.« Als er ihren milden Blick bemerkte, fluchte er. »Also gut, verdammt, du hast mich beleidigt. Oder zumindest hast du meinen männlichen Stolz verletzt.« Nun grinste er ebenfalls. »Dann bleiben wir also Freunde, ja?«
»Für alle Zeit.« Sie atmete erleichtert auf. »Ich kann dir gar nicht sagen, wie erleichtert ich bin, weil diese Sache endlich erledigt ist. Weißt du, ich denke, ich nehme Josephs Angebot, einen Tee zu trinken, an. Kommst du mit?«
»Tut mir leid. Wir haben gerade eine Lieferung aus Inverness erhalten, die ich mir noch ansehen will.«
Sie erhob sich von ihrem Platz. »Weißt du, in einer Sache hat meine Mutter wirklich recht. Du arbeitest zu hart, Rogan. Und langsam sieht man es dir an. Du bräuchtest unbedingt ein paar Tage Urlaub.«
»In ein, zwei Monaten vielleicht.«
Sie schüttelte den Kopf, beugte sich zu ihm herab und küßte ihn auf die Stirn. »Das sagst du immer. Ich wünschte nur, dieses Mal wäre es dir ernst.« Sie legte den Kopf zur Seite und lächelte. »Ich denke, deine Villa in Südfrankreich ist ein hervorragender Platz, wenn man sich nicht nur entspannen will, sondern obendrein noch kreative Anregungen sucht. Die Farbe und die Beschaffenheit der Umgebung wären für eine Künstlerin genau das richtige.«
Er öffnete den Mund, doch dann klappte er ihn wieder zu. »Du kennst mich einfach zu gut«, murmelte er.
»Allerdings. Denk einfach mal drüber nach.« Sie ließ ihn grübelnd zurück und ging in die Küche. Da Joseph in der Hauptgalerie mit ein paar letzten Kunden beschäftigt war, stellte sie den Kessel selbst auf den Herd.
Gerade als sie die erste Tasse einschenkte, kam Joseph. »Tut mir leid«, sagte er. »Sie wollten einfach nicht
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