Töchter des Feuers: Roman (German Edition)
irgendwie nie mein Typ. Um die Hüften herum ein bißchen voll – und dann noch dieser dicke Pinselstrich. Tja, sagen wir so, ich denke, daß es dem Künstler an Subtilität gemangelt hat.«
»Es war ein exzellentes Ölgemälde«, stellte Rogan geistesabwesend fest.
»Meinetwegen. Aber da mir persönlich das etwas Feinere besser gefällt, wird es mir nicht allzu leid tun, wenn Carlotta bald irgendwo in Tucson hängt.« Er zog einen kleinen, aufklappbaren Aschenbecher aus der Tasche und streifte seine Zigarette ab. »Oh, und die Aquarellserie von diesem Schotten kam vor einer Stunde an. Wunderbare Arbeit, Rogan. Ich denke, mit ihm haben Sie einen neuen Star entdeckt.«
»Das war einfach Glück. Hätte ich nicht in die Fabrik in Inverness gemußt, hätte ich die Bilder nie gesehen.«
»Ein Straßenkünstler.« Joseph schüttelte den Kopf. »Nun, nicht mehr lange, das garantiere ich. Seine Werke strahlen eine wunderbare Mystik aus, zerbrechlich und streng zugleich.« Sein Mund wurde von einem fröhlichen Grinsen umspielt. »Und um den Verlust von Carlotta wieder wettzumachen, hat er uns auch eine Nackte geschickt. Schon eher nach meinem Geschmack, wenn ich so sagen darf. Elegant, zierlich und mit genau dem richtigen Maß an Traurigkeit. Ich habe mich hoffnungslos in sie verliebt.«
Errötend unterbrach er sich, als er Patricia durch die Tür kommen sah. Sein Herz machte einen unverhofften Satz, und auch wenn er sich sagte, daß die gute Freundin seines Vorgesetzten mehr als eine Nummer zu groß für ihn war, erhob er sich mit einem strahlenden Lächeln von seinem Platz.
»Hallo, Patricia. Wie schön, Sie zu sehen.«
Rogan wandte sich verlegen ab. Er fand, dafür, daß er für die Schatten unter ihren Augen verantwortlich war, hätte er eine anständige Tracht Prügel verdient.
»Hallo, Joseph. Ich hoffe, ich störe nicht.«
»Keineswegs. Schönheit ist etwas, das in diesen Räumen jederzeit willkommen ist.« Er nahm ihre Hand, küßte sie und dachte, was für ein Idiot er doch war. »Möchten Sie vielleicht einen Tee?«
»Machen Sie sich bitte keine Umstände.«
»Einen Tee zu machen ist nicht das geringste Problem. Wir schließen sowieso gleich.«
»Ich weiß. Ich hatte gehofft …« Patricia holte entschlossen Luft. »Joseph, dürfte ich Sie bitten, mich einen Augenblick mit Rogan allein zu lassen? Ich müßte kurz etwas mit ihm besprechen.«
»Aber natürlich.« Trottel. Narr. Idiot. »Ich gehe schon mal runter und stelle den Wasserkessel auf. Vielleicht möchten Sie ja hinterher noch eine Tasse Tee.«
»Vielen Dank.« Sie wartete, bis er gegangen war, und dann schloß sie die Tür. »Ich hoffe, es macht dir nichts aus, daß ich so kurz vor Schließung der Galerie noch hier aufgetaucht bin.«
»Natürlich nicht.« Wie am Vorabend wußte Rogan einfach nicht, welches der richtige Ton im Umgang mit der alten Freundin war. »Ich bin froh, daß du gekommen bist.«
»Nein, das bist du nicht.« Wie um den Stich, den sie ihm mit dieser Antwort versetzte, zu mildern, setzte sie ein zögerndes Lächeln auf. »Du stehst vor mir und überlegst fieberhaft, was du sagen, wie du dich verhalten sollst. Ich kenne dich einfach zu lange, als daß du mir etwas vormachen kannst, Rogan. Könnten wir uns vielleicht setzen?«
»Ja, natürlich.« Er bot ihr seine Hand, doch dann ließ er sie sinken, woraufhin Patricia eine Braue verzog und sich mit im Schoß gefalteten Händen auf den Rand des Sofas fallen ließ. »Ich bin gekommen, um mich bei dir zu entschuldigen.«
Nun war er vollkommen am Boden zerstört. »Bitte tu das nicht. Dazu besteht keine Veranlassung.«
»O doch. Und bitte tu mir den Gefallen und hör mich zu Ende an.«
»Patty.« Mit schmerzhaft zusammengezogenem Magen setzte er sich neben sie. »Ich habe dich zum Weinen gebracht.« Nun, da er so dicht neben ihr saß, waren trotz ihres sorgfältig aufgetragenen Make-ups die Zeichen nicht zu übersehen.
»Ja. Und nachdem ich mich ausgeweint hatte, habe ich endlich nachgedacht.« Sie stieß einen abgrundtiefen Seufzer aus. »Ich habe nicht allzuviel Übung darin, selbst zu denken, Rogan. Das haben in den letzten Jahren immer Mutter und Daddy für mich getan. Und sie haben immer so hohe Erwartungen in mich gesetzt. Ich habe ständig Angst, in ihren Augen eine Versagerin zu sein.«
»Das ist absurd …«
»Ich habe dich gebeten, dir anzuhören, was ich zu sagen habe«, sagte sie in einem Ton, der ihn überrascht die Augen aufreißen ließ. »Und das wirst
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