Töchter des Feuers: Roman (German Edition)
gehen. Und ebensowenig haben sie auch nur ein einziges Pfund lockergemacht.
Und dabei dachte ich, ich beende den Tag mit dem Verkauf dieser Kupferskulptur. Sie wissen schon, die, die ein bißchen aussieht wie ein brennender Busch. Aber nein. Sie sind mir entwischt.«
»Hier, trösten Sie sich mit einem Tee.«
»Gern. Vielen Dank. Haben Sie…« Als sie sich umdrehte und er ihr Gesicht zu sehen bekam, unterbrach er sich. »Was ist? Was ist los?«
»Nichts.« Sie brachte die Tassen an den Tisch, und beinahe hätte sie sie fallen gelassen, als er ihren Arm ergriff.
»Sie haben geweint«, sagte er mit gepreßter Stimme. »Und Sie haben Ringe unter den Augen.«
Mit einem ungeduldigen Seufzer stellte sie die klirrenden Tassen auf den Tisch. »Warum nur sind Kosmetika so verdammt teuer, wenn man trotzdem alles sieht? Wie soll eine Frau mal ordentlich heulen können, wenn sie sich nicht auf ihren Puder verlassen kann?« Sie wollte sich setzen, aber er hielt sie zurück, und überrascht blickte sie zu ihm auf. Als sie seine Augen sah, wurde sie sichtlich nervös. »Es ist nichts – wirklich nicht. Ich habe mich ein bißchen töricht benommen, aber jetzt… jetzt ist alles wieder gut.«
Er war nicht der Meinung. Natürlich hatte er sie schon vorher in den Armen gehalten. Sie hatten miteinander getanzt. Aber jetzt gab es keine Musik. Nur sie. Langsam hob er eine Hand und fuhr sanft mit dem Daumen über die dunklen Stellen, die er unter ihren Augen sah. »Sie vermissen ihn immer noch. Robbie, meine ich.«
»Ja, und ich denke auch nicht, daß das je aufhören wird.« Aber das geliebte Gesicht ihres verstorbenen Mannes verschwamm vor ihrem geistigen Auge, denn mit einem Mal nahm sie nur noch Joseph wahr. »Ich habe nicht wegen Robbie geweint. Zumindest nicht wirklich. Eigentlich weiß ich gar nicht so genau, was der Grund für mein Elend war.«
Sie war so wunderbar, dachte er. Ihr Blick so sanft und
verwirrt. Und ihre Haut – nie zuvor hatte er sie derart zu berühren gewagt – kam ihm wie Seide vor. »Sie dürfen nicht weinen, Patty«, hörte er sich sagen, und dann küßte er sie, preßte seine Lippen auf ihren Mund, vergrub seine Hand in ihrem weich fallenden Haar.
Er verlor sich, ertrank in ihrem Duft, wurde angesichts ihrer vor Überraschung geöffneten Lippen, die ihm eine lange, volle Kostprobe ihres köstlichen Geschmacks ermöglichten, von schmerzlicher Sehnsucht erfüllt.
Ihr Körper wurde weich, und ihre zarte Zerbrechlichkeit weckte unerträgliche und widerstreitende Bedürfnisse in ihm. Sie zu nehmen, sie zu schützen, sie zu trösten und sie zu besitzen.
Es war ihr halb schockierter und halb verwunderter Seufzer, der ihn wie ein Eimer kaltes Wasser traf.
»Ich – es tut mir leid.« Er suchte nach den passenden Worten, doch als sie ihn anzustarren begann, verstummte er und trat verlegen einen Schritt zurück. »Das war unverzeihlich.«
Er machte auf dem Absatz kehrt und ging davon, ehe sie wieder bei vollem Bewußtsein war.
Seinen Namen auf den Lippen, ging sie ihm nach, doch dann blieb sie stehen, preßte ihre Hand an ihr rasendes Herz und sank mit zittrigen Knien auf einen Stuhl.
Joseph? Ihre Hand fuhr von der Brust zu ihrer geröteten Wange hinauf. Joseph, dachte sie ein zweites Mal. Es war einfach lächerlich. Sie waren nichts weiter als flüchtige Bekannte, denen ihre Zuneigung zu Rogan und zur Kunst gemeinsam war. Er war … nun, so etwas wie ein Bohemien. Und auf jeden Fall charmant, wie sicher jede Frau, die ihm auch nur einmal begegnet war, bestätigte.
Und es war nur ein Kuß gewesen. Nur ein Kuß, sagte sie sich, während sie nach ihrer Tasse griff. Aber ihre Hände zitterten so sehr, daß sie ihren Tee auf der Tischplatte vergoß.
Ein Kuß, wurde ihr zu ihrer Überraschung klar, bei dem sie
von den erhofften Mondstrahlen und dem Sternenstaub, von all den ersehnten wunderbaren Gefühlen und dem gräßlichen Zerren und Ziehen in ihrem Inneren überwältigt worden war.
Joseph, dachte sie erneut und rannte auf der Suche nach ihm in den Flur hinaus.
Sie erblickte ihn und stürzte ohne ein Wort an Rogan vorbei.
»Joseph!«
Mit einem leisen Fluch blieb er stehen. Hier stand er nun und bekäme sicher gleich eine ordentliche Backpfeife verpaßt, noch dazu – da er nicht schnell genug gewesen war – in aller Öffentlichkeit. Resigniert drehte er sich um und warf sein glattes Haar über die Schultern zurück.
Nur wenige Zentimeter vor ihm kam sie zum Stehen. »Ich …«, und mit
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