Töchter des Feuers: Roman (German Edition)
einem Mal war ihr Hirn wie ausgelöscht.
»Sie haben jedes Recht, wütend zu sein«, sagte er. »Es ist wohl kaum von Bedeutung, daß ich niemals die Absicht hatte – das heißt, daß ich nur… ach verdammt, was erwarten Sie? Sie kommen hier hereingeschneit, traurig und wunderschön zugleich. Verloren. Ich habe mich vergessen, und ich habe versucht, mich dafür zu entschuldigen.«
Sie hatte sich tatsächlich verloren gefühlt, und sie überlegte, ob er verstehen würde, wie es war, wenn man wußte, wo man stand, wenn man meinte zu wissen, wohin man ging, und wenn man sich trotzdem verloren fühlte. Vielleicht verstand er es tatsächlich.
»Wollen Sie mit mir zu Abend essen?«
Blinzelnd trat er einen Schritt zurück. »Was?«
»Wollen Sie mit mir zu Abend essen?« wiederholte sie. Ihr schwindelte, und sie verspürte ein Gefühl der Verwegenheit. »Nachher?«
Er wirkte so verblüfft und zugleich so begierig, daß sie zu lachen begann. »Ja. Das heißt, nein, eigentlich will ich etwas ganz anderes«, sagte sie.
»Also gut dann.« Er nickte steif und wandte sich zum Gehen.
»Ich will kein Abendessen«, rief sie ihm laut genug hinterher, daß nicht nur er allein sich umdrehte, um sie anzusehen. Es war wunderbar, verwegen zu sein, dachte sie. »Ich will, daß Sie mich noch einmal küssen.«
Nun blieb er stehen, wandte sich um, ignorierte das Blinzeln und die aufmunternden Worte eines Mannes in einem geblümten Hemd und stolperte wie ein Blinder zu ihr zurück. »Ich bin nicht sicher, ob ich richtig verstanden habe«, meinte er.
»Dann sage ich es eben noch einmal.« Sie überwand auch den letzten Rest lächerlichen Stolzes, den sie empfand. »Ich möchte, daß Sie mich mit zu sich nach Hause nehmen, Joseph. Und ich möchte, daß Sie mich noch einmal küssen. Und wenn ich bezüglich unserer Gefühle nicht vollkommen schiefgewickelt bin, möchte ich, daß Sie mit mir schlafen.« Sie trat einen letzten Schritt auf ihn zu. »Haben Sie mich jetzt verstanden und meinen Sie, daß das in Ordnung geht?«
»In Ordnung?« Er umfaßte ihr Gesicht und starrte sie an. »Sie sind ja vollkommen übergeschnappt. Oh, Gott sei Dank.« Lachend zog er sie an seine Brust. »Es ist mehr als in Ordnung, Patricia. Viel mehr als das.«
14. Kapitel
Den Kopf auf die Arme gelegt, schlief Maggie an ihrem Küchentisch.
Der Morgen war die Hölle gewesen.
Ihre Mutter hatte sich pausenlos über alles vom Regen bis hin zu den von Brianna in die Vorderfenster ihres neuen Hauses gehängten Vorhängen beschwert. Aber das Elend des Tages hatte sich gelohnt, denn endlich hatte Maeve ihr eigenes Heim. Maggie hatte ihr Wort gehalten, und Brianna war frei.
Trotzdem hatte sich Maggie überraschenderweise schuldig gefühlt, als Maeve während des Umzugs plötzlich das Gesicht in den Händen vergraben hatte und in einen wahren Sturzbach von Tränen ausgebrochen war. Nein, sie hatte nicht erwartet, so etwas wie Schuld oder Mitleid zu empfinden gegenüber der Frau, von der sie noch wenige Minuten vor dem schluchzenden Zusammenbruch verflucht worden war.
Am Ende war es Lottie gewesen, die ihnen in der ihr eigenen brüsken, unerschütterlichen Fröhlichkeit zu Hilfe gekommen war. Sie hatte sowohl Brianna als auch Maggie aus dem Haus gescheucht und ihnen erklärt, sie bräuchten sich keine Sorgen zu machen, nein, daß ein kleiner Tränenausbruch ebenso natürlich wie ein kurzer Regenschauer war. Und was für ein wunderbares Heim dieses Haus doch war, hatte sie weiter gesagt und die beiden freundlich, aber bestimmt zur Tür hinausgedrängt. Wie eine Puppenstube und auch genauso aufgeräumt. Sie kämen bestimmt problemlos zurecht. Sie würden es sich gemütlich machen wie zwei faule Katzen vor einem warmen Kamin.
Fast hätte sie die beiden jungen Frauen noch in Maggies Kombi gehievt.
Und nun war es vollbracht, und es war gut, auch wenn sie das Öffnen der Champagnerflasche auf unbestimmte Zeit verschoben hatten.
Maggie hatte zur Stärkung einen Whiskey gekippt, war auf einen der Küchenstühle gesunken und beim Trommeln des Regens, der in der trüben Abenddämmerung auf ihr Hausdach schlug, eingedöst.
Das fordernde Klingeln des Telefons hörte sie nicht, aber Rogans Stimme drang durch ihren erschöpften Schlaf an ihr Ohr.
»Ich erwarte, daß du morgen früh bei mir auf der Matte stehst, denn ich habe weder die Zeit noch die Geduld, um vorbeizukommen und dich persönlich abzuholen.«
»Was?« Mit verschlafenen Augen sah sie sich in dem halbdunklen
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