Töchter des Feuers: Roman (German Edition)
immer zu Hause gefühlt hatte, dachte er jetzt an Maggies vollgestopftes Cottage mit dem zerwühlten Bett.
Selbst der Brandyschwenker erinnerte ihn an sie, denn er dachte daran, wie sie einen seiner Schwenker gegen den Kamin geworfen hatte. Und an das Paket mit dem von ihr selbst gemachten Schwenker, das Tage später gekommen war.
»Ein wunderbarer Abend«, drang Patricia in seine abschweifenden Gedanken ein.
»Was? Oh, ja. Ja, allerdings.« Er drehte das Glas in den Händen, ohne daß er trank.
Am Himmel stand ein milchig weißer Halbmond, der zu leuchten begann, als eine Brise die vor ihm hängenden Wolken vertrieb. Die Luft war warm und duftig, und durch die Hecken drang der gedämpfte Laut des Straßenverkehrs.
»Erzähl mir mehr von der Tagesstätte«, setzte er an. »Welchen Architekten hast du gewählt?« Sie nannte eine Firma, die er schätzte. »Sie sind gut. Wir haben sie auch schon ein paarmal engagiert.«
»Ich weiß. Es war Joseph, der sie mir empfohlen hat. Er ist mir eine große Hilfe, obwohl ich inzwischen richtiggehende Schuldgefühle habe, weil er meinetwegen kaum noch zu seiner eigentlichen Arbeit kommt.«
»Er hat das Talent, ungefähr sechs Sachen gleichzeitig machen zu können, ohne daß eine von ihnen zu kurz zu kommen scheint.«
»Und obendrein gibt er mir immer, wenn ich in der Galerie
vorbeischaue, das Gefühl, willkommen zu sein.« Wie um Rogan zu testen, schob sich Patricia näher an ihn heran. »Ich habe dich vermißt.«
»Es war alles ziemlich hektisch in letzter Zeit.« Er schob eine Strähne ihres Haars hinter ihr Ohr, eine alte Geste, eine alte Gewohnheit, die er selbst noch nicht einmal mehr wahrzunehmen schien. »Wir müssen unbedingt mal wieder etwas miteinander unternehmen. Es ist Wochen her, daß wir zum letzten Mal im Theater gewesen sind.«
»Allerdings.« Sie nahm seine Hand und hielt sie fest. »Aber ich bin froh, daß wir jetzt Zeit haben. Und daß wir alleine sind.«
Bei diesen Worten schrillten in seinem Kopf die Alarmsirenen los, doch er tat sie mit einem Lächeln ab. »Ich hoffe, daß wir uns jetzt wieder öfter treffen. Wenn du willst, sehe ich mir gerne das von dir erwähnte Grundstück ein bißchen genauer an.«
»Du weißt, daß mir deine Meinung schon immer sehr wichtig gewesen ist.« Ihr Herz machte einen Satz. »Genau wie du weißt, daß du mir schon immer sehr wichtig gewesen bist.«
Ehe sie es sich noch einmal anders überlegen konnte, hatte sie sich nach vorn gebeugt und ihre Lippen auf seinen Mund gepreßt. Falls sein Blick ihr eine Warnung war, so weigerte sie sich, diese zu sehen.
Dies war kein süßer, platonischer Kuß. Patricia vergrub ihre Finger in seinem Haar und wünschte sich sehnlichst, daß sie nach der Zeit der Leere endlich wieder etwas empfand.
Doch er schlang weder die Arme um sie, noch erwiderte er ihre Zärtlichkeit. Reglos wie eine Statue saß er da, und es war weder Vergnügen noch Verlangen, das sie erschauern ließ, sondern die eisige Kälte eines Schocks.
Sie löste sich von ihm, erkannte die Überraschung und, was noch viel schlimmer war, das Bedauern in seinem Blick und wandte sich getroffen von ihm ab.
»Patricia.« Rogan stellte sein immer noch volles Brandyglas auf den Tisch.
»Nein.« Sie weigerte sich, ihn anzusehen. »Sag nichts.«
»Natürlich sage ich etwas. Ich muß.« Seine Hände hingen zögernd in der Luft, doch schließlich senkte er sie sanft auf ihre Schultern herab. »Patricia, du weißt, wie sehr ich dich …« Welche Worte waren angebracht? überlegte er verzweifelt. Durch welche Worte verletzte er sie nicht noch mehr? »Wie sehr ich dich mag«, sagte er und haßte sich.
»Schon gut.« Sie verschränkte ihre Finger mit einer solchen Heftigkeit, daß das Weiß ihrer Knöchel deutlich zutage trat. »Ich habe mich auch so genug blamiert.«
»Ich hätte nie gedacht…« Wieder verfluchte er sich, und da er sich so elend fühlte, verfluchte er auch gleich Maggie, weil ihre Einschätzung von Patricias Gefühlen richtig gewesen war. »Patty«, stieß er hilflos hervor. »Es tut mir leid.«
»Ich bin sicher, daß es dir das tut.« Auch wenn er ihren alten Spitznamen verwandt hatte, war ihre Stimme kühl. »Genau wie mir, denn schließlich habe ich dich in eine peinliche Situation gebracht.«
»Das ist alles meine Schuld. Ich hätte es erkennen müssen.«
»Warum?« Sie entwand sich seinen Händen und fuhr zu ihm herum. Ihre Augen waren leer, und sie wirkte zerbrechlich wie Glas. »Schließlich stehe
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